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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
18.

Die Gärten in Oesterreich fangen ebenfalls an, sich aus der alten Symme-
trie zu dem reinen Geschmack der Natur emporzuheben. Zwar liegt der Garten bey
dem berühmten kaiserlichen Lustschloß Schönbrunn, den Herr Nicolai *) mit dem
Gebäude genau und lehrreich beschreibt, mit seinen Fächerbäumen und Heckenwänden
noch in unnatürlichen Quadratformen.

Indessen läßt jetzt der Kaiser zu Laxenburg einen neuen schönen Garten, der
vor einigen Jahren angefangen ist, in einem edlen Geschmack anlegen. Ein großer,
mit Farben erleuchteter Plan **), der die Erweiterungen von 1782 und 1783 ent-
hält, zeigt schon vortreffliche Stellen in diesen Anlagen. Das Wasser verbreitet sich
in schönen Wendungen, und die weit ausgedehnten Rasen machen mit den großen
Gruppen und Pflanzungen, die auf ihnen in abwechselnden Gestalten erscheinen, einen
ergötzenden Anblick. Ohne Zweifel werden sich diese Anlagen mehr erweitern und
ausbilden, wenn der Monarch zu den sanften Geschäften des Friedens ganz wieder
zurückkehren kann.

Der neue Garten, den der Feldmarschall, Graf Lascy, zu Neuwaldeck in
einer vormals wilden Gegend anlegen lassen, ist nicht weniger durch seinen Besitzer,
als durch die vielen Schönheiten der Natur und des Geschmacks berühmt, die sich in
ihm verbreiten. Die bergigte Lage giebt ihm die Annehmlichkeiten der Wasserfälle und
weiter, herrlicher Aussichten. Eine schöne Beschreibung hat Herr Nicolai davon ge-
geben ***), die hier nicht wiederholt werden darf, da sie in den Händen aller Leute
von Geschmack ist. Indessen erscheinen doch in diesem Garten, worinn die waldigten
Höhen, die Wildbahnen und Rasen sich so trefflich auszeichnen, einige Stellen, die
der Kenner wegwünscht, z. B. symmetrische Hecken mit einer Wasserkunst in der Mitte,
Baumpflanzungen nach der Schnur, französische Parterre, Rousseau's Grab,
das man hier nicht sucht. Der Tempel der Diana schickt sich dagegen sehr gut zu
Waldbergen voll Wild, und die Statue des ruhenden Mars, so wenig auch sonst
dieser Gott in Gärten gehört, wird hier anständig, da sie auf die holde Ruhe des Frie-
dens winkt, die ein großer Held an diesem Orte unter den ländlichen Schatten genießt.

Cobenzels
*) Reise durch Deutschland. 3ter B.
S. 85--94.
**) Er wird nicht verkauft, sondern
verschenkt.
***) Reisen durch Deutschland. 3ter B.
S. 104--115. Außer den auch von Herrn
[Spaltenumbruch] Nicolai angeführten 4 Blättern, die 1782
erschienen, und Aussichten von Reuwal-
deck vorstellen, geht noch von eben dem
Jahr ein Grundriß dieses Gartens aus
von Mansfeld gestochen.
V Band. Z z
Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
18.

Die Gaͤrten in Oeſterreich fangen ebenfalls an, ſich aus der alten Symme-
trie zu dem reinen Geſchmack der Natur emporzuheben. Zwar liegt der Garten bey
dem beruͤhmten kaiſerlichen Luſtſchloß Schoͤnbrunn, den Herr Nicolai *) mit dem
Gebaͤude genau und lehrreich beſchreibt, mit ſeinen Faͤcherbaͤumen und Heckenwaͤnden
noch in unnatuͤrlichen Quadratformen.

Indeſſen laͤßt jetzt der Kaiſer zu Laxenburg einen neuen ſchoͤnen Garten, der
vor einigen Jahren angefangen iſt, in einem edlen Geſchmack anlegen. Ein großer,
mit Farben erleuchteter Plan **), der die Erweiterungen von 1782 und 1783 ent-
haͤlt, zeigt ſchon vortreffliche Stellen in dieſen Anlagen. Das Waſſer verbreitet ſich
in ſchoͤnen Wendungen, und die weit ausgedehnten Raſen machen mit den großen
Gruppen und Pflanzungen, die auf ihnen in abwechſelnden Geſtalten erſcheinen, einen
ergoͤtzenden Anblick. Ohne Zweifel werden ſich dieſe Anlagen mehr erweitern und
ausbilden, wenn der Monarch zu den ſanften Geſchaͤften des Friedens ganz wieder
zuruͤckkehren kann.

