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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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Wenn die Langeweile durch das Lesen der
Modebücher gehoben werden soll: so trauet
man diesen zu viel und jener zu wenig Kraft
zu; das Uebel wird ärger durch den Gebrauch
falscher Gegenmittel und zwei Uebel geben in
der Summe das Doppelte.

Wer blos liest um sich seinen Nichtge-
schmack an ernsthaften Dingen zu verhehlen,
der verräth einen hohen Grad von Verdorben-
heit, und entbehrt dabei ein Vergnügen, das
der Schöpfer in die Abwechselung der Thätig-
keit mit der Ruhe legte, und das zu den edel-
sten gezählt werden muß; ein Vergnügen das
durch den Genuß und durch die Erinnerung ei-
nen döppelten Werth erhält. Man kann sich
dies Vergnügen auch an der unangenehmsten
Beschäftigung, durch Ausdauren, und durch
die Vorstellung des Nutzens derselben, verschaf-
fen. Kommt noch dazu daß man einer gelieb-
ten Person einen Vortheil dadurch verschaffen,
oder einen Gefallen erzeigen kann: so muß
auch das Unangenehmste ein Vergnügen geben.
Ein Weib liebt gewiß den Mann nicht, wenn
sie nicht durch häusliche Thätigkeit und Ord-
nung ihm das Leben froh macht. Gibt es aber
nicht hundert Familien wo die Bücher die Kö-
pfe der Mutter und der Töchter verwirren und

Wenn die Langeweile durch das Leſen der
Modebuͤcher gehoben werden ſoll: ſo trauet
man dieſen zu viel und jener zu wenig Kraft
zu; das Uebel wird aͤrger durch den Gebrauch
falſcher Gegenmittel und zwei Uebel geben in
der Summe das Doppelte.

Wer blos lieſt um ſich ſeinen Nichtge-
ſchmack an ernſthaften Dingen zu verhehlen,
der verraͤth einen hohen Grad von Verdorben-
heit, und entbehrt dabei ein Vergnuͤgen, das
der Schoͤpfer in die Abwechſelung der Thaͤtig-
keit mit der Ruhe legte, und das zu den edel-
ſten gezaͤhlt werden muß; ein Vergnuͤgen das
durch den Genuß und durch die Erinnerung ei-
nen doͤppelten Werth erhaͤlt. Man kann ſich
dies Vergnuͤgen auch an der unangenehmſten
Beſchaͤftigung, durch Ausdauren, und durch
die Vorſtellung des Nutzens derſelben, verſchaf-
fen. Kommt noch dazu daß man einer gelieb-
ten Perſon einen Vortheil dadurch verſchaffen,
oder einen Gefallen erzeigen kann: ſo muß
auch das Unangenehmſte ein Vergnuͤgen geben.
Ein Weib liebt gewiß den Mann nicht, wenn
ſie nicht durch haͤusliche Thaͤtigkeit und Ord-
nung ihm das Leben froh macht. Gibt es aber
nicht hundert Familien wo die Buͤcher die Koͤ-
pfe der Mutter und der Toͤchter verwirren und

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[85/0085] Wenn die Langeweile durch das Leſen der Modebuͤcher gehoben werden ſoll: ſo trauet man dieſen zu viel und jener zu wenig Kraft zu; das Uebel wird aͤrger durch den Gebrauch falſcher Gegenmittel und zwei Uebel geben in der Summe das Doppelte. Wer blos lieſt um ſich ſeinen Nichtge- ſchmack an ernſthaften Dingen zu verhehlen, der verraͤth einen hohen Grad von Verdorben- heit, und entbehrt dabei ein Vergnuͤgen, das der Schoͤpfer in die Abwechſelung der Thaͤtig- keit mit der Ruhe legte, und das zu den edel- ſten gezaͤhlt werden muß; ein Vergnuͤgen das durch den Genuß und durch die Erinnerung ei- nen doͤppelten Werth erhaͤlt. Man kann ſich dies Vergnuͤgen auch an der unangenehmſten Beſchaͤftigung, durch Ausdauren, und durch die Vorſtellung des Nutzens derſelben, verſchaf- fen. Kommt noch dazu daß man einer gelieb- ten Perſon einen Vortheil dadurch verſchaffen, oder einen Gefallen erzeigen kann: ſo muß auch das Unangenehmſte ein Vergnuͤgen geben. Ein Weib liebt gewiß den Mann nicht, wenn ſie nicht durch haͤusliche Thaͤtigkeit und Ord- nung ihm das Leben froh macht. Gibt es aber nicht hundert Familien wo die Buͤcher die Koͤ- pfe der Mutter und der Toͤchter verwirren und

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/85>, abgerufen am 25.11.2024.