Ungleiches dulden, der Schwärmer. Drum wohl ihm, welcher fand Ein wohlbeschiedenes Schicksal, Wo noch der Wanderungen Und süß der Leiden Erinnerung Aufrauscht am sichern Gestade, Daß da und dorthin gern Er sehn mag bis an die Gränzen, Die bei der Geburt ihm Gott Zum Aufenthalte gezeichnet. Dann ruht er, selig bescheiden, Denn Alles, was er gewollt, Das Himmlische, von selber umfängt Es unbezwungen, lächelnd Jetzt, da er ruhet, den Kühnen.
Halbgötter denk' ich jetzt, Und kennen muß ich die Theuern, Weil oft ihr Leben so Die sehnende Brust mir bewegt. Wem aber, wie dir, Unüberwindlich die Seele, Die stark ausdauernde ward, Und sicherer Sinn Und süße Gabe zu hören, Zu reden so, daß er aus heiliger Fülle Wie der Weingott thörig, göttlich
Hölderlin Gedichte. 13
Ungleiches dulden, der Schwaͤrmer. Drum wohl ihm, welcher fand Ein wohlbeſchiedenes Schickſal, Wo noch der Wanderungen Und ſuͤß der Leiden Erinnerung Aufrauſcht am ſichern Geſtade, Daß da und dorthin gern Er ſehn mag bis an die Graͤnzen, Die bei der Geburt ihm Gott Zum Aufenthalte gezeichnet. Dann ruht er, ſelig beſcheiden, Denn Alles, was er gewollt, Das Himmliſche, von ſelber umfaͤngt Es unbezwungen, laͤchelnd Jetzt, da er ruhet, den Kuͤhnen.
Halbgoͤtter denk' ich jetzt, Und kennen muß ich die Theuern, Weil oft ihr Leben ſo Die ſehnende Bruſt mir bewegt. Wem aber, wie dir, Unuͤberwindlich die Seele, Die ſtark ausdauernde ward, Und ſicherer Sinn Und ſuͤße Gabe zu hoͤren, Zu reden ſo, daß er aus heiliger Fuͤlle Wie der Weingott thoͤrig, goͤttlich
Hoͤlderlin Gedichte. 13
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Ungleiches dulden, der Schwaͤrmer.
Drum wohl ihm, welcher fand
Ein wohlbeſchiedenes Schickſal,
Wo noch der Wanderungen
Und ſuͤß der Leiden Erinnerung
Aufrauſcht am ſichern Geſtade,
Daß da und dorthin gern
Er ſehn mag bis an die Graͤnzen,
Die bei der Geburt ihm Gott
Zum Aufenthalte gezeichnet.
Dann ruht er, ſelig beſcheiden,
Denn Alles, was er gewollt,
Das Himmliſche, von ſelber umfaͤngt
Es unbezwungen, laͤchelnd
Jetzt, da er ruhet, den Kuͤhnen.
Halbgoͤtter denk' ich jetzt,
Und kennen muß ich die Theuern,
Weil oft ihr Leben ſo
Die ſehnende Bruſt mir bewegt.
Wem aber, wie dir,
Unuͤberwindlich die Seele,
Die ſtark ausdauernde ward,
Und ſicherer Sinn
Und ſuͤße Gabe zu hoͤren,
Zu reden ſo, daß er aus heiliger Fuͤlle
Wie der Weingott thoͤrig, goͤttlich
Hoͤlderlin Gedichte. 13
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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/201>, abgerufen am 24.07.2024.
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