det gewesen, mir zu beweisen schien, daß das lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich wirklich, wiewohl in beträchtlicher Ferne und in schiefer Richtung aus dem Beichtstuhl se¬ hen konnte, großen Antheil daran gehabt habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des Priors, der das richtige Mittel zu meiner Heilung wählte, denn, in den Klostermauern eingeschlossen, immer von denselben Gegen¬ ständen umgeben, immer brütend und hin¬ einzehrend in das Innere, hätte mich jene Vision, der die Einsamkeit glühendere, keckere Farben lieh, zum Wahnsinn gebracht. Im¬ mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬ träumt zu haben, konnte ich mich kaum des Lachens über mich selbst erwehren, ja mit einer Frivolität, die mir sonst nicht eigen, scherzte ich im Innern über den Gedanken, eine Heilige in mich verliebt zu wähnen, wo¬ bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja selbst schon einmal der heilige Antonius ge¬ wesen. --
det geweſen, mir zu beweiſen ſchien, daß das lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich wirklich, wiewohl in betraͤchtlicher Ferne und in ſchiefer Richtung aus dem Beichtſtuhl ſe¬ hen konnte, großen Antheil daran gehabt habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des Priors, der das richtige Mittel zu meiner Heilung waͤhlte, denn, in den Kloſtermauern eingeſchloſſen, immer von denſelben Gegen¬ ſtaͤnden umgeben, immer bruͤtend und hin¬ einzehrend in das Innere, haͤtte mich jene Viſion, der die Einſamkeit gluͤhendere, keckere Farben lieh, zum Wahnſinn gebracht. Im¬ mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬ traͤumt zu haben, konnte ich mich kaum des Lachens uͤber mich ſelbſt erwehren, ja mit einer Frivolitaͤt, die mir ſonſt nicht eigen, ſcherzte ich im Innern uͤber den Gedanken, eine Heilige in mich verliebt zu waͤhnen, wo¬ bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja ſelbſt ſchon einmal der heilige Antonius ge¬ weſen. —
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det geweſen, mir zu beweiſen ſchien, daß das
lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich
wirklich, wiewohl in betraͤchtlicher Ferne und
in ſchiefer Richtung aus dem Beichtſtuhl ſe¬
hen konnte, großen Antheil daran gehabt
habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des
Priors, der das richtige Mittel zu meiner
Heilung waͤhlte, denn, in den Kloſtermauern
eingeſchloſſen, immer von denſelben Gegen¬
ſtaͤnden umgeben, immer bruͤtend und hin¬
einzehrend in das Innere, haͤtte mich jene
Viſion, der die Einſamkeit gluͤhendere, keckere
Farben lieh, zum Wahnſinn gebracht. Im¬
mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬
traͤumt zu haben, konnte ich mich kaum des
Lachens uͤber mich ſelbſt erwehren, ja mit
einer Frivolitaͤt, die mir ſonſt nicht eigen,
ſcherzte ich im Innern uͤber den Gedanken,
eine Heilige in mich verliebt zu waͤhnen, wo¬
bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja
ſelbſt ſchon einmal der heilige Antonius ge¬
weſen. —
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/114>, abgerufen am 27.11.2024.
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