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Hobrecht, James: Die modernen Aufgaben des großstädtischen Straßenbaues mit Rücksicht auf die Unterbringung der Versorgungsnetze. In: Centralblatt der Bauverwaltung 10 (1890), Nr. 36, Sp. 353-356, Sp. 375-376, Nr. 37, Sp. 386-388.

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Centralblatt der Bauverwaltung. 30. August 1890.
[Spaltenumbruch] Raum für zwei eiserne Parallelleitungen nebeneinander von je 40 cm
Durchmesser;
10. elektrische oder pneumatische Leitungen zum Betrieb öffent-
licher Uhren;
11. Druckluft-Leitungen zum Betrieb von Maschinen für Klein-
gewerbe, zum Betrieb von Maschinen für elektrische Beleuchtungen,
zur Ventilation oder Kühlung von Räumen verschiedener Art;
12. Betriebskabelleitungen, meist in gemauerten Canälen für
Kabelbahnen und elektrische Bahnen und unterhalb derselben
usw. usw.

Dabei ist im einzelnen zu beachten,
1. dass vielfach vorgenannte Versorgungen, wie namentlich die-
jenigen mit Gas und Wasser, nicht einheitliche sind, sondern
theils durch die Gemeinden, theils durch Actien-Gesellschaften,
welche auf Grund von Concessionen oft ausgedehnte und lange
dauernde Berechtigungen erworben haben, bewirkt werden, sodass
dann oft mehrere sonst gleichwerthige Gas-, mehrere Wasser-Rohre
in einer Strasse nebeneinanderliegen;
2. dass infolge der zunehmenden Bevölkerung und des gesteigerten
Verkehrs fast alle vorgenannten Leitungen in kürzerer oder längerer
Frist eine Vermehrung oder Vergrösserung erfahren, d. h. also ver-
mehrten Strassenraum beanspruchen, während anderseits
3. der verfügbare Raum in den Strassen, namentlich den Haupt-
strassen, durch Anlage von Strassenbahnen aller Art an sich be-
schränkt wird, und endlich in dem Verlangen, ein gutes, ja ein
bestes Pflaster zu haben, der Strassendamm seiner ganzen Breite
nach eine feste Unterlage erhält; es ergiebt sich dann hieraus, dass,
theils absichtlich, theils gezwungen, nur die Bürgersteige zur
Unterbringung der Versorgungs-Netze verfügbar bleiben;
4. dass, da aus allen den vorgenannten Versorgungs-Netzen Haus-
anschlussleitungen in verschiedenster Höhenlage die Bürgersteige
queren, der dort etwa noch für Längsleitungen verfügbare Raum,
wenn nicht vernichtet, so doch auf ein Minimum eingeschränkt wird;
5. dass die oben erwähnte Verlegenheit sich an den Strassen-
kreuzungen und Strassenecken bis zur grösstmöglichen Höhe
steigert, da dort noch ein besonderer Raum für Wasser- oder Gas-
Schieber, für Revisionsbrunnen der Canalisation, der Beleuchtungs-,
Telephon- und Telegraphen-Kabel usw. vorhanden sein muss.

M. H. Nothstände aus vorgenannten Ursachen hat man wohl
zuerst in der grössten der Grossstädte, in London empfunden; dort
begann man am frühesten mit der Ausführung der Versorgungs-
Netze; dort hat man -- wie es scheint, ohne Ahnung der späteren
Entwicklung der Versorgungsleitungen und der Stadt -- ziemlich
unbeschränkt Concessionen an Actien-Unternehmungen zur Aus-
führung der Versorgungs-Netze und zum Betriebe derselben ertheilt.
Zudem sind die Strassen dort meist eng und unregelmässig. So liess
denn schon eine Zeichnung in einem Blaubuch des englischen Par-
laments aus den fünfziger Jahren, welche das Bild einer abgedeckten
Strasse gab, erkennen, dass dieselbe ihrer ganzen Breite nach mit
eisernen Röhren, ein Rohr unmittelbar neben dem anderen, belegt
war. Die Röhren waren von sehr verschiedenem Durchmesser und
gehörten verschiedenen Versorgungs-Gesellschaften an. So war es
denn auch oft vorgekommen, dass theils aus Unkenntniss, theils viel-
leicht in schlimmerer Absicht die eine Gesellschaft die Röhren einer
anderen Gesellschaft zur Versorgung anliegender Grundstücke ange-
bohrt hatte und fortgesetzt fremden, ihr nicht gehörigen Stoff,
Wasser oder Gas, verkaufte. Aufs störendste wurden ferner die un-
unterbrochenen Aufgrabungen und Pflasteraufbrüche bei Rohrver-
legungen, Rohrveränderungen und Rohr-Ausbesserungen empfunden.
Wie heute überall, erregten sie dort schon vor fast einem halben
Jahrhundert das allgemeinste Aergerniss. So lange sie unvermeidlich
blieben, so lange war an eine Erfüllung der Hoffnung, eine definitive
Strassendecke herzustellen und sie zu erhalten, nicht zu denken; sie
sind es, welche denn auch bald das Bestreben anfachten, Abhülfe-
massregeln zu ergreifen.

