Cobenzels Hof bey Wien ist ein Garten von der romantischen Gattung, den der Vicekanzler, Herr Graf von Cobenzel in einer schmalen und wilden, von hohen Bergen umgebenen Schlust, 1778 mit wenigen Verbesserungen ausgebildet hat. Die Beschreibung, die Herr Nicolai davon giebt *), ist so schön, und stellt eine so reizende Anlage dar, daß ich verführt werde, sie hier wieder zu geben, zumal da ro- mantische Gärten doch immer zu den seltenen gehören.
"Das Haus ist nur sehr klein, sagt er, aber niedlich. Es liegt auf einer klei- nen Anhöhe, zwischen hohen bewachsenen Bergen, in einer angenehmen Wildniß. Nahe an demselben geht man zuerst auf verschiedenen Wegen, die rund um die Anhöhe, worauf das Haus stehet, laufen, wo bey jeder Wendung Bänke zum Ausruhen sind, nach und nach ins Thal hinunter. Man geht alsdann links über einen Steg, und so wieder nach und nach bergan durch den wilden Wald hindurch. Man kommt alsdann rechts wieder fanst herab, neben einem klaren Bache, in welchen in kleinen Entfernun- gen glatte Steine gelegt sind, damit er rieselnd herunter falle. Endlich erblickt man einen hohen grün bewachsenen Hügel. Oben auf demselben liegt ein Hund in einem Häuschen, der aber die Wanderer ohne Bellen weiter gehen läßt. Auch geht der Weg nicht den Hügel hinau, sondern man geht tiefer herunter zu einem dunkeln Eingange, der sich etwas windet, und noch dunkler wird. Mit einem mal fällt von oben Licht hinein, und man befindet sich in einer ziemlich hohen gewölbten Grotte, welche aus rohen Sandsteinen so zufammen gebauet ist, als ob sie aus dem Felfen gehauen wäre. In derselben ist eine lebendige, beständig sprudelnde Quelle, welche ein ziemliches Be- cken voll sehr klaren Wassers macht. Daran sind steinerne Stufen angebracht, so daß man, so tief man will, zum Baden hineinsteigen kann. Neben der Quelle stellt ein breiter Stein einen Tisch vor. Auf demselben lag eine Stelle, aus Wielands Oberon, Alfons überschrieben, auf einem Bogen besonders abgedruckt. -- Nach- dem wir uns in dieser angenehmen Grotte eine Zeitlang verweilt, und besonders in diesem reizenden Aufenthalte die schöne Stelle aus dem Oberon, die wir so unver- muthet und zu so gelegener Zeit fanden, nicht ungelefen gelassen hatten; giengen wir weiter, und kamen an einen kleinen Wasserbehälter, in welchem eine lebendige Quelle aus einem Steine springt. Wir giengen nun herunter, und fanden noch zwey kleine Wasserbehälter, welche Kaskaden machten. Von da stiegen wir wieder einige stei- nerne Staffeln hinauf, und kamen in einen dunkeln Weg, der am Berge herum und neben einem Eiskeller vorbeyführte. Und nun, indem wir noch etwas hinauf stiegen, und uns wendeten, waren wir mit einem mal aus der dunkeln einsamen Gegend heraus, und befanden uns in einem Thale, rund herum mit Bergen umkränzt, welche dicht
mit
*) Reisen, 3ter Th. S. 116--118.
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Cobenzels Hof bey Wien iſt ein Garten von der romantiſchen Gattung, den der Vicekanzler, Herr Graf von Cobenzel in einer ſchmalen und wilden, von hohen Bergen umgebenen Schluſt, 1778 mit wenigen Verbeſſerungen ausgebildet hat. Die Beſchreibung, die Herr Nicolai davon giebt *), iſt ſo ſchoͤn, und ſtellt eine ſo reizende Anlage dar, daß ich verfuͤhrt werde, ſie hier wieder zu geben, zumal da ro- mantiſche Gaͤrten doch immer zu den ſeltenen gehoͤren.
