durchbohrte mich mit den stieren lebendig¬ todten Augen, wie damals in der Capuziner¬ kirche. -- Er sprach kein Wort, er schien starr und leblos, aber sein gespenstischer An¬ blick sträubte mein Haar, kalte Tropfen stan¬ den auf der Stirn, und von Entsetzen ge¬ waltig erfaßt, erbebten alle Fibern. -- "Hebe Dich weg, schrie ich außer mir: Du bist selbst der Satan, Du bist der frevelnde Mord, aber über mich hast Du keine Macht!"
Alles erhob sich von den Sitzen: "was ist das, was ist das?" rief es durch einander; aus dem Saale drängten sich, das Spiel ver¬ lassend, die Menschen hinein, von dem fürch¬ terlichen Ton meiner Stimme erschreckt. "Ein Betrunkener, ein Wahnsinniger! bringt ihn fort, bringt ihn fort," riefen mehrere. Aber der fremde Maler stand unbeweglich mich anstarrend. Unsinnig vor Wuth und Verzweiflung, riß ich das Messer, womit ich Hermogen getödtet, und das ich stets bei mir zu tragen pflegte, aus der Seitentasche,
durchbohrte mich mit den ſtieren lebendig¬ todten Augen, wie damals in der Capuziner¬ kirche. — Er ſprach kein Wort, er ſchien ſtarr und leblos, aber ſein geſpenſtiſcher An¬ blick ſtraͤubte mein Haar, kalte Tropfen ſtan¬ den auf der Stirn, und von Entſetzen ge¬ waltig erfaßt, erbebten alle Fibern. — „Hebe Dich weg, ſchrie ich außer mir: Du biſt ſelbſt der Satan, Du biſt der frevelnde Mord, aber uͤber mich haſt Du keine Macht!“
Alles erhob ſich von den Sitzen: „was iſt das, was iſt das?“ rief es durch einander; aus dem Saale draͤngten ſich, das Spiel ver¬ laſſend, die Menſchen hinein, von dem fuͤrch¬ terlichen Ton meiner Stimme erſchreckt. „Ein Betrunkener, ein Wahnſinniger! bringt ihn fort, bringt ihn fort,“ riefen mehrere. Aber der fremde Maler ſtand unbeweglich mich anſtarrend. Unſinnig vor Wuth und Verzweiflung, riß ich das Meſſer, womit ich Hermogen getoͤdtet, und das ich ſtets bei mir zu tragen pflegte, aus der Seitentaſche,
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durchbohrte mich mit den ſtieren lebendig¬
todten Augen, wie damals in der Capuziner¬
kirche. — Er ſprach kein Wort, er ſchien
ſtarr und leblos, aber ſein geſpenſtiſcher An¬
blick ſtraͤubte mein Haar, kalte Tropfen ſtan¬
den auf der Stirn, und von Entſetzen ge¬
waltig erfaßt, erbebten alle Fibern. — „Hebe
Dich weg, ſchrie ich außer mir: Du biſt
ſelbſt der Satan, Du biſt der frevelnde Mord,
aber uͤber mich haſt Du keine Macht!“
Alles erhob ſich von den Sitzen: „was
iſt das, was iſt das?“ rief es durch einander;
aus dem Saale draͤngten ſich, das Spiel ver¬
laſſend, die Menſchen hinein, von dem fuͤrch¬
terlichen Ton meiner Stimme erſchreckt.
„Ein Betrunkener, ein Wahnſinniger! bringt
ihn fort, bringt ihn fort,“ riefen mehrere.
Aber der fremde Maler ſtand unbeweglich
mich anſtarrend. Unſinnig vor Wuth und
Verzweiflung, riß ich das Meſſer, womit ich
Hermogen getoͤdtet, und das ich ſtets bei
mir zu tragen pflegte, aus der Seitentaſche,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/251>, abgerufen am 23.11.2024.
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