Es liegt nahe, und es lag auch vor Jahrzehnten in London schon
nahe, diese Abhülfemassregel darin zu suchen, dass genügend ge-
räumige Tunnel in den Strassen unter dem Pflaster erbaut werden,
in welchen sämtliche Leitungen ihren Platz finden. Wie man damals
diese Tunnel, welche den Namen "Subways" führen, in England
als das Heilmittel ansah, welches alle Schmerzen stillen würde,
so ist diese Ansicht auch bei uns heute vielfach vertreten, und der
deutsche Techniker muss es sich gefallen lassen, oft die vorwurfs-
volle Frage zu hören: warum wird denn nicht endlich, wie in London
oder Paris, mit der Untertunnelung aller Strassen angefangen, um
der nimmer endenden Buddelei -- wie man in Berlin zu sagen be-
liebt -- einen Riegel vorzuschieben? Da also in der Subway-Anlage
in Wirklichkeit oder in Einbildung die Lösung der Frage liegen
soll, sehe ich mich genöthigt, gerade hierauf etwas näher einzugehen,
und nachzuforschen, wieweit obige Behauptung für London und
Paris zutrifft.

[Spaltenumbruch]

Im Jahre 1864 wurde in London eine Gesetzvorlage unter dem
Namen "Metropolitan Subways Bill" vor das Parlament gebracht.
Zwei höchst umfangreiche Blaubücher, das eine aus dem Jahre 1864,
das andere aus dem Jahre 1867, theilen uns in der bekannten Form
von Fragen und Antworten auf 658 Folioseiten die endlosen Ver-
handlungen mit, welche die von dem Parlament zur Voruntersuchung
eingesetzten Commissionen mit den namhaftesten englischen In-
genieuren und den Vertretern der betheiligten Gesellschaften auf-
nahmen. Folgendes aus diesen Verhandlungen dürfte mittheilungs-
werth sein. Zunächst wurde die Zahl der stattgehabten Strassenauf-
brüche festgestellt. Es ergab sich beispielsweise, dass -- abgesehen
von anderen Stadttheilen -- in dem Kirchspiel St. Martin in the
fields das Strassenpflaster im Jahre 1856 1256 mal, in den 7 Jahren
von 1856 bis 1863 10377 mal von den verschiedenen Gas- und
Wassergesellschaften aufgebrochen wurde; in dem Kirchspiel Mary-
lebone haben in den Jahren 1859 bis 1863, also in 5 Jahren 44932
Aufgrabungen stattgefunden usw. Die Zahl der damals von dem
Metropolitan Board of Works schon ausgeführten Subways war eine
geringe, die Länge derselben eine unbedeutende. Zu verzeichnen
sind in London nur ein Subway in Coventgarden, 450 Fuss lang
(Halbkreis, 61/2' Rad.) und ein solcher in Southwark (6' Rad.) in Länge
von 3400 Fuss.

In Nottingham waren ausserdem einzelne Subways durch den
Ingenieur Tarbotton ausgeführt,
so in der Victoria Street in Länge von 430' (10' breit)
in der Queen Street " " " 100' (8' breit)
und in der Lister Street " " " 450' (10' breit).

Diese Subways hatten zum Theil einen befestigten Boden, zum
Theil nicht, wie denn auch Röhren in die Fussböden der Subways
gebettet wurden. Sie sind mit Seitengalerieen in etwa 3' Breite für
je zwei Häuser versehen. Diese Galerieen reichen bis zu den unter
den Bürgersteigen belegenen Kellern. Die Subways sind mit Venti-
lationsschächten in Entfernungen von je 25' bis 100' versehen. In
diesen wenigen Subways lagerten Gas- und Wasserröhren von sehr
geringem Durchmesser (6"), desgleichen Telegraphenleitungen.

Die Frage, welche nun bei den erwähnten Verhandlungen im
Vordergrund steht, ist diejenige, ob die Gefahr der Gasexplosionen
die Aufnahme von Gasröhren in die Subways gestatte oder nicht.

