Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Zerreißt er die Schlangen und stürzt Ein Gott will aber sparen den Söhnen Das eilende Leben und lächelt, Wenn unenthaltsam, aber gehemmt Von heiligen Alpen, ihm In der Tiefe, wie jener, zürnen die Ströme. In solcher Esse wird dann Auch alles Lautre geschmiedet Und schön ist's, wie er drauf, Nachdem er die Berge verlassen, Stillwandelnd sich im deutschen Lande Begnüget und das Sehnen stillt Im guten Geschäfte, wenn er das Land baut, Der Vater Rhein, und liebe Kinder nährt In Städten, die er gegründet. Doch nimmer, nimmer vergißt er's. Denn eher muß die Wohnung vergehn Und die Satzung und zum Unbild werden Der Tag der Menschen, ehe vergessen Zerreißt er die Schlangen und ſtuͤrzt Ein Gott will aber ſparen den Soͤhnen Das eilende Leben und laͤchelt, Wenn unenthaltſam, aber gehemmt Von heiligen Alpen, ihm In der Tiefe, wie jener, zuͤrnen die Stroͤme. In ſolcher Eſſe wird dann Auch alles Lautre geſchmiedet Und ſchoͤn iſt's, wie er drauf, Nachdem er die Berge verlaſſen, Stillwandelnd ſich im deutſchen Lande Begnuͤget und das Sehnen ſtillt Im guten Geſchaͤfte, wenn er das Land baut, Der Vater Rhein, und liebe Kinder naͤhrt In Staͤdten, die er gegruͤndet. Doch nimmer, nimmer vergißt er's. Denn eher muß die Wohnung vergehn Und die Satzung und zum Unbild werden Der Tag der Menſchen, ehe vergeſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0199" n="191"/> <l>Zerreißt er die Schlangen und ſtuͤrzt</l><lb/> <l>Mit der Beut', und wenn in der Eil'</l><lb/> <l>Ein Groͤßerer ihn nicht zaͤhmt,</l><lb/> <l>Ihn wachſen laͤßt, wie der Blitz muß er</l><lb/> <l>Die Erde ſpalten, und wie Bezauberte fliehn</l><lb/> <l>Die Waͤlder ihm nach und zuſammenſinkend die</l><lb/> <l>Berge.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ein Gott will aber ſparen den Soͤhnen</l><lb/> <l>Das eilende Leben und laͤchelt,</l><lb/> <l>Wenn unenthaltſam, aber gehemmt</l><lb/> <l>Von heiligen Alpen, ihm</l><lb/> <l>In der Tiefe, wie jener, zuͤrnen die Stroͤme.</l><lb/> <l>In ſolcher Eſſe wird dann</l><lb/> <l>Auch alles Lautre geſchmiedet</l><lb/> <l>Und ſchoͤn iſt's, wie er drauf,</l><lb/> <l>Nachdem er die Berge verlaſſen,</l><lb/> <l>Stillwandelnd ſich im deutſchen Lande</l><lb/> <l>Begnuͤget und das Sehnen ſtillt</l><lb/> <l>Im guten Geſchaͤfte, wenn er das Land baut,</l><lb/> <l>Der Vater Rhein, und liebe Kinder naͤhrt</l><lb/> <l>In Staͤdten, die er gegruͤndet.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Doch nimmer, nimmer vergißt er's.</l><lb/> <l>Denn eher muß die Wohnung vergehn</l><lb/> <l>Und die Satzung und zum Unbild werden</l><lb/> <l>Der Tag der Menſchen, ehe vergeſſen</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [191/0199]
Zerreißt er die Schlangen und ſtuͤrzt
Mit der Beut', und wenn in der Eil'
Ein Groͤßerer ihn nicht zaͤhmt,
Ihn wachſen laͤßt, wie der Blitz muß er
Die Erde ſpalten, und wie Bezauberte fliehn
Die Waͤlder ihm nach und zuſammenſinkend die
Berge.
Ein Gott will aber ſparen den Soͤhnen
Das eilende Leben und laͤchelt,
Wenn unenthaltſam, aber gehemmt
Von heiligen Alpen, ihm
In der Tiefe, wie jener, zuͤrnen die Stroͤme.
In ſolcher Eſſe wird dann
Auch alles Lautre geſchmiedet
Und ſchoͤn iſt's, wie er drauf,
Nachdem er die Berge verlaſſen,
Stillwandelnd ſich im deutſchen Lande
Begnuͤget und das Sehnen ſtillt
Im guten Geſchaͤfte, wenn er das Land baut,
Der Vater Rhein, und liebe Kinder naͤhrt
In Staͤdten, die er gegruͤndet.
Doch nimmer, nimmer vergißt er's.
Denn eher muß die Wohnung vergehn
Und die Satzung und zum Unbild werden
Der Tag der Menſchen, ehe vergeſſen
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/199>, abgerufen am 24.07.2024. |