Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Aber das Haus ist öde mir nun, und sie haben mein Auge Mir genommen, auch mich hab' ich verloren mit ihr. Darum irr' ich umher und wohl, wie die Schatten, so muß ich Leben, und sinnlos dünkt lange das Uebrige mir. 6. Feiern möcht' ich, aber wofür? und singen mit Andern, Aber so einsam fehlt jegliches Göttliche mir. Dieß ist's, dieß mein Gebrechen, ich weiß, es lähmet ein Fluch mir Darum die Sehnen, und wirft, wo ich beginne, mich hin, Daß ich fühllos sitze den Tag und stumm, wie die Kinder, Nur vom Auge mir kalt öfters die Thräne noch schleicht, Und die Pflanze des Felds, und der Vögel Singen mich trüb macht, Weil mit Freuden auch sie Boten des Himmli- schen sind, Aber mir in schaudernder Brust die beseelende Sonne, Kühl und fruchtlos mir dämmert, wie Stralen der Nacht, Aber das Haus iſt oͤde mir nun, und ſie haben mein Auge Mir genommen, auch mich hab' ich verloren mit ihr. Darum irr' ich umher und wohl, wie die Schatten, ſo muß ich Leben, und ſinnlos duͤnkt lange das Uebrige mir. 6. Feiern moͤcht' ich, aber wofuͤr? und ſingen mit Andern, Aber ſo einſam fehlt jegliches Goͤttliche mir. Dieß iſt's, dieß mein Gebrechen, ich weiß, es laͤhmet ein Fluch mir Darum die Sehnen, und wirft, wo ich beginne, mich hin, Daß ich fuͤhllos ſitze den Tag und ſtumm, wie die Kinder, Nur vom Auge mir kalt oͤfters die Thraͤne noch ſchleicht, Und die Pflanze des Felds, und der Voͤgel Singen mich truͤb macht, Weil mit Freuden auch ſie Boten des Himmli- ſchen ſind, Aber mir in ſchaudernder Bruſt die beſeelende Sonne, Kuͤhl und fruchtlos mir daͤmmert, wie Stralen der Nacht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0139" n="131"/> <l>Aber das Haus iſt oͤde mir nun, und ſie haben</l><lb/> <l>mein Auge</l><lb/> <l>Mir genommen, auch mich hab' ich verloren mit</l><lb/> <l>ihr.</l><lb/> <l>Darum irr' ich umher und wohl, wie die Schatten,</l><lb/> <l>ſo muß ich</l><lb/> <l>Leben, und ſinnlos duͤnkt lange das Uebrige mir.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head>6.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Feiern moͤcht' ich, aber wofuͤr? und ſingen mit</l><lb/> <l>Andern,</l><lb/> <l>Aber ſo einſam fehlt jegliches Goͤttliche mir.</l><lb/> <l>Dieß iſt's, dieß mein Gebrechen, ich weiß, es</l><lb/> <l>laͤhmet ein Fluch mir</l><lb/> <l>Darum die Sehnen, und wirft, wo ich beginne,</l><lb/> <l>mich hin,</l><lb/> <l>Daß ich fuͤhllos ſitze den Tag und ſtumm, wie die</l><lb/> <l>Kinder,</l><lb/> <l>Nur vom Auge mir kalt oͤfters die Thraͤne noch</l><lb/> <l>ſchleicht,</l><lb/> <l>Und die Pflanze des Felds, und der Voͤgel Singen</l><lb/> <l>mich truͤb macht,</l><lb/> <l>Weil mit Freuden auch ſie Boten des Himmli-</l><lb/> <l>ſchen ſind,</l><lb/> <l>Aber mir in ſchaudernder Bruſt die beſeelende Sonne,</l><lb/> <l>Kuͤhl und fruchtlos mir daͤmmert, wie Stralen</l><lb/> <l>der Nacht,</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0139]
Aber das Haus iſt oͤde mir nun, und ſie haben
mein Auge
Mir genommen, auch mich hab' ich verloren mit
ihr.
Darum irr' ich umher und wohl, wie die Schatten,
ſo muß ich
Leben, und ſinnlos duͤnkt lange das Uebrige mir.
6.
Feiern moͤcht' ich, aber wofuͤr? und ſingen mit
Andern,
Aber ſo einſam fehlt jegliches Goͤttliche mir.
Dieß iſt's, dieß mein Gebrechen, ich weiß, es
laͤhmet ein Fluch mir
Darum die Sehnen, und wirft, wo ich beginne,
mich hin,
Daß ich fuͤhllos ſitze den Tag und ſtumm, wie die
Kinder,
Nur vom Auge mir kalt oͤfters die Thraͤne noch
ſchleicht,
Und die Pflanze des Felds, und der Voͤgel Singen
mich truͤb macht,
Weil mit Freuden auch ſie Boten des Himmli-
ſchen ſind,
Aber mir in ſchaudernder Bruſt die beſeelende Sonne,
Kuͤhl und fruchtlos mir daͤmmert, wie Stralen
der Nacht,
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/139>, abgerufen am 16.02.2025. |