Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.heraus. -- Das ist es nicht, Ohm, sagte er und schüttelte den Kopf. Ob ich das Zeug da los werde oder noch trage, ist mir egal. Wo aber die einmal gesessen haben, und sei's nur so lange ein Ruder sich hebt, da thun die Knochen davon weh, bis sie verfault sind, und ich werd' es fühlen, so lange noch ein Gedanke in meinem Kopfe ist. So sprachen wir hin und her, und als ich endlich aufbrach, war das Ende noch immer kein leidliches, geschweige denn ein gutes. Doch mußte ich wohl zufrieden sein, daß ich ihn zu einer gewissen Ruhe gebracht, daß er Speise und Trank nehmen wollte, daß der Unteroffizier der Wache für ihn zu sorgen, ihm für die Nacht ein menschliches Lager zu schaffen versprach. Ich hatte ihm wohl heiter und munter zugesprochen, allein mir selbst war bei Gott ganz anders zu Muth, und wenn ich an unsern Major und seine Rede dachte, war mir grausam bang. Geschehen mußte etwas, selbst von mir armen, geringen Kerl, und ich ging daher zum Capitän. Es war ein humaner Mann, nicht verheirathet, hübsch voll und breit, vor dem Feind ein Löwe, daheim ein guter Esser, noch besserer Trinker, und keiner Menschenseele Feind. Mir war er wohl gewogen, denn ich hatte ihm vor Zeiten einmal das Leben gerettet. Seine Fürsprache galt viel, und er war der Bruder unseres Obersten. Daher war von ihm das Beste zu hoffen. Als ich zu ihm kam, wollte er gerade ausgehen, heraus. — Das ist es nicht, Ohm, sagte er und schüttelte den Kopf. Ob ich das Zeug da los werde oder noch trage, ist mir egal. Wo aber die einmal gesessen haben, und sei's nur so lange ein Ruder sich hebt, da thun die Knochen davon weh, bis sie verfault sind, und ich werd' es fühlen, so lange noch ein Gedanke in meinem Kopfe ist. So sprachen wir hin und her, und als ich endlich aufbrach, war das Ende noch immer kein leidliches, geschweige denn ein gutes. Doch mußte ich wohl zufrieden sein, daß ich ihn zu einer gewissen Ruhe gebracht, daß er Speise und Trank nehmen wollte, daß der Unteroffizier der Wache für ihn zu sorgen, ihm für die Nacht ein menschliches Lager zu schaffen versprach. Ich hatte ihm wohl heiter und munter zugesprochen, allein mir selbst war bei Gott ganz anders zu Muth, und wenn ich an unsern Major und seine Rede dachte, war mir grausam bang. Geschehen mußte etwas, selbst von mir armen, geringen Kerl, und ich ging daher zum Capitän. Es war ein humaner Mann, nicht verheirathet, hübsch voll und breit, vor dem Feind ein Löwe, daheim ein guter Esser, noch besserer Trinker, und keiner Menschenseele Feind. Mir war er wohl gewogen, denn ich hatte ihm vor Zeiten einmal das Leben gerettet. Seine Fürsprache galt viel, und er war der Bruder unseres Obersten. Daher war von ihm das Beste zu hoffen. Als ich zu ihm kam, wollte er gerade ausgehen, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0035"/> heraus. — Das ist es nicht, Ohm, sagte er und schüttelte den Kopf. Ob ich das Zeug da los werde oder noch trage, ist mir egal. Wo aber die einmal gesessen haben, und sei's nur so lange ein Ruder sich hebt, da thun die Knochen davon weh, bis sie verfault sind, und ich werd' es fühlen, so lange noch ein Gedanke in meinem Kopfe ist.</p><lb/> <p>So sprachen wir hin und her, und als ich endlich aufbrach, war das Ende noch immer kein leidliches, geschweige denn ein gutes. Doch mußte ich wohl zufrieden sein, daß ich ihn zu einer gewissen Ruhe gebracht, daß er Speise und Trank nehmen wollte, daß der Unteroffizier der Wache für ihn zu sorgen, ihm für die Nacht ein menschliches Lager zu schaffen versprach. Ich hatte ihm wohl heiter und munter zugesprochen, allein mir selbst war bei Gott ganz anders zu Muth, und wenn ich an unsern Major und seine Rede dachte, war mir grausam bang. Geschehen mußte etwas, selbst von mir armen, geringen Kerl, und ich ging daher zum Capitän. Es war ein humaner Mann, nicht verheirathet, hübsch voll und breit, vor dem Feind ein Löwe, daheim ein guter Esser, noch besserer Trinker, und keiner Menschenseele Feind. Mir war er wohl gewogen, denn ich hatte ihm vor Zeiten einmal das Leben gerettet. Seine Fürsprache galt viel, und er war der Bruder unseres Obersten. Daher war von ihm das Beste zu hoffen.</p><lb/> <p>Als ich zu ihm kam, wollte er gerade ausgehen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
heraus. — Das ist es nicht, Ohm, sagte er und schüttelte den Kopf. Ob ich das Zeug da los werde oder noch trage, ist mir egal. Wo aber die einmal gesessen haben, und sei's nur so lange ein Ruder sich hebt, da thun die Knochen davon weh, bis sie verfault sind, und ich werd' es fühlen, so lange noch ein Gedanke in meinem Kopfe ist.
So sprachen wir hin und her, und als ich endlich aufbrach, war das Ende noch immer kein leidliches, geschweige denn ein gutes. Doch mußte ich wohl zufrieden sein, daß ich ihn zu einer gewissen Ruhe gebracht, daß er Speise und Trank nehmen wollte, daß der Unteroffizier der Wache für ihn zu sorgen, ihm für die Nacht ein menschliches Lager zu schaffen versprach. Ich hatte ihm wohl heiter und munter zugesprochen, allein mir selbst war bei Gott ganz anders zu Muth, und wenn ich an unsern Major und seine Rede dachte, war mir grausam bang. Geschehen mußte etwas, selbst von mir armen, geringen Kerl, und ich ging daher zum Capitän. Es war ein humaner Mann, nicht verheirathet, hübsch voll und breit, vor dem Feind ein Löwe, daheim ein guter Esser, noch besserer Trinker, und keiner Menschenseele Feind. Mir war er wohl gewogen, denn ich hatte ihm vor Zeiten einmal das Leben gerettet. Seine Fürsprache galt viel, und er war der Bruder unseres Obersten. Daher war von ihm das Beste zu hoffen.
Als ich zu ihm kam, wollte er gerade ausgehen,
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Zitationshilfe: | Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/35>, abgerufen am 16.07.2024. |