„Das Haus iſt nur ſehr klein, ſagt er, aber niedlich. Es liegt auf einer klei- nen Anhoͤhe, zwiſchen hohen bewachſenen Bergen, in einer angenehmen Wildniß. Nahe an demſelben geht man zuerſt auf verſchiedenen Wegen, die rund um die Anhoͤhe, worauf das Haus ſtehet, laufen, wo bey jeder Wendung Baͤnke zum Ausruhen ſind, nach und nach ins Thal hinunter. Man geht alsdann links uͤber einen Steg, und ſo wieder nach und nach bergan durch den wilden Wald hindurch. Man kommt alsdann rechts wieder fanſt herab, neben einem klaren Bache, in welchen in kleinen Entfernun- gen glatte Steine gelegt ſind, damit er rieſelnd herunter falle. Endlich erblickt man einen hohen gruͤn bewachſenen Huͤgel. Oben auf demſelben liegt ein Hund in einem Haͤuschen, der aber die Wanderer ohne Bellen weiter gehen laͤßt. Auch geht der Weg nicht den Huͤgel hinau, ſondern man geht tiefer herunter zu einem dunkeln Eingange, der ſich etwas windet, und noch dunkler wird. Mit einem mal faͤllt von oben Licht hinein, und man befindet ſich in einer ziemlich hohen gewoͤlbten Grotte, welche aus rohen Sandſteinen ſo zufammen gebauet iſt, als ob ſie aus dem Felfen gehauen waͤre. In derſelben iſt eine lebendige, beſtaͤndig ſprudelnde Quelle, welche ein ziemliches Be- cken voll ſehr klaren Waſſers macht. Daran ſind ſteinerne Stufen angebracht, ſo daß man, ſo tief man will, zum Baden hineinſteigen kann. Neben der Quelle ſtellt ein breiter Stein einen Tiſch vor. Auf demſelben lag eine Stelle, aus Wielands Oberon, Alfons uͤberſchrieben, auf einem Bogen beſonders abgedruckt. — Nach- dem wir uns in dieſer angenehmen Grotte eine Zeitlang verweilt, und beſonders in dieſem reizenden Aufenthalte die ſchoͤne Stelle aus dem Oberon, die wir ſo unver- muthet und zu ſo gelegener Zeit fanden, nicht ungelefen gelaſſen hatten; giengen wir weiter, und kamen an einen kleinen Waſſerbehaͤlter, in welchem eine lebendige Quelle aus einem Steine ſpringt. Wir giengen nun herunter, und fanden noch zwey kleine Waſſerbehaͤlter, welche Kaskaden machten. Von da ſtiegen wir wieder einige ſtei- nerne Staffeln hinauf, und kamen in einen dunkeln Weg, der am Berge herum und neben einem Eiskeller vorbeyfuͤhrte. Und nun, indem wir noch etwas hinauf ſtiegen, und uns wendeten, waren wir mit einem mal aus der dunkeln einſamen Gegend heraus, und befanden uns in einem Thale, rund herum mit Bergen umkraͤnzt, welche dicht
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*) Reiſen, 3ter Th. S. 116—118.
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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Cobenzels Hof bey Wien iſt ein Garten von der romantiſchen Gattung, den
der Vicekanzler, Herr Graf von Cobenzel in einer ſchmalen und wilden, von hohen
Bergen umgebenen Schluſt, 1778 mit wenigen Verbeſſerungen ausgebildet hat.
Die Beſchreibung, die Herr Nicolai davon giebt *), iſt ſo ſchoͤn, und ſtellt eine ſo
reizende Anlage dar, daß ich verfuͤhrt werde, ſie hier wieder zu geben, zumal da ro-
mantiſche Gaͤrten doch immer zu den ſeltenen gehoͤren.
„Das Haus iſt nur ſehr klein, ſagt er, aber niedlich. Es liegt auf einer klei-
nen Anhoͤhe, zwiſchen hohen bewachſenen Bergen, in einer angenehmen Wildniß.
Nahe an demſelben geht man zuerſt auf verſchiedenen Wegen, die rund um die Anhoͤhe,
worauf das Haus ſtehet, laufen, wo bey jeder Wendung Baͤnke zum Ausruhen ſind,
nach und nach ins Thal hinunter. Man geht alsdann links uͤber einen Steg, und ſo
wieder nach und nach bergan durch den wilden Wald hindurch. Man kommt alsdann
rechts wieder fanſt herab, neben einem klaren Bache, in welchen in kleinen Entfernun-
gen glatte Steine gelegt ſind, damit er rieſelnd herunter falle. Endlich erblickt man
einen hohen gruͤn bewachſenen Huͤgel. Oben auf demſelben liegt ein Hund in einem
Haͤuschen, der aber die Wanderer ohne Bellen weiter gehen laͤßt. Auch geht der Weg
nicht den Huͤgel hinau, ſondern man geht tiefer herunter zu einem dunkeln Eingange,
der ſich etwas windet, und noch dunkler wird. Mit einem mal faͤllt von oben Licht
hinein, und man befindet ſich in einer ziemlich hohen gewoͤlbten Grotte, welche aus
rohen Sandſteinen ſo zufammen gebauet iſt, als ob ſie aus dem Felfen gehauen waͤre.
In derſelben iſt eine lebendige, beſtaͤndig ſprudelnde Quelle, welche ein ziemliches Be-
cken voll ſehr klaren Waſſers macht. Daran ſind ſteinerne Stufen angebracht, ſo
daß man, ſo tief man will, zum Baden hineinſteigen kann. Neben der Quelle ſtellt
ein breiter Stein einen Tiſch vor. Auf demſelben lag eine Stelle, aus Wielands
Oberon, Alfons uͤberſchrieben, auf einem Bogen beſonders abgedruckt. — Nach-
dem wir uns in dieſer angenehmen Grotte eine Zeitlang verweilt, und beſonders in
dieſem reizenden Aufenthalte die ſchoͤne Stelle aus dem Oberon, die wir ſo unver-
muthet und zu ſo gelegener Zeit fanden, nicht ungelefen gelaſſen hatten; giengen wir
weiter, und kamen an einen kleinen Waſſerbehaͤlter, in welchem eine lebendige Quelle
aus einem Steine ſpringt. Wir giengen nun herunter, und fanden noch zwey kleine
Waſſerbehaͤlter, welche Kaskaden machten. Von da ſtiegen wir wieder einige ſtei-
nerne Staffeln hinauf, und kamen in einen dunkeln Weg, der am Berge herum und
neben einem Eiskeller vorbeyfuͤhrte. Und nun, indem wir noch etwas hinauf ſtiegen,
und uns wendeten, waren wir mit einem mal aus der dunkeln einſamen Gegend heraus,
und befanden uns in einem Thale, rund herum mit Bergen umkraͤnzt, welche dicht
mit
*) Reiſen, 3ter Th. S. 116—118.
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/370>, abgerufen am 19.07.2024.
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