auf meinen Lippen. "Ruhig, Viktorin, sprach Euphemie, ruhig kannst Du seyn über das Alles, was dich so in Angst und Zweifel ge¬ stürzt hat; es ist mir sogar lieb, daß es so mit Hermogen gekommen, denn nun darf und muß ich mit Dir über Manches sprechen, wo¬ von ich so lange schwieg. -- Du mußt ein¬ gestehen, daß ich mir eine seltene geistige Herrschaft über Alles, was mich im Leben umgiebt, zu erringen gewußt, und ich glaube, daß dies dem Weibe leichter ist, als Euch. Freilich gehört nichts geringeres dazu, als daß außer jenem unnennbaren unwiderstehli¬ chen Reiz der äußern Gestalt, den die Natur dem Weibe zu spenden vermag, dasjenige höhere Prinzip in ihr wohne, welches eben jenen Reiz mit dem geistigen Vermögen in Eins verschmilzt, und nun nach Willkühr be¬ herrscht. Es ist das eigne wunderbare Her¬ austreten aus sich selbst, das die Anschauung des eignen Ichs vom andern Standpunkte gestattet, welches dann als ein sich dem hö¬
auf meinen Lippen. „Ruhig, Viktorin, ſprach Euphemie, ruhig kannſt Du ſeyn uͤber das Alles, was dich ſo in Angſt und Zweifel ge¬ ſtuͤrzt hat; es iſt mir ſogar lieb, daß es ſo mit Hermogen gekommen, denn nun darf und muß ich mit Dir uͤber Manches ſprechen, wo¬ von ich ſo lange ſchwieg. — Du mußt ein¬ geſtehen, daß ich mir eine ſeltene geiſtige Herrſchaft uͤber Alles, was mich im Leben umgiebt, zu erringen gewußt, und ich glaube, daß dies dem Weibe leichter iſt, als Euch. Freilich gehoͤrt nichts geringeres dazu, als daß außer jenem unnennbaren unwiderſtehli¬ chen Reiz der aͤußern Geſtalt, den die Natur dem Weibe zu ſpenden vermag, dasjenige hoͤhere Prinzip in ihr wohne, welches eben jenen Reiz mit dem geiſtigen Vermoͤgen in Eins verſchmilzt, und nun nach Willkuͤhr be¬ herrſcht. Es iſt das eigne wunderbare Her¬ austreten aus ſich ſelbſt, das die Anſchauung des eignen Ichs vom andern Standpunkte geſtattet, welches dann als ein ſich dem hoͤ¬
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auf meinen Lippen. „Ruhig, Viktorin, ſprach
Euphemie, ruhig kannſt Du ſeyn uͤber das
Alles, was dich ſo in Angſt und Zweifel ge¬
ſtuͤrzt hat; es iſt mir ſogar lieb, daß es ſo
mit Hermogen gekommen, denn nun darf und
muß ich mit Dir uͤber Manches ſprechen, wo¬
von ich ſo lange ſchwieg. — Du mußt ein¬
geſtehen, daß ich mir eine ſeltene geiſtige
Herrſchaft uͤber Alles, was mich im Leben
umgiebt, zu erringen gewußt, und ich glaube,
daß dies dem Weibe leichter iſt, als Euch.
Freilich gehoͤrt nichts geringeres dazu, als
daß außer jenem unnennbaren unwiderſtehli¬
chen Reiz der aͤußern Geſtalt, den die Natur
dem Weibe zu ſpenden vermag, dasjenige
hoͤhere Prinzip in ihr wohne, welches eben
jenen Reiz mit dem geiſtigen Vermoͤgen in
Eins verſchmilzt, und nun nach Willkuͤhr be¬
herrſcht. Es iſt das eigne wunderbare Her¬
austreten aus ſich ſelbſt, das die Anſchauung
des eignen Ichs vom andern Standpunkte
geſtattet, welches dann als ein ſich dem hoͤ¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/165>, abgerufen am 23.11.2024.
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