Namhafteste Ingenieure, wie Bazzalgette, Marrable, Carpmeal
Isaacs, Hemans, Tarbotton aus Nottingham, R. Jones -- welcher
jedoch die Ventilationsschächte nicht weiter als 20' von einander
stellen will --, Bramwell, Easton und andere leugnen jede Gefahr,
während Ingenieure, deren Ruf ebenfalls ein bedeutender ist, wie
Simpson, Bateman, der Erbauer der Glasgower Wasserwerke, Hay-
wood, Hawksley und eine grosse Zahl von den bei den Gaswerken
beschäftigten Ingenieuren eine ernstliche Gefahr als mehr oder
minder vorhanden behaupten. Dr. Letheby hält die Gefahr für vor-
handen, Dr. Frankland bestreitet sie. Was die bei den Gaswerken
und zum Theil auch bei den Wasserwerken beschäftigten Ingenieure
anbetrifft, so ist zu bemerken, dass diese überhaupt den Anlagen von
Subways feindlich entgegenstehen, dass aber hierbei, wie auch zu-
gestanden wird, die Besorgniss, dass die Kosten für die Gesellschaften
gewaltig anwachsen würden, mitbestimmend war.

Im einzelnen geht aus diesen Verhandlungen folgendes hervor.

Gasexplosionen sind, wenn auch nicht gerade in den wenigen
Subways, in erschreckend grosser Zahl vorgekommen. Nur der Gas-
ingenieur Innes erwähnt einer Explosion in einem kleinen Subway,
eigentlich nur einer Unterführung, unter dem Ship-Hotel in Greenwich,
welche der Gesellschaft 500 £ kostete; dabei wurde ein Mann ge-
tödtet, ein anderer schwer, ein dritter leichter durch Brandwunden
verletzt; er theilt mit, dass das Gasrohr dann aus diesem Subway,
der 8' hoch, 7' breit war, entfernt wurde.

Der französische Ingenieur Belgrand, der wie fast alle französi-
schen Ingenieure sich gegen die Aufnahme der Gasröhren in die
Subways ausspricht, erwähnt, dass in der Galerie des Martyrs, einer
alten Anlage, ein Gasrohr vorhanden gewesen sei, dass dieses aber
später aus Besorgniss vor Explosionen fortgenommen sei; er erwähnt
ferner der bekannten schweren Explosion an dem Pont d'Austerlitz.
Doch muss ich hierbei bemerken, dass die englischen Ingenieure nach
eigenen Untersuchungen das Zutreffende dieses Falls als eines Be-
weises gegen die Subways entschieden bestreiten. Aber die Ab-
neigung Belgrands gegen Gasleitungen in den Subways ist so gross,
dass er sich die Worte eines seiner untergebenen Ingenieure aneignet:
"the day, upon which these pipes are placed in sewers, I shall not
go into them, without having made my will previously".

Die explosible Mischung des Gases wird, auch wohl nach der
Beschaffenheit des Gases, verschieden angegeben
gleich 1 Theil Gas zu 6 bis 8 Theilen Luft
1 " " " 8 bis 9 " "
1 " " " 6 bis 15 " "
wobei die Mischung 1 : 12 die gefährlichste sein soll. Von anderen

Centralblatt der Bauverwaltung. 30. August 1890.
[Spaltenumbruch] Raum für zwei eiserne Parallelleitungen nebeneinander von je 40 cm
Durchmesser;
10. elektrische oder pneumatische Leitungen zum Betrieb öffent-
licher Uhren;
11. Druckluft-Leitungen zum Betrieb von Maschinen für Klein-
gewerbe, zum Betrieb von Maschinen für elektrische Beleuchtungen,
zur Ventilation oder Kühlung von Räumen verschiedener Art;
12. Betriebskabelleitungen, meist in gemauerten Canälen für
Kabelbahnen und elektrische Bahnen und unterhalb derselben
usw. usw.

