gut' Nacht, mein werther Wirth, gut' Nacht mein Pylades! -- Ewson schwur, daß kein Mensch zu Hause gehen solle, ohne den Hals zu brechen, aber niemand achtete darauf, vielmehr nahm der Hausknecht den Doktor unter den einen, den Amtmann, der noch im¬ mer über den Verlust des Prinzen Eugen lamentirte, unter den andern Arm, und so wackelten sie über die Straße fort nach dem Amtshause. Mit Mühe brachten wir den när¬ rischen Ewson in sein Zimmer, wo er noch die halbe Nacht auf der Flöte tobte, so daß ich kein Auge zuthun, und mich erst im Wa¬ gen schlafend, von dem tollen Abend im Gasthause erholen konnte."
Die Erzählung des Leibarztes wurde oft durch lauteres Gelächter, als man es wohl sonst im Zirkel eines Hofes hören mag, unterbrochen. Der Fürst schien sich sehr er¬ götzt zu haben. "Nur eine Figur, sagte er zum Leibarzt: haben Sie in dem Gemählde zu sehr in den Hintergrund gestellt, und das
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gut' Nacht, mein werther Wirth, gut' Nacht mein Pylades! — Ewſon ſchwur, daß kein Menſch zu Hauſe gehen ſolle, ohne den Hals zu brechen, aber niemand achtete darauf, vielmehr nahm der Hausknecht den Doktor unter den einen, den Amtmann, der noch im¬ mer uͤber den Verluſt des Prinzen Eugen lamentirte, unter den andern Arm, und ſo wackelten ſie uͤber die Straße fort nach dem Amtshauſe. Mit Muͤhe brachten wir den naͤr¬ riſchen Ewſon in ſein Zimmer, wo er noch die halbe Nacht auf der Floͤte tobte, ſo daß ich kein Auge zuthun, und mich erſt im Wa¬ gen ſchlafend, von dem tollen Abend im Gaſthauſe erholen konnte.“
Die Erzaͤhlung des Leibarztes wurde oft durch lauteres Gelaͤchter, als man es wohl ſonſt im Zirkel eines Hofes hoͤren mag, unterbrochen. Der Fuͤrſt ſchien ſich ſehr er¬ goͤtzt zu haben. „Nur eine Figur, ſagte er zum Leibarzt: haben Sie in dem Gemaͤhlde zu ſehr in den Hintergrund geſtellt, und das
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gut' Nacht, mein werther Wirth, gut' Nacht
mein Pylades! — Ewſon ſchwur, daß kein
Menſch zu Hauſe gehen ſolle, ohne den Hals
zu brechen, aber niemand achtete darauf,
vielmehr nahm der Hausknecht den Doktor
unter den einen, den Amtmann, der noch im¬
mer uͤber den Verluſt des Prinzen Eugen
lamentirte, unter den andern Arm, und ſo
wackelten ſie uͤber die Straße fort nach dem
Amtshauſe. Mit Muͤhe brachten wir den naͤr¬
riſchen Ewſon in ſein Zimmer, wo er noch
die halbe Nacht auf der Floͤte tobte, ſo daß
ich kein Auge zuthun, und mich erſt im Wa¬
gen ſchlafend, von dem tollen Abend im
Gaſthauſe erholen konnte.“
Die Erzaͤhlung des Leibarztes wurde
oft durch lauteres Gelaͤchter, als man es
wohl ſonſt im Zirkel eines Hofes hoͤren mag,
unterbrochen. Der Fuͤrſt ſchien ſich ſehr er¬
goͤtzt zu haben. „Nur eine Figur, ſagte er
zum Leibarzt: haben Sie in dem Gemaͤhlde
zu ſehr in den Hintergrund geſtellt, und das
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/369>, abgerufen am 27.11.2024.
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