Der neue Garten, den der Feldmarſchall, Graf Laſcy, zu Neuwaldeck in
einer vormals wilden Gegend anlegen laſſen, iſt nicht weniger durch ſeinen Beſitzer,
als durch die vielen Schoͤnheiten der Natur und des Geſchmacks beruͤhmt, die ſich in
ihm verbreiten. Die bergigte Lage giebt ihm die Annehmlichkeiten der Waſſerfaͤlle und
weiter, herrlicher Ausſichten. Eine ſchoͤne Beſchreibung hat Herr Nicolai davon ge-
geben ***), die hier nicht wiederholt werden darf, da ſie in den Haͤnden aller Leute
von Geſchmack iſt. Indeſſen erſcheinen doch in dieſem Garten, worinn die waldigten
Hoͤhen, die Wildbahnen und Raſen ſich ſo trefflich auszeichnen, einige Stellen, die
der Kenner wegwuͤnſcht, z. B. ſymmetriſche Hecken mit einer Waſſerkunſt in der Mitte,
Baumpflanzungen nach der Schnur, franzoͤſiſche Parterre, Rouſſeau’s Grab,
das man hier nicht ſucht. Der Tempel der Diana ſchickt ſich dagegen ſehr gut zu
Waldbergen voll Wild, und die Statue des ruhenden Mars, ſo wenig auch ſonſt
dieſer Gott in Gaͤrten gehoͤrt, wird hier anſtaͤndig, da ſie auf die holde Ruhe des Frie-
dens winkt, die ein großer Held an dieſem Orte unter den laͤndlichen Schatten genießt.

Cobenzels
*) Reiſe durch Deutſchland. 3ter B.
S. 85—94.
**) Er wird nicht verkauft, ſondern
verſchenkt.
***) Reiſen durch Deutſchland. 3ter B.
S. 104—115. Außer den auch von Herrn
[Spaltenumbruch] Nicolai angefuͤhrten 4 Blaͤttern, die 1782
erſchienen, und Ausſichten von Reuwal-
deck vorſtellen, geht noch von eben dem
Jahr ein Grundriß dieſes Gartens aus
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V Band. Z z
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[361/0369] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. 18. Die Gaͤrten in Oeſterreich fangen ebenfalls an, ſich aus der alten Symme- trie zu dem reinen Geſchmack der Natur emporzuheben. Zwar liegt der Garten bey dem beruͤhmten kaiſerlichen Luſtſchloß Schoͤnbrunn, den Herr Nicolai *) mit dem Gebaͤude genau und lehrreich beſchreibt, mit ſeinen Faͤcherbaͤumen und Heckenwaͤnden noch in unnatuͤrlichen Quadratformen. Indeſſen laͤßt jetzt der Kaiſer zu Laxenburg einen neuen ſchoͤnen Garten, der vor einigen Jahren angefangen iſt, in einem edlen Geſchmack anlegen. Ein großer, mit Farben erleuchteter Plan **), der die Erweiterungen von 1782 und 1783 ent- haͤlt, zeigt ſchon vortreffliche Stellen in dieſen Anlagen. Das Waſſer verbreitet ſich in ſchoͤnen Wendungen, und die weit ausgedehnten Raſen machen mit den großen Gruppen und Pflanzungen, die auf ihnen in abwechſelnden Geſtalten erſcheinen, einen ergoͤtzenden Anblick. Ohne Zweifel werden ſich dieſe Anlagen mehr erweitern und ausbilden, wenn der Monarch zu den ſanften Geſchaͤften des Friedens ganz wieder zuruͤckkehren kann. Der neue Garten, den der Feldmarſchall, Graf Laſcy, zu Neuwaldeck in einer vormals wilden Gegend anlegen laſſen, iſt nicht weniger durch ſeinen Beſitzer, als durch die vielen Schoͤnheiten der Natur und des Geſchmacks beruͤhmt, die ſich in ihm verbreiten. Die bergigte Lage giebt ihm die Annehmlichkeiten der Waſſerfaͤlle und weiter, herrlicher Ausſichten. Eine ſchoͤne Beſchreibung hat Herr Nicolai davon ge- geben ***), die hier nicht wiederholt werden darf, da ſie in den Haͤnden aller Leute von Geſchmack iſt. Indeſſen erſcheinen doch in dieſem Garten, worinn die waldigten Hoͤhen, die Wildbahnen und Raſen ſich ſo trefflich auszeichnen, einige Stellen, die der Kenner wegwuͤnſcht, z. B. ſymmetriſche Hecken mit einer Waſſerkunſt in der Mitte, Baumpflanzungen nach der Schnur, franzoͤſiſche Parterre, Rouſſeau’s Grab, das man hier nicht ſucht. Der Tempel der Diana ſchickt ſich dagegen ſehr gut zu Waldbergen voll Wild, und die Statue des ruhenden Mars, ſo wenig auch ſonſt dieſer Gott in Gaͤrten gehoͤrt, wird hier anſtaͤndig, da ſie auf die holde Ruhe des Frie- dens winkt, die ein großer Held an dieſem Orte unter den laͤndlichen Schatten genießt. Cobenzels *) Reiſe durch Deutſchland. 3ter B. S. 85—94. **) Er wird nicht verkauft, ſondern verſchenkt. ***) Reiſen durch Deutſchland. 3ter B. S. 104—115. Außer den auch von Herrn Nicolai angefuͤhrten 4 Blaͤttern, die 1782 erſchienen, und Ausſichten von Reuwal- deck vorſtellen, geht noch von eben dem Jahr ein Grundriß dieſes Gartens aus von Mansfeld geſtochen. V Band. Z z

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/369>, abgerufen am 22.11.2024.