Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.du einst, so zahlst du mir es zurük, wo nicht, so war das meine auch dein. Schäme des Gelds dich nicht, sezt' er lächelnd hinzu; auch die Rosse des Phöbus leben von der Luft nicht allein, wie uns die Dichter erzählen. Hyperion an Bellarmin. Nun kam der Tag des Abschieds. Den Morgen über war ich oben in Notaras Garten geblieben, in der frischen Winterluft, unter den immergrünen Cypressen und Cedern. Ich war gefaßt. Die großen Kräfte der Jugend hielten mich aufrecht und das Leiden, das ich ahnete, trug, wie eine Wolke, mich höher. Diotimas Mutter hatte Notara und die andern Freunde und mich gebeten, daß wir noch den lezten Tag bei ihr zusammen leben möchten. Die Guten hatten sich alle meiner und Diotimas gefreut und das Göttliche in unserer Liebe war an ihnen nicht verloren geblieben. Sie sollten nun mein Scheiden auch mir seegnen. Ich gieng hinab. Ich fand das theure Mädchen am Heerde. Es schien ihr ein heilig priesterlich Geschäft, an diesem Tage das Haus zu besorgen. Sie hatte alles zu recht gemacht, du einst, so zahlst du mir es zurük, wo nicht, so war das meine auch dein. Schäme des Gelds dich nicht, sezt’ er lächelnd hinzu; auch die Rosse des Phöbus leben von der Luft nicht allein, wie uns die Dichter erzählen. Hyperion an Bellarmin. Nun kam der Tag des Abschieds. Den Morgen über war ich oben in Notaras Garten geblieben, in der frischen Winterluft, unter den immergrünen Cypressen und Cedern. Ich war gefaßt. Die großen Kräfte der Jugend hielten mich aufrecht und das Leiden, das ich ahnete, trug, wie eine Wolke, mich höher. Diotimas Mutter hatte Notara und die andern Freunde und mich gebeten, daß wir noch den lezten Tag bei ihr zusammen leben möchten. Die Guten hatten sich alle meiner und Diotimas gefreut und das Göttliche in unserer Liebe war an ihnen nicht verloren geblieben. Sie sollten nun mein Scheiden auch mir seegnen. Ich gieng hinab. Ich fand das theure Mädchen am Heerde. Es schien ihr ein heilig priesterlich Geschäft, an diesem Tage das Haus zu besorgen. Sie hatte alles zu recht gemacht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0013"/> du einst, so zahlst du mir es zurük, wo nicht, so war das meine auch dein. Schäme des Gelds dich nicht, sezt’ er lächelnd hinzu; auch die Rosse des Phöbus leben von der Luft nicht allein, wie uns die Dichter erzählen.</p><lb/> </div><lb/> <div type="chapter" n="2"> <head><hi rendition="#g #k">Hyperion</hi> an <hi rendition="#g #k">Bellarmin</hi>.</head><lb/> <p>Nun kam der Tag des Abschieds.</p><lb/> <p>Den Morgen über war ich oben in Notaras Garten geblieben, in der frischen Winterluft, unter den immergrünen Cypressen und Cedern. Ich war gefaßt. Die großen Kräfte der Jugend hielten mich aufrecht und das Leiden, das ich ahnete, trug, wie eine Wolke, mich höher.</p><lb/> <p>Diotimas Mutter hatte Notara und die andern Freunde und mich gebeten, daß wir noch den lezten Tag bei ihr zusammen leben möchten. Die Guten hatten sich alle meiner und Diotimas gefreut und das Göttliche in unserer Liebe war an ihnen nicht verloren geblieben. Sie sollten nun mein Scheiden auch mir seegnen.</p><lb/> <p>Ich gieng hinab. Ich fand das theure Mädchen am Heerde. Es schien ihr ein heilig priesterlich Geschäft, an diesem Tage das Haus zu besorgen. Sie hatte alles zu recht gemacht, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
du einst, so zahlst du mir es zurük, wo nicht, so war das meine auch dein. Schäme des Gelds dich nicht, sezt’ er lächelnd hinzu; auch die Rosse des Phöbus leben von der Luft nicht allein, wie uns die Dichter erzählen.
Hyperion an Bellarmin.
Nun kam der Tag des Abschieds.
Den Morgen über war ich oben in Notaras Garten geblieben, in der frischen Winterluft, unter den immergrünen Cypressen und Cedern. Ich war gefaßt. Die großen Kräfte der Jugend hielten mich aufrecht und das Leiden, das ich ahnete, trug, wie eine Wolke, mich höher.
Diotimas Mutter hatte Notara und die andern Freunde und mich gebeten, daß wir noch den lezten Tag bei ihr zusammen leben möchten. Die Guten hatten sich alle meiner und Diotimas gefreut und das Göttliche in unserer Liebe war an ihnen nicht verloren geblieben. Sie sollten nun mein Scheiden auch mir seegnen.
Ich gieng hinab. Ich fand das theure Mädchen am Heerde. Es schien ihr ein heilig priesterlich Geschäft, an diesem Tage das Haus zu besorgen. Sie hatte alles zu recht gemacht,
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