Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

sind es die alten verwitterten Züge, ohne bedeutende Spuren der unmäßigen Erregung.

Ja, sagte er, ihr schaut mich verblüfft und ungläubig an, aber ich sage euch, die Leute bei mir zu Lande sind von sonderlichem Schlag; wenn Die erst in Gang kommen, aber auch so recht in Gang, da sind es schier keine Menschen mehr, da sind es die leibhaftigen Teufel und führen Dinge aus, bei deren Ahnung schon einem Andern die Haut zu schaudern anfängt. Der Unteroffizier, der es mir berichtete, meinte, er sei in einigen Schlachten gewesen und bei manchem Demele, wo man kaum die Augen habe aufthun mögen vor Stichen und Hieben, allein ein solches Wüthen habe er nie erlebt. Die Kerle seien durch einander gestürzt wie die Halme vor der Sense, und keiner habe gewußt, wo aus noch ein. Zuletzt, nachdem der Kampf schon einige Minuten gedauert, wirft ihm ein Steuerbeamter den Carabiner zwischen die Beine, daß er auf dem blutigen Boden ausgleitet und stürzt. Da hatten sie ihn denn.

Als ich das nun vernahm, wußte ich alsbald, woher der Wind pfiff, und wunderte mich nicht länger, daß sie mir den Eintritt zu ihm untersagten. Seine Desertion, sein wahnsinniger Kampf -- das war Alles nichts: aber daß er dem Offizier, der sich ihm zu erkennen gegeben, Trotz bot und ihn erschoß -- das war der Teufel!

Am nächsten Morgen ging ich wieder nach der

sind es die alten verwitterten Züge, ohne bedeutende Spuren der unmäßigen Erregung.

Ja, sagte er, ihr schaut mich verblüfft und ungläubig an, aber ich sage euch, die Leute bei mir zu Lande sind von sonderlichem Schlag; wenn Die erst in Gang kommen, aber auch so recht in Gang, da sind es schier keine Menschen mehr, da sind es die leibhaftigen Teufel und führen Dinge aus, bei deren Ahnung schon einem Andern die Haut zu schaudern anfängt. Der Unteroffizier, der es mir berichtete, meinte, er sei in einigen Schlachten gewesen und bei manchem Démélé, wo man kaum die Augen habe aufthun mögen vor Stichen und Hieben, allein ein solches Wüthen habe er nie erlebt. Die Kerle seien durch einander gestürzt wie die Halme vor der Sense, und keiner habe gewußt, wo aus noch ein. Zuletzt, nachdem der Kampf schon einige Minuten gedauert, wirft ihm ein Steuerbeamter den Carabiner zwischen die Beine, daß er auf dem blutigen Boden ausgleitet und stürzt. Da hatten sie ihn denn.

Als ich das nun vernahm, wußte ich alsbald, woher der Wind pfiff, und wunderte mich nicht länger, daß sie mir den Eintritt zu ihm untersagten. Seine Desertion, sein wahnsinniger Kampf — das war Alles nichts: aber daß er dem Offizier, der sich ihm zu erkennen gegeben, Trotz bot und ihn erschoß — das war der Teufel!

Am nächsten Morgen ging ich wieder nach der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0055"/>
sind es die alten verwitterten Züge, ohne bedeutende Spuren der unmäßigen                     Erregung.</p><lb/>
        <p>Ja, sagte er, ihr schaut mich verblüfft und ungläubig an, aber ich sage euch, die                     Leute bei mir zu Lande sind von sonderlichem Schlag; wenn Die erst in Gang                     kommen, aber auch so recht in Gang, da sind es schier keine Menschen mehr, da                     sind es die leibhaftigen Teufel und führen Dinge aus, bei deren Ahnung schon                     einem Andern die Haut zu schaudern anfängt. Der Unteroffizier, der es mir                     berichtete, meinte, er sei in einigen Schlachten gewesen und bei manchem Démélé,                     wo man kaum die Augen habe aufthun mögen vor Stichen und Hieben, allein ein                     solches Wüthen habe er nie erlebt. Die Kerle seien durch einander gestürzt wie                     die Halme vor der Sense, und keiner habe gewußt, wo aus noch ein. Zuletzt,                     nachdem der Kampf schon einige Minuten gedauert, wirft ihm ein Steuerbeamter den                     Carabiner zwischen die Beine, daß er auf dem blutigen Boden ausgleitet und                     stürzt. Da hatten sie ihn denn.</p><lb/>
        <p>Als ich das nun vernahm, wußte ich alsbald, woher der Wind pfiff, und wunderte                     mich nicht länger, daß sie mir den Eintritt zu ihm untersagten. Seine Desertion,                     sein wahnsinniger Kampf &#x2014; das war Alles nichts: aber daß er dem Offizier, der                     sich ihm zu erkennen gegeben, Trotz bot und ihn erschoß &#x2014; das war der                     Teufel!</p><lb/>
        <p>Am nächsten Morgen ging ich wieder nach der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0055] sind es die alten verwitterten Züge, ohne bedeutende Spuren der unmäßigen Erregung. Ja, sagte er, ihr schaut mich verblüfft und ungläubig an, aber ich sage euch, die Leute bei mir zu Lande sind von sonderlichem Schlag; wenn Die erst in Gang kommen, aber auch so recht in Gang, da sind es schier keine Menschen mehr, da sind es die leibhaftigen Teufel und führen Dinge aus, bei deren Ahnung schon einem Andern die Haut zu schaudern anfängt. Der Unteroffizier, der es mir berichtete, meinte, er sei in einigen Schlachten gewesen und bei manchem Démélé, wo man kaum die Augen habe aufthun mögen vor Stichen und Hieben, allein ein solches Wüthen habe er nie erlebt. Die Kerle seien durch einander gestürzt wie die Halme vor der Sense, und keiner habe gewußt, wo aus noch ein. Zuletzt, nachdem der Kampf schon einige Minuten gedauert, wirft ihm ein Steuerbeamter den Carabiner zwischen die Beine, daß er auf dem blutigen Boden ausgleitet und stürzt. Da hatten sie ihn denn. Als ich das nun vernahm, wußte ich alsbald, woher der Wind pfiff, und wunderte mich nicht länger, daß sie mir den Eintritt zu ihm untersagten. Seine Desertion, sein wahnsinniger Kampf — das war Alles nichts: aber daß er dem Offizier, der sich ihm zu erkennen gegeben, Trotz bot und ihn erschoß — das war der Teufel! Am nächsten Morgen ging ich wieder nach der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:37:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/55
Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/55>, abgerufen am 25.11.2024.