Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Am andern Morgen um sieben Uhr sind wir hinausmarschiert zum Fichtenhügel; dazumal aber standen nur ein paar Bäume darauf mit einigem dichten Buschwerk, und vornean war der eine krumme Stamm, den ihr dort noch seht; die andern Bäume waren noch nicht gesäet. Dort traten die Bursche zu ihm, die zum Dienst commandirt waren, und nahmen Abschied von ihm; dann fiel er mir um den Hals und wir sagten uns Adieu. Darauf kniete er auf dem Hügel an der Grube nieder; die Augen wollt' er nicht verbunden haben.

Der Offizier commandirt: Schlagt an! Feu-- Wie er das Wort halb ausgesprochen hat, ist es als ob das Gebüsch dicht hinter dem Rolof wie eine Thür aufspränge,' die Marie fällt draus hervor und auf den Jungen. Ich komm' mit! ruft sie. -- Halt! setzt ab! schreit der Offizier und springt wie rasend vor und schlägt mit dem Degen auf die Gewehre. Aber es war ja schon zu spät! Wie sie auf ihn fiel, hatte sie auch schon ihre Kugel in der Brust,' gerade wie er. Wie das alles möglich gewesen, wie sie vor uns dahin gekommen, wie sie sich so verstecken konnte -- ich weiß es nicht. Aber es ist einmal geschehen, und sie lagen Beide maustodt.

Da schrie es ringsum auf, als ginge die Welt unter. Die Leute weinten und heulten wie die Weiber, mein Capitän riß sich die Haare aus dem Kopfe und war wie wahnsinnig. Ich aber weiß von

Am andern Morgen um sieben Uhr sind wir hinausmarschiert zum Fichtenhügel; dazumal aber standen nur ein paar Bäume darauf mit einigem dichten Buschwerk, und vornean war der eine krumme Stamm, den ihr dort noch seht; die andern Bäume waren noch nicht gesäet. Dort traten die Bursche zu ihm, die zum Dienst commandirt waren, und nahmen Abschied von ihm; dann fiel er mir um den Hals und wir sagten uns Adieu. Darauf kniete er auf dem Hügel an der Grube nieder; die Augen wollt' er nicht verbunden haben.

Der Offizier commandirt: Schlagt an! Feu— Wie er das Wort halb ausgesprochen hat, ist es als ob das Gebüsch dicht hinter dem Rolof wie eine Thür aufspränge,' die Marie fällt draus hervor und auf den Jungen. Ich komm' mit! ruft sie. — Halt! setzt ab! schreit der Offizier und springt wie rasend vor und schlägt mit dem Degen auf die Gewehre. Aber es war ja schon zu spät! Wie sie auf ihn fiel, hatte sie auch schon ihre Kugel in der Brust,' gerade wie er. Wie das alles möglich gewesen, wie sie vor uns dahin gekommen, wie sie sich so verstecken konnte — ich weiß es nicht. Aber es ist einmal geschehen, und sie lagen Beide maustodt.

Da schrie es ringsum auf, als ginge die Welt unter. Die Leute weinten und heulten wie die Weiber, mein Capitän riß sich die Haare aus dem Kopfe und war wie wahnsinnig. Ich aber weiß von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0064"/>
        <p>Am andern Morgen um sieben Uhr sind wir hinausmarschiert zum Fichtenhügel;                     dazumal aber standen nur ein paar Bäume darauf mit einigem dichten Buschwerk,                     und vornean war der eine krumme Stamm, den ihr dort noch seht; die andern Bäume                     waren noch nicht gesäet. Dort traten die Bursche zu ihm, die zum Dienst                     commandirt waren, und nahmen Abschied von ihm; dann fiel er mir um den Hals und                     wir sagten uns Adieu. Darauf kniete er auf dem Hügel an der Grube nieder; die                     Augen wollt' er nicht verbunden haben.</p><lb/>
        <p>Der Offizier commandirt: Schlagt an! Feu&#x2014; Wie er das Wort halb ausgesprochen hat,                     ist es als ob das Gebüsch dicht hinter dem Rolof wie eine Thür aufspränge,' die                     Marie fällt draus hervor und auf den Jungen. Ich komm' mit! ruft sie. &#x2014; Halt!                     setzt ab! schreit der Offizier und springt wie rasend vor und schlägt mit dem                     Degen auf die Gewehre. Aber es war ja schon zu spät! Wie sie auf ihn fiel, hatte                     sie auch schon ihre Kugel in der Brust,' gerade wie er. Wie das alles möglich                     gewesen, wie sie vor uns dahin gekommen, wie sie sich so verstecken konnte &#x2014; ich                     weiß es nicht. Aber es ist einmal geschehen, und sie lagen Beide maustodt.</p><lb/>
        <p>Da schrie es ringsum auf, als ginge die Welt unter. Die Leute weinten und heulten                     wie die Weiber, mein Capitän riß sich die Haare aus dem Kopfe und war wie                     wahnsinnig. Ich aber weiß von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] Am andern Morgen um sieben Uhr sind wir hinausmarschiert zum Fichtenhügel; dazumal aber standen nur ein paar Bäume darauf mit einigem dichten Buschwerk, und vornean war der eine krumme Stamm, den ihr dort noch seht; die andern Bäume waren noch nicht gesäet. Dort traten die Bursche zu ihm, die zum Dienst commandirt waren, und nahmen Abschied von ihm; dann fiel er mir um den Hals und wir sagten uns Adieu. Darauf kniete er auf dem Hügel an der Grube nieder; die Augen wollt' er nicht verbunden haben. Der Offizier commandirt: Schlagt an! Feu— Wie er das Wort halb ausgesprochen hat, ist es als ob das Gebüsch dicht hinter dem Rolof wie eine Thür aufspränge,' die Marie fällt draus hervor und auf den Jungen. Ich komm' mit! ruft sie. — Halt! setzt ab! schreit der Offizier und springt wie rasend vor und schlägt mit dem Degen auf die Gewehre. Aber es war ja schon zu spät! Wie sie auf ihn fiel, hatte sie auch schon ihre Kugel in der Brust,' gerade wie er. Wie das alles möglich gewesen, wie sie vor uns dahin gekommen, wie sie sich so verstecken konnte — ich weiß es nicht. Aber es ist einmal geschehen, und sie lagen Beide maustodt. Da schrie es ringsum auf, als ginge die Welt unter. Die Leute weinten und heulten wie die Weiber, mein Capitän riß sich die Haare aus dem Kopfe und war wie wahnsinnig. Ich aber weiß von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:37:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/64
Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/64>, abgerufen am 28.11.2024.