derbare Weise fing der Traum mit dem Be¬ wußtseyn des Schlafs an, ich sagte mir nehm¬ lich selbst: nun das ist herrlich, daß ich gleich eingeschlafen bin, und so fest und ruhig schlummere, das wird mich von der Ermü¬ dung ganz erlaben; nur muß ich ja nicht die Augen öffnen. Aber demunerachtet war es mir, als könne ich das nicht unterlassen, und doch wurde mein Schlaf dadurch nicht unterbrochen: da ging die Thüre auf, und eine dunkle Gestalt trat hinein, die ich zu meinem Ensetzen, als mich selbst, im Capuzi¬ nerhabit, mit Bart und Tonsur erkannte. Die Gestalt kam näher und näher an mein Bett, ich war regungslos, und jeder Laut, den ich herauszupressen suchte, erstickte in dem Starrkrampf, der mich ergriffen. Jetzt setzte sich die Gestalt auf mein Bett, und grinsete mich höhnisch an. "Du mußt jetzt mit mir kommen, sprach die Gestalt: wir wol¬ len auf das Dach steigen, unter die Wetter¬ fahne, die ein lustig Brautlied spielt, weil
der
derbare Weiſe fing der Traum mit dem Be¬ wußtſeyn des Schlafs an, ich ſagte mir nehm¬ lich ſelbſt: nun das iſt herrlich, daß ich gleich eingeſchlafen bin, und ſo feſt und ruhig ſchlummere, das wird mich von der Ermuͤ¬ dung ganz erlaben; nur muß ich ja nicht die Augen oͤffnen. Aber demunerachtet war es mir, als koͤnne ich das nicht unterlaſſen, und doch wurde mein Schlaf dadurch nicht unterbrochen: da ging die Thuͤre auf, und eine dunkle Geſtalt trat hinein, die ich zu meinem Enſetzen, als mich ſelbſt, im Capuzi¬ nerhabit, mit Bart und Tonſur erkannte. Die Geſtalt kam naͤher und naͤher an mein Bett, ich war regungslos, und jeder Laut, den ich herauszupreſſen ſuchte, erſtickte in dem Starrkrampf, der mich ergriffen. Jetzt ſetzte ſich die Geſtalt auf mein Bett, und grinſete mich hoͤhniſch an. „Du mußt jetzt mit mir kommen, ſprach die Geſtalt: wir wol¬ len auf das Dach ſteigen, unter die Wetter¬ fahne, die ein luſtig Brautlied ſpielt, weil
der
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derbare Weiſe fing der Traum mit dem Be¬
wußtſeyn des Schlafs an, ich ſagte mir nehm¬
lich ſelbſt: nun das iſt herrlich, daß ich gleich
eingeſchlafen bin, und ſo feſt und ruhig
ſchlummere, das wird mich von der Ermuͤ¬
dung ganz erlaben; nur muß ich ja nicht
die Augen oͤffnen. Aber demunerachtet war
es mir, als koͤnne ich das nicht unterlaſſen,
und doch wurde mein Schlaf dadurch nicht
unterbrochen: da ging die Thuͤre auf, und
eine dunkle Geſtalt trat hinein, die ich zu
meinem Enſetzen, als mich ſelbſt, im Capuzi¬
nerhabit, mit Bart und Tonſur erkannte.
Die Geſtalt kam naͤher und naͤher an mein
Bett, ich war regungslos, und jeder Laut,
den ich herauszupreſſen ſuchte, erſtickte in
dem Starrkrampf, der mich ergriffen. Jetzt
ſetzte ſich die Geſtalt auf mein Bett, und
grinſete mich hoͤhniſch an. „Du mußt jetzt
mit mir kommen, ſprach die Geſtalt: wir wol¬
len auf das Dach ſteigen, unter die Wetter¬
fahne, die ein luſtig Brautlied ſpielt, weil
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/272>, abgerufen am 26.11.2024.
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