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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Kein friedlich Bleiben nicht, verschwende
Die Seele an die Lüfte, lieblos sey
Ich öfters bei den Meinen. Gott! ich lieblos?

Wohl mag es freudig seyn und schön, zu bleiben,
Zu ruhn in einer lieben Gegenwart,
Wenn eine große Seele, die wir kennen,
Vertraulich nahe waltet über uns,
Sich um uns schließt, daß wir, die Heimatlosen,
Doch wissen, wo wir wohnen.
Gute! Treue!
Doch hast Du recht. Bist denn Du nicht mir eigen?
Und hab' ich ihn den theuern Vater nicht,
Den Heiligjugendlichen, Vielerfahrnen,
Der, wie ein stiller Gott auf dunkler Wolke,
Verborgenwirkend über seiner Welt
Mit freiem Auge ruht? und wenn er schon
Ein Höher's weiß, und ich des Mannes Geist
Nur ahnen kann, doch ehrt er liebend mich,
Und nennt mich seine Freude, ja! und oft
Giebt eine neue Seele mir sein Wort.
Dann möcht' ich wohl den Segen, den er gab,
Mit Einem, das ich liebte, gerne theilen.
Und bin allein -- ach! ehmals war ich's nicht!

Kein friedlich Bleiben nicht, verſchwende
Die Seele an die Luͤfte, lieblos ſey
Ich oͤfters bei den Meinen. Gott! ich lieblos?

Wohl mag es freudig ſeyn und ſchoͤn, zu bleiben,
Zu ruhn in einer lieben Gegenwart,
Wenn eine große Seele, die wir kennen,
Vertraulich nahe waltet uͤber uns,
Sich um uns ſchließt, daß wir, die Heimatloſen,
Doch wiſſen, wo wir wohnen.
Gute! Treue!
Doch haſt Du recht. Biſt denn Du nicht mir eigen?
Und hab' ich ihn den theuern Vater nicht,
Den Heiligjugendlichen, Vielerfahrnen,
Der, wie ein ſtiller Gott auf dunkler Wolke,
Verborgenwirkend uͤber ſeiner Welt
Mit freiem Auge ruht? und wenn er ſchon
Ein Hoͤher's weiß, und ich des Mannes Geiſt
Nur ahnen kann, doch ehrt er liebend mich,
Und nennt mich ſeine Freude, ja! und oft
Giebt eine neue Seele mir ſein Wort.
Dann moͤcht' ich wohl den Segen, den er gab,
Mit Einem, das ich liebte, gerne theilen.
Und bin allein — ach! ehmals war ich's nicht!
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[88/0096] Kein friedlich Bleiben nicht, verſchwende Die Seele an die Luͤfte, lieblos ſey Ich oͤfters bei den Meinen. Gott! ich lieblos? Wohl mag es freudig ſeyn und ſchoͤn, zu bleiben, Zu ruhn in einer lieben Gegenwart, Wenn eine große Seele, die wir kennen, Vertraulich nahe waltet uͤber uns, Sich um uns ſchließt, daß wir, die Heimatloſen, Doch wiſſen, wo wir wohnen. Gute! Treue! Doch haſt Du recht. Biſt denn Du nicht mir eigen? Und hab' ich ihn den theuern Vater nicht, Den Heiligjugendlichen, Vielerfahrnen, Der, wie ein ſtiller Gott auf dunkler Wolke, Verborgenwirkend uͤber ſeiner Welt Mit freiem Auge ruht? und wenn er ſchon Ein Hoͤher's weiß, und ich des Mannes Geiſt Nur ahnen kann, doch ehrt er liebend mich, Und nennt mich ſeine Freude, ja! und oft Giebt eine neue Seele mir ſein Wort. Dann moͤcht' ich wohl den Segen, den er gab, Mit Einem, das ich liebte, gerne theilen. Und bin allein — ach! ehmals war ich's nicht!

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/96>, abgerufen am 22.11.2024.