Dabei ist im einzelnen zu beachten,
1. daſs vielfach vorgenannte Versorgungen, wie namentlich die-
jenigen mit Gas und Wasser, nicht einheitliche sind, sondern
theils durch die Gemeinden, theils durch Actien-Gesellschaften,
welche auf Grund von Concessionen oft ausgedehnte und lange
dauernde Berechtigungen erworben haben, bewirkt werden, sodaſs
dann oft mehrere sonst gleichwerthige Gas-, mehrere Wasser-Rohre
in einer Straſse nebeneinanderliegen;
2. daſs infolge der zunehmenden Bevölkerung und des gesteigerten
Verkehrs fast alle vorgenannten Leitungen in kürzerer oder längerer
Frist eine Vermehrung oder Vergröſserung erfahren, d. h. also ver-
mehrten Straſsenraum beanspruchen, während anderseits
3. der verfügbare Raum in den Straſsen, namentlich den Haupt-
straſsen, durch Anlage von Straſsenbahnen aller Art an sich be-
schränkt wird, und endlich in dem Verlangen, ein gutes, ja ein
bestes Pflaster zu haben, der Straſsendamm seiner ganzen Breite
nach eine feste Unterlage erhält; es ergiebt sich dann hieraus, daſs,
theils absichtlich, theils gezwungen, nur die Bürgersteige zur
Unterbringung der Versorgungs-Netze verfügbar bleiben;
4. daſs, da aus allen den vorgenannten Versorgungs-Netzen Haus-
anschluſsleitungen in verschiedenster Höhenlage die Bürgersteige
queren, der dort etwa noch für Längsleitungen verfügbare Raum,
wenn nicht vernichtet, so doch auf ein Minimum eingeschränkt wird;
5. daſs die oben erwähnte Verlegenheit sich an den Straſsen-
kreuzungen und Straſsenecken bis zur gröſstmöglichen Höhe
steigert, da dort noch ein besonderer Raum für Wasser- oder Gas-
Schieber, für Revisionsbrunnen der Canalisation, der Beleuchtungs-,
Telephon- und Telegraphen-Kabel usw. vorhanden sein muſs.

M. H. Nothstände aus vorgenannten Ursachen hat man wohl
zuerst in der gröſsten der Groſsstädte, in London empfunden; dort
begann man am frühesten mit der Ausführung der Versorgungs-
Netze; dort hat man — wie es scheint, ohne Ahnung der späteren
Entwicklung der Versorgungsleitungen und der Stadt — ziemlich
unbeschränkt Concessionen an Actien-Unternehmungen zur Aus-
führung der Versorgungs-Netze und zum Betriebe derselben ertheilt.
Zudem sind die Straſsen dort meist eng und unregelmäſsig. So lieſs
denn schon eine Zeichnung in einem Blaubuch des englischen Par-
laments aus den fünfziger Jahren, welche das Bild einer abgedeckten
Straſse gab, erkennen, daſs dieselbe ihrer ganzen Breite nach mit
eisernen Röhren, ein Rohr unmittelbar neben dem anderen, belegt
war. Die Röhren waren von sehr verschiedenem Durchmesser und
gehörten verschiedenen Versorgungs-Gesellschaften an. So war es
denn auch oft vorgekommen, daſs theils aus Unkenntniſs, theils viel-
leicht in schlimmerer Absicht die eine Gesellschaft die Röhren einer
anderen Gesellschaft zur Versorgung anliegender Grundstücke ange-
bohrt hatte und fortgesetzt fremden, ihr nicht gehörigen Stoff,
Wasser oder Gas, verkaufte. Aufs störendste wurden ferner die un-
unterbrochenen Aufgrabungen und Pflasteraufbrüche bei Rohrver-
legungen, Rohrveränderungen und Rohr-Ausbesserungen empfunden.
Wie heute überall, erregten sie dort schon vor fast einem halben
Jahrhundert das allgemeinste Aergerniſs. So lange sie unvermeidlich
blieben, so lange war an eine Erfüllung der Hoffnung, eine definitive
Straſsendecke herzustellen und sie zu erhalten, nicht zu denken; sie
sind es, welche denn auch bald das Bestreben anfachten, Abhülfe-
maſsregeln zu ergreifen.

Es liegt nahe, und es lag auch vor Jahrzehnten in London schon
nahe, diese Abhülfemaſsregel darin zu suchen, daſs genügend ge-
räumige Tunnel in den Straſsen unter dem Pflaster erbaut werden,
in welchen sämtliche Leitungen ihren Platz finden. Wie man damals
diese Tunnel, welche den Namen „Subways“ führen, in England
als das Heilmittel ansah, welches alle Schmerzen stillen würde,
so ist diese Ansicht auch bei uns heute vielfach vertreten, und der
deutsche Techniker muſs es sich gefallen lassen, oft die vorwurfs-
volle Frage zu hören: warum wird denn nicht endlich, wie in London
oder Paris, mit der Untertunnelung aller Straſsen angefangen, um
der nimmer endenden Buddelei — wie man in Berlin zu sagen be-
liebt — einen Riegel vorzuschieben? Da also in der Subway-Anlage
in Wirklichkeit oder in Einbildung die Lösung der Frage liegen
soll, sehe ich mich genöthigt, gerade hierauf etwas näher einzugehen,
und nachzuforschen, wieweit obige Behauptung für London und
Paris zutrifft.

