Die Leidenschaft seinen Geist zu beschäftigen machte ihn gegen des Körpers Pflege etwas gleichgültig. Sein nachlässiger Anzug ward ihm oft von seinen Eltern ver¬ wiesen. Er hörte ihre Ermahnung mit freundlichem Lächeln an, bemühte sich den Fehler auf einige Zeit wieder gut zu machen, und erschmeichelte sich durch alle möglichen Dienste Vergebung und Nachsicht. Noch in Göttingen kostete es nicht wenig Ueberredung, wenn er seinen bestäubten Flaussrock ablegen, und in dem braunen Feierkleide mit vergoldeten Knöpfen erscheinen sollte. Doch war er einmal so sehr im Schuss, dass er schon ziemlich ernsthaft von den Vorzügen eines Tressen¬ hutes, der länger gegenhielte, zu reden anfing.
Als Hölty sechzehn Jahre alt war, wusste er mehr, als die meisten Jünglinge, welche, ein gelehrtes Hand¬ werk zu lernen, die Akademie beziehn. Gleichwohl schickte sein Vater, überzeugt, dass ohne die innigste Vertraulichkeit mit den Alten keine wahre Gelehrsam¬ keit statt finde, und um seinem Sohne für die Akademie mehr Weltkenntniss und feinere Sitten zu verschaffen, ihn 1765 um Michaelis auf die öffentliche Schule in Celle, wo sein Oheim, der Kanzleirath Gössel, wohnte. Hier blieb er drei Jahre, und erwarb sich die Liebe und Achtung seiner Lehrer sowohl, als aller, welche ihn kannten. Michaelis 1768 ging er zu sei¬ nem Vater zurück, und Ostern 1769 nach Göttingen,
um
Die Leidenſchaft ſeinen Geiſt zu beſchäftigen machte ihn gegen des Körpers Pflege etwas gleichgültig. Sein nachläſſiger Anzug ward ihm oft von ſeinen Eltern ver¬ wieſen. Er hörte ihre Ermahnung mit freundlichem Lächeln an, bemühte ſich den Fehler auf einige Zeit wieder gut zu machen, und erſchmeichelte ſich durch alle möglichen Dienſte Vergebung und Nachſicht. Noch in Göttingen koſtete es nicht wenig Ueberredung, wenn er ſeinen beſtäubten Flauſsrock ablegen, und in dem braunen Feierkleide mit vergoldeten Knöpfen erſcheinen ſollte. Doch war er einmal ſo ſehr im Schuſs, daſs er ſchon ziemlich ernſthaft von den Vorzügen eines Treſſen¬ hutes, der länger gegenhielte, zu reden anfing.
Als Hölty ſechzehn Jahre alt war, wuſste er mehr, als die meiſten Jünglinge, welche, ein gelehrtes Hand¬ werk zu lernen, die Akademie beziehn. Gleichwohl ſchickte ſein Vater, überzeugt, daſs ohne die innigſte Vertraulichkeit mit den Alten keine wahre Gelehrſam¬ keit ſtatt finde, und um ſeinem Sohne für die Akademie mehr Weltkenntniſs und feinere Sitten zu verſchaffen, ihn 1765 um Michaelis auf die öffentliche Schule in Celle, wo ſein Oheim, der Kanzleirath Göſſel, wohnte. Hier blieb er drei Jahre, und erwarb ſich die Liebe und Achtung ſeiner Lehrer ſowohl, als aller, welche ihn kannten. Michaelis 1768 ging er zu ſei¬ nem Vater zurück, und Oſtern 1769 nach Göttingen,
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[VII/0015]
Die Leidenſchaft ſeinen Geiſt zu beſchäftigen machte
ihn gegen des Körpers Pflege etwas gleichgültig. Sein
nachläſſiger Anzug ward ihm oft von ſeinen Eltern ver¬
wieſen. Er hörte ihre Ermahnung mit freundlichem
Lächeln an, bemühte ſich den Fehler auf einige Zeit
wieder gut zu machen, und erſchmeichelte ſich durch
alle möglichen Dienſte Vergebung und Nachſicht. Noch
in Göttingen koſtete es nicht wenig Ueberredung, wenn
er ſeinen beſtäubten Flauſsrock ablegen, und in dem
braunen Feierkleide mit vergoldeten Knöpfen erſcheinen
ſollte. Doch war er einmal ſo ſehr im Schuſs, daſs er
ſchon ziemlich ernſthaft von den Vorzügen eines Treſſen¬
hutes, der länger gegenhielte, zu reden anfing.
Als Hölty ſechzehn Jahre alt war, wuſste er mehr,
als die meiſten Jünglinge, welche, ein gelehrtes Hand¬
werk zu lernen, die Akademie beziehn. Gleichwohl
ſchickte ſein Vater, überzeugt, daſs ohne die innigſte
Vertraulichkeit mit den Alten keine wahre Gelehrſam¬
keit ſtatt finde, und um ſeinem Sohne für die Akademie
mehr Weltkenntniſs und feinere Sitten zu verſchaffen,
ihn 1765 um Michaelis auf die öffentliche Schule in
Celle, wo ſein Oheim, der Kanzleirath Göſſel,
wohnte. Hier blieb er drei Jahre, und erwarb ſich
die Liebe und Achtung ſeiner Lehrer ſowohl, als aller,
welche ihn kannten. Michaelis 1768 ging er zu ſei¬
nem Vater zurück, und Oſtern 1769 nach Göttingen,
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Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/15>, abgerufen am 19.07.2024.
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