Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Der Streitenden öfters breitet; und eine Weile Sah'n still sie auf. Dann reichten sie sich Die Hände liebend einander. Und bald Vertauschten sie Waffen und all' Die lieben Güter des Hauses, Vertauschten das Wort auch und es wünschten Die freundlichen Väter umsonst nichts Beim Hochzeitjubel den Kindern. Denn aus den Heiligvermählten Wuchs schöner, denn Alles, Was vor und nach Von Menschen sich nannt', ein Geschlecht auf. Wo aber wohnt ihr, liebe Verwandten, Daß wir das Bündniß wiederbegehn, Und der theuern Ahnen gedenken? Dort an den Ufern, unter den Bäumen Ionias, in Ebenen des Kaystros, Wo Kraniche, des Aethers froh, Umschlossen sind von fernhindämmernden Bergen, Dort wart auch ihr, ihr Schönsten! oder pflegtet Der Inseln, die, mit Wein bekränzt, Voll tönten von Gesang; noch Andere wohnten Am Tayget, am vielgepriesnen Hymettos, Und diese blühten zuletzt. Doch von Parnassos Quell bis zu des Tmolos Goldglänzenden Bächen erklang Ein ewig Lied, So rauschten Der Streitenden oͤfters breitet; und eine Weile Sah'n ſtill ſie auf. Dann reichten ſie ſich Die Haͤnde liebend einander. Und bald Vertauſchten ſie Waffen und all' Die lieben Guͤter des Hauſes, Vertauſchten das Wort auch und es wuͤnſchten Die freundlichen Vaͤter umſonſt nichts Beim Hochzeitjubel den Kindern. Denn aus den Heiligvermaͤhlten Wuchs ſchoͤner, denn Alles, Was vor und nach Von Menſchen ſich nannt', ein Geſchlecht auf. Wo aber wohnt ihr, liebe Verwandten, Daß wir das Buͤndniß wiederbegehn, Und der theuern Ahnen gedenken? Dort an den Ufern, unter den Baͤumen Ionias, in Ebenen des Kayſtros, Wo Kraniche, des Aethers froh, Umſchloſſen ſind von fernhindaͤmmernden Bergen, Dort wart auch ihr, ihr Schoͤnſten! oder pflegtet Der Inſeln, die, mit Wein bekraͤnzt, Voll toͤnten von Geſang; noch Andere wohnten Am Tayget, am vielgepriesnen Hymettos, Und dieſe bluͤhten zuletzt. Doch von Parnaſſos Quell bis zu des Tmolos Goldglaͤnzenden Baͤchen erklang Ein ewig Lied, So rauſchten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0193" n="185"/> <l>Der Streitenden oͤfters breitet; und eine Weile</l><lb/> <l>Sah'n ſtill ſie auf. Dann reichten ſie ſich</l><lb/> <l>Die Haͤnde liebend einander. Und bald</l><lb/> <l>Vertauſchten ſie Waffen und all'</l><lb/> <l>Die lieben Guͤter des Hauſes,</l><lb/> <l>Vertauſchten das Wort auch und es wuͤnſchten</l><lb/> <l>Die freundlichen Vaͤter umſonſt nichts</l><lb/> <l>Beim Hochzeitjubel den Kindern.</l><lb/> <l>Denn aus den Heiligvermaͤhlten</l><lb/> <l>Wuchs ſchoͤner, denn Alles,</l><lb/> <l>Was vor und nach</l><lb/> <l>Von Menſchen ſich nannt', ein Geſchlecht auf.</l><lb/> <l>Wo aber wohnt ihr, liebe Verwandten,</l><lb/> <l>Daß wir das Buͤndniß wiederbegehn,</l><lb/> <l>Und der theuern Ahnen gedenken?</l><lb/> <l>Dort an den Ufern, unter den Baͤumen</l><lb/> <l>Ionias, in Ebenen des Kayſtros,</l><lb/> <l>Wo Kraniche, des Aethers froh,</l><lb/> <l>Umſchloſſen ſind von fernhindaͤmmernden Bergen,</l><lb/> <l>Dort wart auch ihr, ihr Schoͤnſten! oder pflegtet</l><lb/> <l>Der Inſeln, die, mit Wein bekraͤnzt,</l><lb/> <l>Voll toͤnten von Geſang; noch Andere wohnten</l><lb/> <l>Am Tayget, am vielgepriesnen Hymettos,</l><lb/> <l>Und dieſe bluͤhten zuletzt. Doch von</l><lb/> <l>Parnaſſos Quell bis zu des Tmolos</l><lb/> <l>Goldglaͤnzenden Baͤchen erklang</l><lb/> <l>Ein ewig Lied, So rauſchten</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [185/0193]
Der Streitenden oͤfters breitet; und eine Weile
Sah'n ſtill ſie auf. Dann reichten ſie ſich
Die Haͤnde liebend einander. Und bald
Vertauſchten ſie Waffen und all'
Die lieben Guͤter des Hauſes,
Vertauſchten das Wort auch und es wuͤnſchten
Die freundlichen Vaͤter umſonſt nichts
Beim Hochzeitjubel den Kindern.
Denn aus den Heiligvermaͤhlten
Wuchs ſchoͤner, denn Alles,
Was vor und nach
Von Menſchen ſich nannt', ein Geſchlecht auf.
Wo aber wohnt ihr, liebe Verwandten,
Daß wir das Buͤndniß wiederbegehn,
Und der theuern Ahnen gedenken?
Dort an den Ufern, unter den Baͤumen
Ionias, in Ebenen des Kayſtros,
Wo Kraniche, des Aethers froh,
Umſchloſſen ſind von fernhindaͤmmernden Bergen,
Dort wart auch ihr, ihr Schoͤnſten! oder pflegtet
Der Inſeln, die, mit Wein bekraͤnzt,
Voll toͤnten von Geſang; noch Andere wohnten
Am Tayget, am vielgepriesnen Hymettos,
Und dieſe bluͤhten zuletzt. Doch von
Parnaſſos Quell bis zu des Tmolos
Goldglaͤnzenden Baͤchen erklang
Ein ewig Lied, So rauſchten
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/193>, abgerufen am 24.07.2024. |