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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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in das fromme schuldlose Leben, wie es ehe¬
mals mir blühte, denn dazu bedurfte es in
meiner jetzigen Stimmung nur ihres Anblicks
und der dadurch erweckten Erinnerungen.
Dem Zufall wollte ich es überlassen, mich in
ihre Nähe zu bringen.

Kaum war es Tag worden, als ich des
Försters Stimme im Hofe vernahm; früh
sollte ich mit dem Sohne abreisen, ich warf
mich daher schnell in die Kleider. Als ich
herabkam, stand ein Leiterwagen mit Stroh¬
sitzen zum Abfahren bereit, vor der Haus¬
thür; man brachte den Mönch, der mit tod¬
tenbleichem und verstörtem Gesicht sich ge¬
duldig führen ließ. Er antwortete auf keine
Frage, er wollte nichts genießen, kaum schien
er die Menschen um sich zu gewahren. Man
hob ihn auf den Wagen, und band ihn mit
Stricken fest, da sein Zustand allerdings
bedenklich schien, und man vor dem plötzli¬
chen Ausbruch einer innern verhaltenen Wuth
keinesweges sicher war. Als man seine Aer¬

in das fromme ſchuldloſe Leben, wie es ehe¬
mals mir bluͤhte, denn dazu bedurfte es in
meiner jetzigen Stimmung nur ihres Anblicks
und der dadurch erweckten Erinnerungen.
Dem Zufall wollte ich es uͤberlaſſen, mich in
ihre Naͤhe zu bringen.

Kaum war es Tag worden, als ich des
Foͤrſters Stimme im Hofe vernahm; fruͤh
ſollte ich mit dem Sohne abreiſen, ich warf
mich daher ſchnell in die Kleider. Als ich
herabkam, ſtand ein Leiterwagen mit Stroh¬
ſitzen zum Abfahren bereit, vor der Haus¬
thuͤr; man brachte den Moͤnch, der mit tod¬
tenbleichem und verſtoͤrtem Geſicht ſich ge¬
duldig fuͤhren ließ. Er antwortete auf keine
Frage, er wollte nichts genießen, kaum ſchien
er die Menſchen um ſich zu gewahren. Man
hob ihn auf den Wagen, und band ihn mit
Stricken feſt, da ſein Zuſtand allerdings
bedenklich ſchien, und man vor dem ploͤtzli¬
chen Ausbruch einer innern verhaltenen Wuth
keinesweges ſicher war. Als man ſeine Aer¬

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[290/0306] in das fromme ſchuldloſe Leben, wie es ehe¬ mals mir bluͤhte, denn dazu bedurfte es in meiner jetzigen Stimmung nur ihres Anblicks und der dadurch erweckten Erinnerungen. Dem Zufall wollte ich es uͤberlaſſen, mich in ihre Naͤhe zu bringen. Kaum war es Tag worden, als ich des Foͤrſters Stimme im Hofe vernahm; fruͤh ſollte ich mit dem Sohne abreiſen, ich warf mich daher ſchnell in die Kleider. Als ich herabkam, ſtand ein Leiterwagen mit Stroh¬ ſitzen zum Abfahren bereit, vor der Haus¬ thuͤr; man brachte den Moͤnch, der mit tod¬ tenbleichem und verſtoͤrtem Geſicht ſich ge¬ duldig fuͤhren ließ. Er antwortete auf keine Frage, er wollte nichts genießen, kaum ſchien er die Menſchen um ſich zu gewahren. Man hob ihn auf den Wagen, und band ihn mit Stricken feſt, da ſein Zuſtand allerdings bedenklich ſchien, und man vor dem ploͤtzli¬ chen Ausbruch einer innern verhaltenen Wuth keinesweges ſicher war. Als man ſeine Aer¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/306>, abgerufen am 27.11.2024.