[Spaltenumbruch]

Im Jahre 1864 wurde in London eine Gesetzvorlage unter dem
Namen „Metropolitan Subways Bill“ vor das Parlament gebracht.
Zwei höchst umfangreiche Blaubücher, das eine aus dem Jahre 1864,
das andere aus dem Jahre 1867, theilen uns in der bekannten Form
von Fragen und Antworten auf 658 Folioseiten die endlosen Ver-
handlungen mit, welche die von dem Parlament zur Voruntersuchung
eingesetzten Commissionen mit den namhaftesten englischen In-
genieuren und den Vertretern der betheiligten Gesellschaften auf-
nahmen. Folgendes aus diesen Verhandlungen dürfte mittheilungs-
werth sein. Zunächst wurde die Zahl der stattgehabten Straſsenauf-
brüche festgestellt. Es ergab sich beispielsweise, daſs — abgesehen
von anderen Stadttheilen — in dem Kirchspiel St. Martin in the
fields das Straſsenpflaster im Jahre 1856 1256 mal, in den 7 Jahren
von 1856 bis 1863 10377 mal von den verschiedenen Gas- und
Wassergesellschaften aufgebrochen wurde; in dem Kirchspiel Mary-
lebone haben in den Jahren 1859 bis 1863, also in 5 Jahren 44932
Aufgrabungen stattgefunden usw. Die Zahl der damals von dem
Metropolitan Board of Works schon ausgeführten Subways war eine
geringe, die Länge derselben eine unbedeutende. Zu verzeichnen
sind in London nur ein Subway in Coventgarden, 450 Fuſs lang
(Halbkreis, 6½′ Rad.) und ein solcher in Southwark (6′ Rad.) in Länge
von 3400 Fuſs.

In Nottingham waren auſserdem einzelne Subways durch den
Ingenieur Tarbotton ausgeführt,
so in der Victoria Street in Länge von 430′ (10′ breit)
in der Queen Street „ „ „ 100′ (8′ breit)
und in der Lister Street „ „ „ 450′ (10′ breit).

Diese Subways hatten zum Theil einen befestigten Boden, zum
Theil nicht, wie denn auch Röhren in die Fuſsböden der Subways
gebettet wurden. Sie sind mit Seitengalerieen in etwa 3′ Breite für
je zwei Häuser versehen. Diese Galerieen reichen bis zu den unter
den Bürgersteigen belegenen Kellern. Die Subways sind mit Venti-
lationsschächten in Entfernungen von je 25′ bis 100′ versehen. In
diesen wenigen Subways lagerten Gas- und Wasserröhren von sehr
geringem Durchmesser (6″), desgleichen Telegraphenleitungen.

Die Frage, welche nun bei den erwähnten Verhandlungen im
Vordergrund steht, ist diejenige, ob die Gefahr der Gasexplosionen
die Aufnahme von Gasröhren in die Subways gestatte oder nicht.

Namhafteste Ingenieure, wie Bazzalgette, Marrable, Carpmeal
Isaacs, Hemans, Tarbotton aus Nottingham, R. Jones — welcher
jedoch die Ventilationsschächte nicht weiter als 20′ von einander
stellen will —, Bramwell, Easton und andere leugnen jede Gefahr,
während Ingenieure, deren Ruf ebenfalls ein bedeutender ist, wie
Simpson, Bateman, der Erbauer der Glasgower Wasserwerke, Hay-
wood, Hawksley und eine groſse Zahl von den bei den Gaswerken
beschäftigten Ingenieuren eine ernstliche Gefahr als mehr oder
minder vorhanden behaupten. Dr. Letheby hält die Gefahr für vor-
handen, Dr. Frankland bestreitet sie. Was die bei den Gaswerken
und zum Theil auch bei den Wasserwerken beschäftigten Ingenieure
anbetrifft, so ist zu bemerken, daſs diese überhaupt den Anlagen von
Subways feindlich entgegenstehen, daſs aber hierbei, wie auch zu-
gestanden wird, die Besorgniſs, daſs die Kosten für die Gesellschaften
gewaltig anwachsen würden, mitbestimmend war.

Im einzelnen geht aus diesen Verhandlungen folgendes hervor.

Gasexplosionen sind, wenn auch nicht gerade in den wenigen
Subways, in erschreckend groſser Zahl vorgekommen. Nur der Gas-
ingenieur Innes erwähnt einer Explosion in einem kleinen Subway,
eigentlich nur einer Unterführung, unter dem Ship-Hotel in Greenwich,
welche der Gesellschaft 500 £ kostete; dabei wurde ein Mann ge-
tödtet, ein anderer schwer, ein dritter leichter durch Brandwunden
verletzt; er theilt mit, daſs das Gasrohr dann aus diesem Subway,
der 8′ hoch, 7′ breit war, entfernt wurde.

