Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.Hyperion an Bellarmin. Der liebe Vaterlandsboden giebt mir wieder Freude und Leid. Ich bin jezt alle Morgen auf den Höhn des Korinthischen Isthmus, und, wie die Biene unter Blumen, fliegt meine Seele oft hin und her zwischen den Meeren, die zur Rechten und zur Linken meinen glühenden Bergen die Füsse kühlen. Besonders der Eine der beeden Meerbusen hätte mich freuen sollen, wär' ich ein Jahrtausend früher hier gestanden. Wie ein siegender Halbgott, wallte da zwischen der herrlichen Wildniss des Helikon und Parnass, wo das Morgenroth um hundert überschneite Gipfel spielt, und zwischen der paradiesischen Ebene von Sycion der glänzende Meerbusen herein, gegen die Stadt der Freude, das jugendliche Korinth, und schüttete den erbeuteten Reichtum aller Zonen vor seiner Lieblingin aus. Hyperion an Bellarmin. Der liebe Vaterlandsboden giebt mir wieder Freude und Leid. Ich bin jezt alle Morgen auf den Höhn des Korinthischen Isthmus, und, wie die Biene unter Blumen, fliegt meine Seele oft hin und her zwischen den Meeren, die zur Rechten und zur Linken meinen glühenden Bergen die Füsse kühlen. Besonders der Eine der beeden Meerbusen hätte mich freuen sollen, wär’ ich ein Jahrtausend früher hier gestanden. Wie ein siegender Halbgott, wallte da zwischen der herrlichen Wildniss des Helikon und Parnass, wo das Morgenroth um hundert überschneite Gipfel spielt, und zwischen der paradiesischen Ebene von Sycion der glänzende Meerbusen herein, gegen die Stadt der Freude, das jugendliche Korinth, und schüttete den erbeuteten Reichtum aller Zonen vor seiner Lieblingin aus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0013"/> <div type="chapter" n="2"> <head><hi rendition="#g #k">Hyperion</hi> an <hi rendition="#g #k">Bellarmin</hi>.</head><lb/> <p>Der liebe Vaterlandsboden giebt mir wieder Freude und Leid.</p><lb/> <p>Ich bin jezt alle Morgen auf den Höhn des Korinthischen Isthmus, und, wie die Biene unter Blumen, fliegt meine Seele oft hin und her zwischen den Meeren, die zur Rechten und zur Linken meinen glühenden Bergen die Füsse kühlen.</p><lb/> <p>Besonders der Eine der beeden Meerbusen hätte mich freuen sollen, wär’ ich ein Jahrtausend früher hier gestanden.</p><lb/> <p>Wie ein siegender Halbgott, wallte da zwischen der herrlichen Wildniss des Helikon und Parnass, wo das Morgenroth um hundert überschneite Gipfel spielt, und zwischen der paradiesischen Ebene von Sycion der glänzende Meerbusen herein, gegen die Stadt der Freude, das jugendliche Korinth, und schüttete den erbeuteten Reichtum aller Zonen vor seiner Lieblingin aus.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
Hyperion an Bellarmin.
Der liebe Vaterlandsboden giebt mir wieder Freude und Leid.
Ich bin jezt alle Morgen auf den Höhn des Korinthischen Isthmus, und, wie die Biene unter Blumen, fliegt meine Seele oft hin und her zwischen den Meeren, die zur Rechten und zur Linken meinen glühenden Bergen die Füsse kühlen.
Besonders der Eine der beeden Meerbusen hätte mich freuen sollen, wär’ ich ein Jahrtausend früher hier gestanden.
Wie ein siegender Halbgott, wallte da zwischen der herrlichen Wildniss des Helikon und Parnass, wo das Morgenroth um hundert überschneite Gipfel spielt, und zwischen der paradiesischen Ebene von Sycion der glänzende Meerbusen herein, gegen die Stadt der Freude, das jugendliche Korinth, und schüttete den erbeuteten Reichtum aller Zonen vor seiner Lieblingin aus.
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/13>, abgerufen am 16.07.2024. |