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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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Steigbügel anzufangen; fanden doch einst die
Räuber ihre jungen Nachahmer. Vermuthlich
fehlt es an Pferden und Gezeug.

Hätten diese Rittermähren als Werke der
Kunst einen Werth, dann verdienten sie nicht
so getadelt zu werden, dann wären sie aber
auch nicht so leicht zu fabriziren. Sie so wol,
als der gröste Theil der übrigen Modebücher,
haben nicht einmal durchgängig grammatische
Korrektion, geschweige das, was man edlen
Ausdruck nennt. Die Aesthetik wird sie als un-
ächte Kinder enterben. Das naive im Ausdrucke
sucht man nachzuahmen, und in der That paß-
te es zu dieser Art von Schriften nicht übel;
aber wie fällt diese Naivität der Ritter aus?
der höchste Grad der Simplicität im Ausdrucke
macht das naive, dagegen aber sucht man ei-
ne gewiße Kraftsprache nachzuahmen, die wei-
ter kein Verdienst hat als daß sie bombastisch
klingt. Manches ist wiederum kriechend und
frei von aller Delikatesse der Schreibart. Was
rührend seyn soll, fällt nicht selten in den ent-
gegenstehenden Fehler und ist matt. Es herrscht
also immer das tenue genus dicendi der Alten
darin, das heißt die Schreibart erhebt sich nicht
zu dem Mittelmäßigen.



D 2

Steigbuͤgel anzufangen; fanden doch einſt die
Raͤuber ihre jungen Nachahmer. Vermuthlich
fehlt es an Pferden und Gezeug.

Haͤtten dieſe Rittermaͤhren als Werke der
Kunſt einen Werth, dann verdienten ſie nicht
ſo getadelt zu werden, dann waͤren ſie aber
auch nicht ſo leicht zu fabriziren. Sie ſo wol,
als der groͤſte Theil der uͤbrigen Modebuͤcher,
haben nicht einmal durchgaͤngig grammatiſche
Korrektion, geſchweige das, was man edlen
Ausdruck nennt. Die Aeſthetik wird ſie als un-
aͤchte Kinder enterben. Das naive im Ausdrucke
ſucht man nachzuahmen, und in der That paß-
te es zu dieſer Art von Schriften nicht uͤbel;
aber wie faͤllt dieſe Naivitaͤt der Ritter aus?
der hoͤchſte Grad der Simplicitaͤt im Ausdrucke
macht das naive, dagegen aber ſucht man ei-
ne gewiße Kraftſprache nachzuahmen, die wei-
ter kein Verdienſt hat als daß ſie bombaſtiſch
klingt. Manches iſt wiederum kriechend und
frei von aller Delikateſſe der Schreibart. Was
ruͤhrend ſeyn ſoll, faͤllt nicht ſelten in den ent-
gegenſtehenden Fehler und iſt matt. Es herrſcht
alſo immer das tenue genus dicendi der Alten
darin, das heißt die Schreibart erhebt ſich nicht
zu dem Mittelmaͤßigen.



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[51/0051] Steigbuͤgel anzufangen; fanden doch einſt die Raͤuber ihre jungen Nachahmer. Vermuthlich fehlt es an Pferden und Gezeug. Haͤtten dieſe Rittermaͤhren als Werke der Kunſt einen Werth, dann verdienten ſie nicht ſo getadelt zu werden, dann waͤren ſie aber auch nicht ſo leicht zu fabriziren. Sie ſo wol, als der groͤſte Theil der uͤbrigen Modebuͤcher, haben nicht einmal durchgaͤngig grammatiſche Korrektion, geſchweige das, was man edlen Ausdruck nennt. Die Aeſthetik wird ſie als un- aͤchte Kinder enterben. Das naive im Ausdrucke ſucht man nachzuahmen, und in der That paß- te es zu dieſer Art von Schriften nicht uͤbel; aber wie faͤllt dieſe Naivitaͤt der Ritter aus? der hoͤchſte Grad der Simplicitaͤt im Ausdrucke macht das naive, dagegen aber ſucht man ei- ne gewiße Kraftſprache nachzuahmen, die wei- ter kein Verdienſt hat als daß ſie bombaſtiſch klingt. Manches iſt wiederum kriechend und frei von aller Delikateſſe der Schreibart. Was ruͤhrend ſeyn ſoll, faͤllt nicht ſelten in den ent- gegenſtehenden Fehler und iſt matt. Es herrſcht alſo immer das tenue genus dicendi der Alten darin, das heißt die Schreibart erhebt ſich nicht zu dem Mittelmaͤßigen. D 2

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/51>, abgerufen am 28.11.2024.