Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.von den Bliken des Jünglings und lieben lernt' und heilig halten alles, was zu gut ist, um beherrscht zu werden, da ich mit ihm ein neues Leben begann, und neue seelenvollere Kräfte mir keimten zum Genusse der Welt und zum Kampfe mit ihr, da hofft' ich wieder - ach! und alles was ich hofft' und hatte, war an dich gekettet; ich riß dich an mich, wollte mit Gewalt dich in mein Schiksaal ziehn, verlor dich, fand dich wieder, unsre Freundschaft nur war meine Welt, mein Werth, mein Ruhm; nun ists auch damit aus, auf immer und all mein Daseyn ist vergebens. Ist denn das wahr? erwiedert' ich mit Seufzen. Wahr, wie die Sonne, rief er, aber laß das gut seyn! es ist für alles gesorgt. Wie so, mein Alabanda? sagt ich. Laß mich dir erzählen, sagt' er. Ich habe noch nie dir ganz von einer gewissen Sache gesprochen. Und dann - so stillt es auch dich und mich ein wenig, wenn wir sprechen von Vergangenem. Ich gieng einst hülflos an dem Hafen von Triest. Das Kaperschiff, worauf ich diente, war einige Jahre zuvor gescheitert, und ich hatte kaum mit Wenigen ans Ufer von Sevilla von den Bliken des Jünglings und lieben lernt’ und heilig halten alles, was zu gut ist, um beherrscht zu werden, da ich mit ihm ein neues Leben begann, und neue seelenvollere Kräfte mir keimten zum Genusse der Welt und zum Kampfe mit ihr, da hofft’ ich wieder – ach! und alles was ich hofft’ und hatte, war an dich gekettet; ich riß dich an mich, wollte mit Gewalt dich in mein Schiksaal ziehn, verlor dich, fand dich wieder, unsre Freundschaft nur war meine Welt, mein Werth, mein Ruhm; nun ists auch damit aus, auf immer und all mein Daseyn ist vergebens. Ist denn das wahr? erwiedert’ ich mit Seufzen. Wahr, wie die Sonne, rief er, aber laß das gut seyn! es ist für alles gesorgt. Wie so, mein Alabanda? sagt ich. Laß mich dir erzählen, sagt’ er. Ich habe noch nie dir ganz von einer gewissen Sache gesprochen. Und dann – so stillt es auch dich und mich ein wenig, wenn wir sprechen von Vergangenem. Ich gieng einst hülflos an dem Hafen von Triest. Das Kaperschiff, worauf ich diente, war einige Jahre zuvor gescheitert, und ich hatte kaum mit Wenigen ans Ufer von Sevilla <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0083"/> von den Bliken des Jünglings und lieben lernt’ und heilig halten alles, was zu gut ist, um beherrscht zu werden, da ich mit ihm ein neues Leben begann, und neue seelenvollere Kräfte mir keimten zum Genusse der Welt und zum Kampfe mit ihr, da hofft’ ich wieder – ach! und alles was ich hofft’ und hatte, war an dich gekettet; ich riß dich an mich, wollte mit Gewalt dich in mein Schiksaal ziehn, verlor dich, fand dich wieder, unsre Freundschaft nur war meine Welt, mein Werth, mein Ruhm; nun ists auch damit aus, auf immer und all mein Daseyn ist vergebens.</p><lb/> <p>Ist denn das wahr? erwiedert’ ich mit Seufzen.</p><lb/> <p>Wahr, wie die Sonne, rief er, aber laß das gut seyn! es ist für alles gesorgt.</p><lb/> <p>Wie so, mein Alabanda? sagt ich.</p><lb/> <p>Laß mich dir erzählen, sagt’ er. Ich habe noch nie dir ganz von einer gewissen Sache gesprochen. Und dann – so stillt es auch dich und mich ein wenig, wenn wir sprechen von Vergangenem.</p><lb/> <p>Ich gieng einst hülflos an dem Hafen von Triest. Das Kaperschiff, worauf ich diente, war einige Jahre zuvor gescheitert, und ich hatte kaum mit Wenigen ans Ufer von Sevilla </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0083]
von den Bliken des Jünglings und lieben lernt’ und heilig halten alles, was zu gut ist, um beherrscht zu werden, da ich mit ihm ein neues Leben begann, und neue seelenvollere Kräfte mir keimten zum Genusse der Welt und zum Kampfe mit ihr, da hofft’ ich wieder – ach! und alles was ich hofft’ und hatte, war an dich gekettet; ich riß dich an mich, wollte mit Gewalt dich in mein Schiksaal ziehn, verlor dich, fand dich wieder, unsre Freundschaft nur war meine Welt, mein Werth, mein Ruhm; nun ists auch damit aus, auf immer und all mein Daseyn ist vergebens.
Ist denn das wahr? erwiedert’ ich mit Seufzen.
Wahr, wie die Sonne, rief er, aber laß das gut seyn! es ist für alles gesorgt.
Wie so, mein Alabanda? sagt ich.
Laß mich dir erzählen, sagt’ er. Ich habe noch nie dir ganz von einer gewissen Sache gesprochen. Und dann – so stillt es auch dich und mich ein wenig, wenn wir sprechen von Vergangenem.
Ich gieng einst hülflos an dem Hafen von Triest. Das Kaperschiff, worauf ich diente, war einige Jahre zuvor gescheitert, und ich hatte kaum mit Wenigen ans Ufer von Sevilla
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(2019-12-12T13:52:36Z)
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