Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sein, und so faßte ich mir ein Herz und erzählte Alles rundweg von des Rolof Leben und Treiben, von seinem Wesen und seiner Natur, von meiner Liebe zu ihm und meinem Rath, von seiner Tollheit, seinen ingrimmigen Reden. Ich verschwieg kein Sterbenswort von dem, was ich noch wußte, und das war eigentlich das Ganze, weil mein Gedächtniß von jeher gut und firm gewesen. Hier könnte das Lächerlichste nicht schaden, meinte ich, und beim Kampf, den er vor seiner Gefangennahme bestanden, ließ ich keinen Schlag aus, keinen Sprung, nichts. Der Oberst ging immer ganz still im Zimmer auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt, blieb bald vor mir stehen, blitzte mich bald lächelnd an und fragte: Hat er das gesagt, gethan? bald nickte er nur mit dem Kopf, daß der lange Zopf wackelte, und sprach: Das ist entschieden ein Mensch von Seele! ein Mensch von Seele! -- Das hat er wohl an die zehn oder zwölfmal gesagt, und daher erinnere ich mich daran, obgleich ich es nicht recht verstehe und nur für ein rechtes Lob genommen habe. Endlich, da ich fertig war und schwieg, kam er auf mich zu, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Na, wer das so schmuck und fließend erzählt, der denkt wohl am Ende eben so? -- Ich war bis zum Tode erschrocken und stammelte nur: Ew. Gnaden -- -- Na, laß Er's gut sein, Ralow, fuhr er lachend fort, es mißfällt mir nicht. Hör' Er einmal, Sein Neffe ist ein ganzer Kerl und ein charmanter Kopf; sein, und so faßte ich mir ein Herz und erzählte Alles rundweg von des Rolof Leben und Treiben, von seinem Wesen und seiner Natur, von meiner Liebe zu ihm und meinem Rath, von seiner Tollheit, seinen ingrimmigen Reden. Ich verschwieg kein Sterbenswort von dem, was ich noch wußte, und das war eigentlich das Ganze, weil mein Gedächtniß von jeher gut und firm gewesen. Hier könnte das Lächerlichste nicht schaden, meinte ich, und beim Kampf, den er vor seiner Gefangennahme bestanden, ließ ich keinen Schlag aus, keinen Sprung, nichts. Der Oberst ging immer ganz still im Zimmer auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt, blieb bald vor mir stehen, blitzte mich bald lächelnd an und fragte: Hat er das gesagt, gethan? bald nickte er nur mit dem Kopf, daß der lange Zopf wackelte, und sprach: Das ist entschieden ein Mensch von Seele! ein Mensch von Seele! — Das hat er wohl an die zehn oder zwölfmal gesagt, und daher erinnere ich mich daran, obgleich ich es nicht recht verstehe und nur für ein rechtes Lob genommen habe. Endlich, da ich fertig war und schwieg, kam er auf mich zu, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Na, wer das so schmuck und fließend erzählt, der denkt wohl am Ende eben so? — Ich war bis zum Tode erschrocken und stammelte nur: Ew. Gnaden — — Na, laß Er's gut sein, Ralow, fuhr er lachend fort, es mißfällt mir nicht. Hör' Er einmal, Sein Neffe ist ein ganzer Kerl und ein charmanter Kopf; <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0039"/> sein, und so faßte ich mir ein Herz und erzählte Alles rundweg von des Rolof Leben und Treiben, von seinem Wesen und seiner Natur, von meiner Liebe zu ihm und meinem Rath, von seiner Tollheit, seinen ingrimmigen Reden. Ich verschwieg kein Sterbenswort von dem, was ich noch wußte, und das war eigentlich das Ganze, weil mein Gedächtniß von jeher gut und firm gewesen. Hier könnte das Lächerlichste nicht schaden, meinte ich, und beim Kampf, den er vor seiner Gefangennahme bestanden, ließ ich keinen Schlag aus, keinen Sprung, nichts.</p><lb/> <p>Der Oberst ging immer ganz still im Zimmer auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt, blieb bald vor mir stehen, blitzte mich bald lächelnd an und fragte: Hat er das gesagt, gethan? bald nickte er nur mit dem Kopf, daß der lange Zopf wackelte, und sprach: Das ist entschieden ein Mensch von Seele! ein Mensch von Seele! — Das hat er wohl an die zehn oder zwölfmal gesagt, und daher erinnere ich mich daran, obgleich ich es nicht recht verstehe und nur für ein rechtes Lob genommen habe. Endlich, da ich fertig war und schwieg, kam er auf mich zu, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Na, wer das so schmuck und fließend erzählt, der denkt wohl am Ende eben so? — Ich war bis zum Tode erschrocken und stammelte nur: Ew. Gnaden — — Na, laß Er's gut sein, Ralow, fuhr er lachend fort, es mißfällt mir nicht. Hör' Er einmal, Sein Neffe ist ein ganzer Kerl und ein charmanter Kopf;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
sein, und so faßte ich mir ein Herz und erzählte Alles rundweg von des Rolof Leben und Treiben, von seinem Wesen und seiner Natur, von meiner Liebe zu ihm und meinem Rath, von seiner Tollheit, seinen ingrimmigen Reden. Ich verschwieg kein Sterbenswort von dem, was ich noch wußte, und das war eigentlich das Ganze, weil mein Gedächtniß von jeher gut und firm gewesen. Hier könnte das Lächerlichste nicht schaden, meinte ich, und beim Kampf, den er vor seiner Gefangennahme bestanden, ließ ich keinen Schlag aus, keinen Sprung, nichts.
Der Oberst ging immer ganz still im Zimmer auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt, blieb bald vor mir stehen, blitzte mich bald lächelnd an und fragte: Hat er das gesagt, gethan? bald nickte er nur mit dem Kopf, daß der lange Zopf wackelte, und sprach: Das ist entschieden ein Mensch von Seele! ein Mensch von Seele! — Das hat er wohl an die zehn oder zwölfmal gesagt, und daher erinnere ich mich daran, obgleich ich es nicht recht verstehe und nur für ein rechtes Lob genommen habe. Endlich, da ich fertig war und schwieg, kam er auf mich zu, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Na, wer das so schmuck und fließend erzählt, der denkt wohl am Ende eben so? — Ich war bis zum Tode erschrocken und stammelte nur: Ew. Gnaden — — Na, laß Er's gut sein, Ralow, fuhr er lachend fort, es mißfällt mir nicht. Hör' Er einmal, Sein Neffe ist ein ganzer Kerl und ein charmanter Kopf;
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Zitationshilfe: | Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/39>, abgerufen am 16.02.2025. |