Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.Und daß nur kein Fleken hängen bleibe, rief ich, keine Posse, womit uns das Jahrhundert, wie der Pöbel die Wände, bemahlt! O, rief Alabanda, darum ist der Krieg auch so gut - Recht, Alabanda, rief ich, so wie alle große Arbeit, wo des Menschen Kraft und Geist und keine Krüke und kein wächserner Flügel hilft. Da legen wir die Sclavenkleider ab, worauf das Schiksaal uns sein Wappen gedrükt - Da gilt nichts eitles und anerzwungenes mehr, rief Alabanda, da gehn wir schmuklos, fessellos, nakt, wie im Wettlauf zu Nemea, zum Ziele. Zum Ziele, rief ich, wo der junge Freistaat dämmert und das Pantheon alles Schönen aus griechischer Erde sich hebt. Alabanda schwieg eine Weile. Eine neue Röthe stieg auf in seinem Gesichte, und seine Gestalt wuchs, wie die erfrischte Pflanze, in die Höhe. O Jugend! Jugend! rief er, dann will ich trinken aus deinem Quell, dann will ich leben und lieben. Ich bin sehr freudig, Himmel der Nacht, fuhr er, wie trunken, fort, indem er unter das Fenster trat, wie eine Rebenlaube, Und daß nur kein Fleken hängen bleibe, rief ich, keine Posse, womit uns das Jahrhundert, wie der Pöbel die Wände, bemahlt! O, rief Alabanda, darum ist der Krieg auch so gut – Recht, Alabanda, rief ich, so wie alle große Arbeit, wo des Menschen Kraft und Geist und keine Krüke und kein wächserner Flügel hilft. Da legen wir die Sclavenkleider ab, worauf das Schiksaal uns sein Wappen gedrükt – Da gilt nichts eitles und anerzwungenes mehr, rief Alabanda, da gehn wir schmuklos, fessellos, nakt, wie im Wettlauf zu Nemea, zum Ziele. Zum Ziele, rief ich, wo der junge Freistaat dämmert und das Pantheon alles Schönen aus griechischer Erde sich hebt. Alabanda schwieg eine Weile. Eine neue Röthe stieg auf in seinem Gesichte, und seine Gestalt wuchs, wie die erfrischte Pflanze, in die Höhe. O Jugend! Jugend! rief er, dann will ich trinken aus deinem Quell, dann will ich leben und lieben. Ich bin sehr freudig, Himmel der Nacht, fuhr er, wie trunken, fort, indem er unter das Fenster trat, wie eine Rebenlaube, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <pb facs="#f0029"/> <p>Und daß nur kein Fleken hängen bleibe, rief ich, keine Posse, womit uns das Jahrhundert, wie der Pöbel die Wände, bemahlt! O, rief Alabanda, darum ist der Krieg auch so gut –</p><lb/> <p>Recht, Alabanda, rief ich, so wie alle große Arbeit, wo des Menschen Kraft und Geist und keine Krüke und kein wächserner Flügel hilft. Da legen wir die Sclavenkleider ab, worauf das Schiksaal uns sein Wappen gedrükt –</p><lb/> <p>Da gilt nichts eitles und anerzwungenes mehr, rief Alabanda, da gehn wir schmuklos, fessellos, nakt, wie im Wettlauf zu Nemea, zum Ziele.</p><lb/> <p>Zum Ziele, rief ich, wo der junge Freistaat dämmert und das Pantheon alles Schönen aus griechischer Erde sich hebt.</p><lb/> <p>Alabanda schwieg eine Weile. Eine neue Röthe stieg auf in seinem Gesichte, und seine Gestalt wuchs, wie die erfrischte Pflanze, in die Höhe.</p><lb/> <p>O Jugend! Jugend! rief er, dann will ich trinken aus deinem Quell, dann will ich leben und lieben. Ich bin sehr freudig, Himmel der Nacht, fuhr er, wie trunken, fort, indem er unter das Fenster trat, wie eine Rebenlaube, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
Und daß nur kein Fleken hängen bleibe, rief ich, keine Posse, womit uns das Jahrhundert, wie der Pöbel die Wände, bemahlt! O, rief Alabanda, darum ist der Krieg auch so gut –
Recht, Alabanda, rief ich, so wie alle große Arbeit, wo des Menschen Kraft und Geist und keine Krüke und kein wächserner Flügel hilft. Da legen wir die Sclavenkleider ab, worauf das Schiksaal uns sein Wappen gedrükt –
Da gilt nichts eitles und anerzwungenes mehr, rief Alabanda, da gehn wir schmuklos, fessellos, nakt, wie im Wettlauf zu Nemea, zum Ziele.
Zum Ziele, rief ich, wo der junge Freistaat dämmert und das Pantheon alles Schönen aus griechischer Erde sich hebt.
Alabanda schwieg eine Weile. Eine neue Röthe stieg auf in seinem Gesichte, und seine Gestalt wuchs, wie die erfrischte Pflanze, in die Höhe.
O Jugend! Jugend! rief er, dann will ich trinken aus deinem Quell, dann will ich leben und lieben. Ich bin sehr freudig, Himmel der Nacht, fuhr er, wie trunken, fort, indem er unter das Fenster trat, wie eine Rebenlaube,
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/29>, abgerufen am 16.02.2025. |