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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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bis jetzt noch nicht nach Namen und Stand
gefragt hat, und der Gastwirth keinesweges,
wie in andern Städten, in der ersten Vier¬
telstunde mit dem großen Buche unterm Arm
feierlich angerückt ist, worin man genöthigt
wird, seinen eignen Steckbrief mit stumpfer
Feder und blasser Tinte hineinzukritzeln.
Kurz, die ganze Einrichtung unseres kleinen
Staats, in dem die wahre Lebensweisheit
herrscht, geht von unserm herrlichen Fürsten
aus, da vorher die Menschen, wie man mir
gesagt hat, durch albernen Pedantismus ei¬
nes Hofes, der die Ausgabe des benachbar¬
ten großen Hofes in Taschenformat war, ge¬
quält wurden. Der Fürst liebt Künste und
Wissenschaften, daher ist ihm jeder geschickte
Künstler, jeder geistreiche Gelehrte willkom¬
men, und der Grad seines Wissens nur ist
die Ahnenprobe, die die Fähigkeit bestimmt,
in der nächsten Umgebung des Fürsten er¬
scheinen zu dürfen. Aber eben in die Kunst
und Wissenschaft des vielseitig gebildeten Für¬

bis jetzt noch nicht nach Namen und Stand
gefragt hat, und der Gaſtwirth keinesweges,
wie in andern Staͤdten, in der erſten Vier¬
telſtunde mit dem großen Buche unterm Arm
feierlich angeruͤckt iſt, worin man genoͤthigt
wird, ſeinen eignen Steckbrief mit ſtumpfer
Feder und blaſſer Tinte hineinzukritzeln.
Kurz, die ganze Einrichtung unſeres kleinen
Staats, in dem die wahre Lebensweisheit
herrſcht, geht von unſerm herrlichen Fuͤrſten
aus, da vorher die Menſchen, wie man mir
geſagt hat, durch albernen Pedantismus ei¬
nes Hofes, der die Ausgabe des benachbar¬
ten großen Hofes in Taſchenformat war, ge¬
quaͤlt wurden. Der Fuͤrſt liebt Kuͤnſte und
Wiſſenſchaften, daher iſt ihm jeder geſchickte
Kuͤnſtler, jeder geiſtreiche Gelehrte willkom¬
men, und der Grad ſeines Wiſſens nur iſt
die Ahnenprobe, die die Faͤhigkeit beſtimmt,
in der naͤchſten Umgebung des Fuͤrſten er¬
ſcheinen zu duͤrfen. Aber eben in die Kunſt
und Wiſſenſchaft des vielſeitig gebildeten Fuͤr¬

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[301/0317] bis jetzt noch nicht nach Namen und Stand gefragt hat, und der Gaſtwirth keinesweges, wie in andern Staͤdten, in der erſten Vier¬ telſtunde mit dem großen Buche unterm Arm feierlich angeruͤckt iſt, worin man genoͤthigt wird, ſeinen eignen Steckbrief mit ſtumpfer Feder und blaſſer Tinte hineinzukritzeln. Kurz, die ganze Einrichtung unſeres kleinen Staats, in dem die wahre Lebensweisheit herrſcht, geht von unſerm herrlichen Fuͤrſten aus, da vorher die Menſchen, wie man mir geſagt hat, durch albernen Pedantismus ei¬ nes Hofes, der die Ausgabe des benachbar¬ ten großen Hofes in Taſchenformat war, ge¬ quaͤlt wurden. Der Fuͤrſt liebt Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, daher iſt ihm jeder geſchickte Kuͤnſtler, jeder geiſtreiche Gelehrte willkom¬ men, und der Grad ſeines Wiſſens nur iſt die Ahnenprobe, die die Faͤhigkeit beſtimmt, in der naͤchſten Umgebung des Fuͤrſten er¬ ſcheinen zu duͤrfen. Aber eben in die Kunſt und Wiſſenſchaft des vielſeitig gebildeten Fuͤr¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/317>, abgerufen am 27.11.2024.