Der französische Ingenieur Belgrand, der wie fast alle französi-
schen Ingenieure sich gegen die Aufnahme der Gasröhren in die
Subways ausspricht, erwähnt, daſs in der Galerie des Martyrs, einer
alten Anlage, ein Gasrohr vorhanden gewesen sei, daſs dieses aber
später aus Besorgniſs vor Explosionen fortgenommen sei; er erwähnt
ferner der bekannten schweren Explosion an dem Pont d’Austerlitz.
Doch muſs ich hierbei bemerken, daſs die englischen Ingenieure nach
eigenen Untersuchungen das Zutreffende dieses Falls als eines Be-
weises gegen die Subways entschieden bestreiten. Aber die Ab-
neigung Belgrands gegen Gasleitungen in den Subways ist so groſs,
daſs er sich die Worte eines seiner untergebenen Ingenieure aneignet:
„the day, upon which these pipes are placed in sewers, I shall not
go into them, without having made my will previously“.

Die explosible Mischung des Gases wird, auch wohl nach der
Beschaffenheit des Gases, verschieden angegeben
gleich 1 Theil Gas zu 6 bis 8 Theilen Luft
1 „ „ „ 8 bis 9 „ „
1 „ „ „ 6 bis 15 „ „
wobei die Mischung 1 : 12 die gefährlichste sein soll. Von anderen

