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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
ein Monument des Koͤnigs Seſoſtris neu aufgefuͤhrt wird. Das Monument koͤnnte
nun wohl zur Taͤuſchung nichts anders ſeyn, als einige von der Zeit faſt ganz auf-
geriebene Ruinen. Allein hier iſt alles neu, vollſtaͤndig und geſchmuͤckt; die Zeit
hat nichts veraͤndert. In den Gewoͤlben des Berges kommen Begraͤbniſſe und Mu-
mien zu ſtehen, und die Todten ſoll, wie man ſagt, Charon dahin bringen. Um
den Berg wird der See Moͤris gegraben. — Wie war es moͤglich, auf eine ſolche
Idee zu fallen? Welches Intereſſe, welche Eindruͤcke kann ſie haben? Iſt es nicht
geſpielt, mit Erfindung ſowohl, als mit Geld? Und dieſe Anlage, die Nachah-
mung aus dem entfernten Alterthum ſeyn ſoll, dieſe aͤgyptiſche Scene mit einer tuͤr-
kiſchen
ſo nahe vereinigt? Lieber haͤtte man hier dem Muhamed ein Monument
errichten moͤgen.

Die Waſſerkuͤnſte zeigen nicht weniger eine ſeltſame Erfindung. Zwey große
Hirſche, im Netze gefangen und von Hunden angegriffen, muͤſſen Waſſer werfen;
und bey dem Bade ſieht man eine der poſſierlichſten Scenen, indem in dem Baſſin
eine Eule angebracht iſt, auf welche rings umher auf Gitterwerk herum ſitzende
Haͤhne, Tauben, Pfauen, Truthuͤner u. ſ. w. Waſſerſtrahlen herabſpeyen. —

Das Vorzuͤgliche in dem Garten zu Schwetzingen ſind die Gebaͤude, die in
der That in einem edlen Stil ausgefuͤhrt ſind. Nur iſt zu wuͤnſchen, daß ihrem
beſtimmten Charakter gemaͤß auch die Plaͤtze ausgebildet ſeyn moͤchten. Minerva
hat hier ihren Tempel, wie Apoll. Ueber dem Eingang des erſten, deſſen Vor-
derſeite auf korinthiſchen Saͤulen ruhet, erſcheint die Goͤttinn auf einem Wagen;
die Kunſt uͤberreicht ihr den Plan des Gartens, den ſie billigt und auszufuͤhren be-
fiehlt. Eine ſonderbare Idee! Man weiß indeſſen, daß dieſe Goͤttinn nie eine
Gartenkennerinn geweſen. In dem Innern des Tempels ſieht man ihre marmorne
Statue. Der Tempel des Apoll iſt eine Rotunde, die auf zwoͤlf joniſchen Saͤu-
len ruhet. Der Gott der Kuͤnſte mit ſeiner Leyer, von Marmor gebildet, ſteht in
der Mitte. Das Werk iſt dem Kuͤnſtler nicht gegluͤckt; der Ruͤcken macht eine ſo
bußfertige Beugung, als wenn er dem Rumpf des heil. Xaver zugehoͤrte. Nicht
weniger iſt die Verzierung des Tempels und ſeines Platzes verungluͤckt. Was ſollen
bey einem Tempel des Apoll die zwey Najaden, die aus einer Urne Waſſer gießen,
was uͤberhaupt dieſe franzoͤſiſche Caſcade, was das Gitterwerk, was die Sphinxe,
was endlich die Grotte unter dieſem Gebaͤude?

Auch das Badhaus iſt ein ſchoͤnes Gebaͤude, und von einer praͤchtigen Ein-
richtung. Zwey ſchickliche Statuen, Amor und ein Faum, ſtehen am Eingang.
Das Bad iſt von Marmor. An den Waͤnden erſcheinen ſechs Nymphen mit ihren
Kruͤgen, halb erhoben in Gyps gearbeitet. Auch ſtehen Vaſen voll Wohlgeruͤche

umher.
V Band. X x

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/353>, abgerufen am 18.02.2025.