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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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wenige Jahre hernach so deutlich gezeigt hat?
kann ich mit eben so weniger Zuverläßigkeit
beantworten, als dies, warum das deutsche
Publikum Geschmack an solchen Possen fand.

Man suchte den Menschen dem Menschen
zu nehmen, und mit Haut und Haar unter die
Geister zu versetzen. Die irdischen Empfin-
dungen schliefen von den geistigen verdunkelt,
und die Entzückten weißagten. Auf Umstim-
mung der Empfindungen kam es also dabei an;
warum läst sie sich aber der Mensch so leicht
umstimmen? Mangel an Selbständigkeit und
Begierde aus sich heraus in einen andern Zu-
stand zu treten, den die Einbildungskraft
entwirst, gehören unter die Ursachen dieser Er-
scheinung.



Der Zusammenhang der Wunder mit der
höhern Einwirkung der Geister ist sehr natür-
lich. Jedes Wunder gehet über menschliche
Kräfte hinaus; Geister sind die ersten, bei wel-
chen wir stehen bleiben. Je unbegreiflicher et-
was ist, desto lieber halten wir uns dabei auf,
und daraus entstehet endlich eine gewiße Ver-
traulichkeit, die man oft selbst da affektirt wo
sie nicht statt finden kann. Eben so leicht ist

wenige Jahre hernach ſo deutlich gezeigt hat?
kann ich mit eben ſo weniger Zuverlaͤßigkeit
beantworten, als dies, warum das deutſche
Publikum Geſchmack an ſolchen Poſſen fand.

Man ſuchte den Menſchen dem Menſchen
zu nehmen, und mit Haut und Haar unter die
Geiſter zu verſetzen. Die irdiſchen Empfin-
dungen ſchliefen von den geiſtigen verdunkelt,
und die Entzuͤckten weißagten. Auf Umſtim-
mung der Empfindungen kam es alſo dabei an;
warum laͤſt ſie ſich aber der Menſch ſo leicht
umſtimmen? Mangel an Selbſtaͤndigkeit und
Begierde aus ſich heraus in einen andern Zu-
ſtand zu treten, den die Einbildungskraft
entwirſt, gehoͤren unter die Urſachen dieſer Er-
ſcheinung.



Der Zuſammenhang der Wunder mit der
hoͤhern Einwirkung der Geiſter iſt ſehr natuͤr-
lich. Jedes Wunder gehet uͤber menſchliche
Kraͤfte hinaus; Geiſter ſind die erſten, bei wel-
chen wir ſtehen bleiben. Je unbegreiflicher et-
was iſt, deſto lieber halten wir uns dabei auf,
und daraus entſtehet endlich eine gewiße Ver-
traulichkeit, die man oft ſelbſt da affektirt wo
ſie nicht ſtatt finden kann. Eben ſo leicht iſt

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[20/0020] wenige Jahre hernach ſo deutlich gezeigt hat? kann ich mit eben ſo weniger Zuverlaͤßigkeit beantworten, als dies, warum das deutſche Publikum Geſchmack an ſolchen Poſſen fand. Man ſuchte den Menſchen dem Menſchen zu nehmen, und mit Haut und Haar unter die Geiſter zu verſetzen. Die irdiſchen Empfin- dungen ſchliefen von den geiſtigen verdunkelt, und die Entzuͤckten weißagten. Auf Umſtim- mung der Empfindungen kam es alſo dabei an; warum laͤſt ſie ſich aber der Menſch ſo leicht umſtimmen? Mangel an Selbſtaͤndigkeit und Begierde aus ſich heraus in einen andern Zu- ſtand zu treten, den die Einbildungskraft entwirſt, gehoͤren unter die Urſachen dieſer Er- ſcheinung. Der Zuſammenhang der Wunder mit der hoͤhern Einwirkung der Geiſter iſt ſehr natuͤr- lich. Jedes Wunder gehet uͤber menſchliche Kraͤfte hinaus; Geiſter ſind die erſten, bei wel- chen wir ſtehen bleiben. Je unbegreiflicher et- was iſt, deſto lieber halten wir uns dabei auf, und daraus entſtehet endlich eine gewiße Ver- traulichkeit, die man oft ſelbſt da affektirt wo ſie nicht ſtatt finden kann. Eben ſo leicht iſt

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/20>, abgerufen am 25.11.2024.