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[354/0011] Centralblatt der Bauverwaltung. 30. August 1890. Raum für zwei eiserne Parallelleitungen nebeneinander von je 40 cm Durchmesser; 10. elektrische oder pneumatische Leitungen zum Betrieb öffent- licher Uhren; 11. Druckluft-Leitungen zum Betrieb von Maschinen für Klein- gewerbe, zum Betrieb von Maschinen für elektrische Beleuchtungen, zur Ventilation oder Kühlung von Räumen verschiedener Art; 12. Betriebskabelleitungen, meist in gemauerten Canälen für Kabelbahnen und elektrische Bahnen und unterhalb derselben usw. usw. Dabei ist im einzelnen zu beachten, 1. daſs vielfach vorgenannte Versorgungen, wie namentlich die- jenigen mit Gas und Wasser, nicht einheitliche sind, sondern theils durch die Gemeinden, theils durch Actien-Gesellschaften, welche auf Grund von Concessionen oft ausgedehnte und lange dauernde Berechtigungen erworben haben, bewirkt werden, sodaſs dann oft mehrere sonst gleichwerthige Gas-, mehrere Wasser-Rohre in einer Straſse nebeneinanderliegen; 2. daſs infolge der zunehmenden Bevölkerung und des gesteigerten Verkehrs fast alle vorgenannten Leitungen in kürzerer oder längerer Frist eine Vermehrung oder Vergröſserung erfahren, d. h. also ver- mehrten Straſsenraum beanspruchen, während anderseits 3. der verfügbare Raum in den Straſsen, namentlich den Haupt- straſsen, durch Anlage von Straſsenbahnen aller Art an sich be- schränkt wird, und endlich in dem Verlangen, ein gutes, ja ein bestes Pflaster zu haben, der Straſsendamm seiner ganzen Breite nach eine feste Unterlage erhält; es ergiebt sich dann hieraus, daſs, theils absichtlich, theils gezwungen, nur die Bürgersteige zur Unterbringung der Versorgungs-Netze verfügbar bleiben; 4. daſs, da aus allen den vorgenannten Versorgungs-Netzen Haus- anschluſsleitungen in verschiedenster Höhenlage die Bürgersteige queren, der dort etwa noch für Längsleitungen verfügbare Raum, wenn nicht vernichtet, so doch auf ein Minimum eingeschränkt wird; 5. daſs die oben erwähnte Verlegenheit sich an den Straſsen- kreuzungen und Straſsenecken bis zur gröſstmöglichen Höhe steigert, da dort noch ein besonderer Raum für Wasser- oder Gas- Schieber, für Revisionsbrunnen der Canalisation, der Beleuchtungs-, Telephon- und Telegraphen-Kabel usw. vorhanden sein muſs. M. H. Nothstände aus vorgenannten Ursachen hat man wohl zuerst in der gröſsten der Groſsstädte, in London empfunden; dort begann man am frühesten mit der Ausführung der Versorgungs- Netze; dort hat man — wie es scheint, ohne Ahnung der späteren Entwicklung der Versorgungsleitungen und der Stadt — ziemlich unbeschränkt Concessionen an Actien-Unternehmungen zur Aus- führung der Versorgungs-Netze und zum Betriebe derselben ertheilt. Zudem sind die Straſsen dort meist eng und unregelmäſsig. So lieſs denn schon eine Zeichnung in einem Blaubuch des englischen Par- laments aus den fünfziger Jahren, welche das Bild einer abgedeckten Straſse gab, erkennen, daſs dieselbe ihrer ganzen Breite nach mit eisernen Röhren, ein Rohr unmittelbar neben dem anderen, belegt war. Die Röhren waren von sehr verschiedenem Durchmesser und gehörten verschiedenen Versorgungs-Gesellschaften an. So war es denn auch oft vorgekommen, daſs theils aus Unkenntniſs, theils viel- leicht in schlimmerer Absicht die eine Gesellschaft die Röhren einer anderen Gesellschaft zur Versorgung anliegender Grundstücke ange- bohrt hatte und fortgesetzt fremden, ihr nicht gehörigen Stoff, Wasser oder Gas, verkaufte. Aufs störendste wurden ferner die un- unterbrochenen Aufgrabungen und Pflasteraufbrüche bei Rohrver- legungen, Rohrveränderungen und Rohr-Ausbesserungen empfunden. Wie heute überall, erregten sie dort schon vor fast einem halben Jahrhundert das allgemeinste Aergerniſs. So lange sie unvermeidlich blieben, so lange war an eine Erfüllung der Hoffnung, eine definitive Straſsendecke herzustellen und sie zu erhalten, nicht zu denken; sie sind es, welche denn auch bald das Bestreben anfachten, Abhülfe- maſsregeln zu ergreifen. Es liegt nahe, und es lag auch vor Jahrzehnten in London schon nahe, diese Abhülfemaſsregel darin zu suchen, daſs genügend ge- räumige Tunnel in den Straſsen unter dem Pflaster erbaut werden, in welchen sämtliche Leitungen ihren Platz finden. Wie man damals diese Tunnel, welche den Namen „Subways“ führen, in England als das Heilmittel ansah, welches alle Schmerzen stillen würde, so ist diese Ansicht auch bei uns heute vielfach vertreten, und der deutsche Techniker muſs es sich gefallen lassen, oft die vorwurfs- volle Frage zu hören: warum wird denn nicht endlich, wie in London oder Paris, mit der Untertunnelung aller Straſsen angefangen, um der nimmer endenden Buddelei — wie man in Berlin zu sagen be- liebt — einen Riegel vorzuschieben? Da also in der Subway-Anlage in Wirklichkeit oder in Einbildung die Lösung der Frage liegen soll, sehe ich mich genöthigt, gerade hierauf etwas näher einzugehen, und nachzuforschen, wieweit obige Behauptung für London und Paris zutrifft. Im Jahre 1864 wurde in London eine Gesetzvorlage unter dem Namen „Metropolitan Subways Bill“ vor das Parlament gebracht. Zwei höchst umfangreiche Blaubücher, das