Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.So such' im stillsten Thale Den blüthenreichsten Hain Und gieß' aus goldner Schale Den frohen Opferwein! Noch lächelt unveraltet Des Herzens Frühling Dir, Der Gott der Jugend waltet Noch über Dir und mir. Wie unter Tiburs Bäumen, Wenn da der Dichter saß, Und unter Götterträumen Der Jahre Flucht vergaß, Wenn ihn die Ulme kühlte, Und wenn sie stolz und froh Um Silberblüthen spielte, Die Flut des Anio; Und wie um Platons Hallen, Wenn durch der Haine Grün, Begrüßt von Nachtigallen, Der Stern der Liebe schien, Wenn alle Lüfte schliefen, Und, sanft bewegt vom Schwan, Cephisus durch Oliven Und Myrthensträuche rann: So ſuch' im ſtillſten Thale Den bluͤthenreichſten Hain Und gieß' aus goldner Schale Den frohen Opferwein! Noch laͤchelt unveraltet Des Herzens Fruͤhling Dir, Der Gott der Jugend waltet Noch uͤber Dir und mir. Wie unter Tiburs Baͤumen, Wenn da der Dichter ſaß, Und unter Goͤttertraͤumen Der Jahre Flucht vergaß, Wenn ihn die Ulme kuͤhlte, Und wenn ſie ſtolz und froh Um Silberbluͤthen ſpielte, Die Flut des Anio; Und wie um Platons Hallen, Wenn durch der Haine Gruͤn, Begruͤßt von Nachtigallen, Der Stern der Liebe ſchien, Wenn alle Luͤfte ſchliefen, Und, ſanft bewegt vom Schwan, Cephiſus durch Oliven Und Myrthenſtraͤuche rann: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0022" n="14"/> <lg n="3"> <l>So ſuch' im ſtillſten Thale</l><lb/> <l>Den bluͤthenreichſten Hain</l><lb/> <l>Und gieß' aus goldner Schale</l><lb/> <l>Den frohen Opferwein!</l><lb/> <l>Noch laͤchelt unveraltet</l><lb/> <l>Des Herzens Fruͤhling Dir,</l><lb/> <l>Der Gott der Jugend waltet</l><lb/> <l>Noch uͤber Dir und mir.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie unter Tiburs Baͤumen,</l><lb/> <l>Wenn da der Dichter ſaß,</l><lb/> <l>Und unter Goͤttertraͤumen</l><lb/> <l>Der Jahre Flucht vergaß,</l><lb/> <l>Wenn ihn die Ulme kuͤhlte,</l><lb/> <l>Und wenn ſie ſtolz und froh</l><lb/> <l>Um Silberbluͤthen ſpielte,</l><lb/> <l>Die Flut des Anio;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und wie um Platons Hallen,</l><lb/> <l>Wenn durch der Haine Gruͤn,</l><lb/> <l>Begruͤßt von Nachtigallen,</l><lb/> <l>Der Stern der Liebe ſchien,</l><lb/> <l>Wenn alle Luͤfte ſchliefen,</l><lb/> <l>Und, ſanft bewegt vom Schwan,</l><lb/> <l>Cephiſus durch Oliven</l><lb/> <l>Und Myrthenſtraͤuche rann:</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [14/0022]
So ſuch' im ſtillſten Thale
Den bluͤthenreichſten Hain
Und gieß' aus goldner Schale
Den frohen Opferwein!
Noch laͤchelt unveraltet
Des Herzens Fruͤhling Dir,
Der Gott der Jugend waltet
Noch uͤber Dir und mir.
Wie unter Tiburs Baͤumen,
Wenn da der Dichter ſaß,
Und unter Goͤttertraͤumen
Der Jahre Flucht vergaß,
Wenn ihn die Ulme kuͤhlte,
Und wenn ſie ſtolz und froh
Um Silberbluͤthen ſpielte,
Die Flut des Anio;
Und wie um Platons Hallen,
Wenn durch der Haine Gruͤn,
Begruͤßt von Nachtigallen,
Der Stern der Liebe ſchien,
Wenn alle Luͤfte ſchliefen,
Und, ſanft bewegt vom Schwan,
Cephiſus durch Oliven
Und Myrthenſtraͤuche rann:
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/22>, abgerufen am 16.02.2025. |