Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.sind wir, dann ist das Element der Geister gefunden! Alabanda schwieg, und sah eine Weile erstaunt mich an. Ich war hingerissen von unendlichen Hoffnungen; Götterkräfte trugen, wie ein Wölkchen, mich fort - Komm! rief ich, und fasst' Alabanda beim Gewande, komm, wer hält es länger aus im Kerker, der uns umnachtet? Wohin, mein Schwärmer, erwiedert' Alabanda troken, und ein Schatte von Spott schien über sein Gesicht zu gleiten. Ich war, wie aus den Wolken gefallen. Geh! sagt' ich, Du bist ein kleiner Mensch! In demselben Augenblikke traten etliche Fremden in's Zimmer, auffallende Gestalten, meist hager und blass, so viel ich im Mondlicht sehen konnte, ruhig, aber in ihren Mienen war etwas, das in die Seele gieng, wie ein Schwert, und es war, als stünde man vor der Allwissenheit; man hätte gezweifelt, ob diess die Aussenseite wäre von bedürftigen Naturen, hätte nicht hie und da der getödtete Affekt seine Spuren zurükgelassen. Besonders einer fiel mir auf. Die Stille seiner Züge war die Stille eines Schlachtfelds. sind wir, dann ist das Element der Geister gefunden! Alabanda schwieg, und sah eine Weile erstaunt mich an. Ich war hingerissen von unendlichen Hoffnungen; Götterkräfte trugen, wie ein Wölkchen, mich fort – Komm! rief ich, und fasst’ Alabanda beim Gewande, komm, wer hält es länger aus im Kerker, der uns umnachtet? Wohin, mein Schwärmer, erwiedert’ Alabanda troken, und ein Schatte von Spott schien über sein Gesicht zu gleiten. Ich war, wie aus den Wolken gefallen. Geh! sagt’ ich, Du bist ein kleiner Mensch! In demselben Augenblikke traten etliche Fremden in’s Zimmer, auffallende Gestalten, meist hager und blass, so viel ich im Mondlicht sehen konnte, ruhig, aber in ihren Mienen war etwas, das in die Seele gieng, wie ein Schwert, und es war, als stünde man vor der Allwissenheit; man hätte gezweifelt, ob diess die Aussenseite wäre von bedürftigen Naturen, hätte nicht hie und da der getödtete Affekt seine Spuren zurükgelassen. Besonders einer fiel mir auf. Die Stille seiner Züge war die Stille eines Schlachtfelds. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0061"/> sind wir, dann ist das Element der Geister gefunden!</p><lb/> <p>Alabanda schwieg, und sah eine Weile erstaunt mich an. Ich war hingerissen von unendlichen Hoffnungen; Götterkräfte trugen, wie ein Wölkchen, mich fort –</p><lb/> <p>Komm! rief ich, und fasst’ Alabanda beim Gewande, komm, wer hält es länger aus im Kerker, der uns umnachtet?</p><lb/> <p>Wohin, mein Schwärmer, erwiedert’ Alabanda troken, und ein Schatte von Spott schien über sein Gesicht zu gleiten.</p><lb/> <p>Ich war, wie aus den Wolken gefallen. Geh! sagt’ ich, Du bist ein kleiner Mensch!</p><lb/> <p>In demselben Augenblikke traten etliche Fremden in’s Zimmer, auffallende Gestalten, meist hager und blass, so viel ich im Mondlicht sehen konnte, ruhig, aber in ihren Mienen war etwas, das in die Seele gieng, wie ein Schwert, und es war, als stünde man vor der Allwissenheit; man hätte gezweifelt, ob diess die Aussenseite wäre von bedürftigen Naturen, hätte nicht hie und da der getödtete Affekt seine Spuren zurükgelassen.</p><lb/> <p>Besonders einer fiel mir auf. Die Stille seiner Züge war die Stille eines Schlachtfelds. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
sind wir, dann ist das Element der Geister gefunden!
Alabanda schwieg, und sah eine Weile erstaunt mich an. Ich war hingerissen von unendlichen Hoffnungen; Götterkräfte trugen, wie ein Wölkchen, mich fort –
Komm! rief ich, und fasst’ Alabanda beim Gewande, komm, wer hält es länger aus im Kerker, der uns umnachtet?
Wohin, mein Schwärmer, erwiedert’ Alabanda troken, und ein Schatte von Spott schien über sein Gesicht zu gleiten.
Ich war, wie aus den Wolken gefallen. Geh! sagt’ ich, Du bist ein kleiner Mensch!
In demselben Augenblikke traten etliche Fremden in’s Zimmer, auffallende Gestalten, meist hager und blass, so viel ich im Mondlicht sehen konnte, ruhig, aber in ihren Mienen war etwas, das in die Seele gieng, wie ein Schwert, und es war, als stünde man vor der Allwissenheit; man hätte gezweifelt, ob diess die Aussenseite wäre von bedürftigen Naturen, hätte nicht hie und da der getödtete Affekt seine Spuren zurükgelassen.
Besonders einer fiel mir auf. Die Stille seiner Züge war die Stille eines Schlachtfelds.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/61 |
Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/61>, abgerufen am 16.07.2024. |