eine aus dem Jahre 1864, das andere aus dem Jahre 1867, theilen uns in der bekannten Form von Fragen und Antworten auf 658 Folioseiten die endlosen Ver- handlungen mit, welche die von dem Parlament zur Voruntersuchung eingesetzten Commissionen mit den namhaftesten englischen In- genieuren und den Vertretern der betheiligten Gesellschaften auf- nahmen. Folgendes aus diesen Verhandlungen dürfte mittheilungs- werth sein. Zunächst wurde die Zahl der stattgehabten Straſsenauf- brüche festgestellt. Es ergab sich beispielsweise, daſs — abgesehen von anderen Stadttheilen — in dem Kirchspiel St. Martin in the fields das Straſsenpflaster im Jahre 1856 1256 mal, in den 7 Jahren von 1856 bis 1863 10377 mal von den verschiedenen Gas- und Wassergesellschaften aufgebrochen wurde; in dem Kirchspiel Mary- lebone haben in den Jahren 1859 bis 1863, also in 5 Jahren 44932 Aufgrabungen stattgefunden usw. Die Zahl der damals von dem Metropolitan Board of Works schon ausgeführten Subways war eine geringe, die Länge derselben eine unbedeutende. Zu verzeichnen sind in London nur ein Subway in Coventgarden, 450 Fuſs lang (Halbkreis, 6½′ Rad.) und ein solcher in Southwark (6′ Rad.) in Länge von 3400 Fuſs. In Nottingham waren auſserdem einzelne Subways durch den Ingenieur Tarbotton ausgeführt, so in der Victoria Street in Länge von 430′ (10′ breit) in der Queen Street „ „ „ 100′ (8′ breit) und in der Lister Street „ „ „ 450′ (10′ breit). Diese Subways hatten zum Theil einen befestigten Boden, zum Theil nicht, wie denn auch Röhren in die Fuſsböden der Subways gebettet wurden. Sie sind mit Seitengalerieen in etwa 3′ Breite für je zwei Häuser versehen. Diese Galerieen reichen bis zu den unter den Bürgersteigen belegenen Kellern. Die Subways sind mit Venti- lationsschächten in Entfernungen von je 25′ bis 100′ versehen. In diesen wenigen Subways lagerten Gas- und Wasserröhren von sehr geringem Durchmesser (6″), desgleichen Telegraphenleitungen. Die Frage, welche nun bei den erwähnten Verhandlungen im Vordergrund steht, ist diejenige, ob die Gefahr der Gasexplosionen die Aufnahme von Gasröhren in die Subways gestatte oder nicht. Namhafteste Ingenieure, wie Bazzalgette, Marrable, Carpmeal Isaacs, Hemans, Tarbotton aus Nottingham, R. Jones — welcher jedoch die Ventilationsschächte nicht weiter als 20′ von einander stellen will —, Bramwell, Easton und andere leugnen jede Gefahr, während Ingenieure, deren Ruf ebenfalls ein bedeutender ist, wie Simpson, Bateman, der Erbauer der Glasgower Wasserwerke, Hay- wood, Hawksley und eine groſse Zahl von den bei den Gaswerken beschäftigten Ingenieuren eine ernstliche Gefahr als mehr oder minder vorhanden behaupten. Dr. Letheby hält die Gefahr für vor- handen, Dr. Frankland bestreitet sie. Was die bei den Gaswerken und zum Theil auch bei den Wasserwerken beschäftigten Ingenieure anbetrifft, so ist zu bemerken, daſs diese überhaupt den Anlagen von Subways feindlich entgegenstehen, daſs aber hierbei, wie auch zu- gestanden wird, die Besorgniſs, daſs die Kosten für die Gesellschaften gewaltig anwachsen würden, mitbestimmend war. Im einzelnen geht aus diesen Verhandlungen folgendes hervor. Gasexplosionen sind, wenn auch nicht gerade in den wenigen Subways, in erschreckend groſser Zahl vorgekommen. Nur der Gas- ingenieur Innes erwähnt einer Explosion in einem kleinen Subway, eigentlich nur einer Unterführung, unter dem Ship-Hotel in Greenwich, welche der Gesellschaft 500 £ kostete; dabei wurde ein Mann ge- tödtet, ein anderer schwer, ein dritter leichter durch Brandwunden verletzt; er theilt mit, daſs das Gasrohr dann aus diesem Subway, der 8′ hoch, 7′ breit war, entfernt wurde. Der französische Ingenieur Belgrand, der wie fast alle französi- schen Ingenieure sich gegen die Aufnahme der Gasröhren in die Subways ausspricht, erwähnt, daſs in der Galerie des Martyrs, einer alten Anlage, ein Gasrohr vorhanden gewesen sei, daſs dieses aber später aus Besorgniſs vor Explosionen fortgenommen sei; er erwähnt ferner der bekannten schweren Explosion an dem Pont d’Austerlitz. Doch muſs ich hierbei bemerken, daſs die englischen Ingenieure nach eigenen Untersuchungen das Zutreffende dieses Falls als eines Be- weises gegen die Subways entschieden bestreiten. Aber die Ab- neigung Belgrands gegen Gasleitungen in den Subways ist so groſs, daſs er sich die Worte eines seiner untergebenen Ingenieure aneignet: „the day, upon which these pipes are placed in sewers, I shall not go into them, without having made my will previously“. Die explosible Mischung des Gases wird, auch wohl nach der Beschaffenheit des Gases, verschieden angegeben gleich 1 Theil Gas zu 6 bis 8 Theilen Luft 1 „ „ „ 8 bis 9 „ „ 1 „ „ „ 6 bis 15 „ „ wobei die Mischung 1 : 12 die gefährlichste sein soll. Von anderen

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Zitationshilfe: Hobrecht, James: Die modernen Aufgaben des großstädtischen Straßenbaues mit Rücksicht auf die Unterbringung der Versorgungsnetze. In: Centralblatt der Bauverwaltung 10 (1890), Nr. 36, Sp. 353-356, Sp. 375-376, Nr. 37, Sp. 386-388, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_strassenbau_1890/11>, abgerufen am 22.11.2024.