Niemand frug mich weiter, man schrieb den plötzlichen Ausbruch meiner Begeisterung ir¬ gend einer Inspiration zu, so daß der Ba¬ ron beschloß, wirklich am Altar der heiligen Rosalia, in der Hauptkirche der Stadt, Mes¬ sen lesen zu lassen. Herrlich hatte ich mich auf diese Weise aus der Verlegenheit geret¬ tet, und immer mehr war ich bereit, Alles zu wagen, denn es galt Aureliens Besitz, um den mir selbst mein Leben lieb war. -- Die Baronesse schien in ganz besonderer Stim¬ mung, ihre Blicke verfolgten mich, aber so wie ich sie unbefangen anschaute, irrten ihre Augen unstät umher. Die Familie war in ein anderes Zimmer getreten, ich eilte in den Garten hinab und schweifte durch die Gänge, mit tausend Entschlüssen, Ideen, Plänen für mein künftiges Leben im Schlosse arbeitend und kämpfend. Schon war es Abend wor¬ den, da erschien Reinhold und sagte mir, daß die Baronesse, durchdrungen von meiner
Niemand frug mich weiter, man ſchrieb den ploͤtzlichen Ausbruch meiner Begeiſterung ir¬ gend einer Inſpiration zu, ſo daß der Ba¬ ron beſchloß, wirklich am Altar der heiligen Roſalia, in der Hauptkirche der Stadt, Meſ¬ ſen leſen zu laſſen. Herrlich hatte ich mich auf dieſe Weiſe aus der Verlegenheit geret¬ tet, und immer mehr war ich bereit, Alles zu wagen, denn es galt Aureliens Beſitz, um den mir ſelbſt mein Leben lieb war. — Die Baroneſſe ſchien in ganz beſonderer Stim¬ mung, ihre Blicke verfolgten mich, aber ſo wie ich ſie unbefangen anſchaute, irrten ihre Augen unſtaͤt umher. Die Familie war in ein anderes Zimmer getreten, ich eilte in den Garten hinab und ſchweifte durch die Gaͤnge, mit tauſend Entſchluͤſſen, Ideen, Plaͤnen fuͤr mein kuͤnftiges Leben im Schloſſe arbeitend und kaͤmpfend. Schon war es Abend wor¬ den, da erſchien Reinhold und ſagte mir, daß die Baroneſſe, durchdrungen von meiner
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Niemand frug mich weiter, man ſchrieb den
ploͤtzlichen Ausbruch meiner Begeiſterung ir¬
gend einer Inſpiration zu, ſo daß der Ba¬
ron beſchloß, wirklich am Altar der heiligen
Roſalia, in der Hauptkirche der Stadt, Meſ¬
ſen leſen zu laſſen. Herrlich hatte ich mich
auf dieſe Weiſe aus der Verlegenheit geret¬
tet, und immer mehr war ich bereit, Alles zu
wagen, denn es galt Aureliens Beſitz, um
den mir ſelbſt mein Leben lieb war. — Die
Baroneſſe ſchien in ganz beſonderer Stim¬
mung, ihre Blicke verfolgten mich, aber ſo
wie ich ſie unbefangen anſchaute, irrten ihre
Augen unſtaͤt umher. Die Familie war in
ein anderes Zimmer getreten, ich eilte in den
Garten hinab und ſchweifte durch die Gaͤnge,
mit tauſend Entſchluͤſſen, Ideen, Plaͤnen fuͤr
mein kuͤnftiges Leben im Schloſſe arbeitend
und kaͤmpfend. Schon war es Abend wor¬
den, da erſchien Reinhold und ſagte mir,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/157>, abgerufen am 27.11.2024.
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