Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc. und auch ohne die ehrwürdige Scene des Begräbnisses wird es bald von holderWehmuth und ernstem Nachdenken erfüllt. Ueberall tiefer, feyerlicher Schatten umher; keine Aussicht in die Welt; denn sie wird hier von einer umpflanzten Mauer begränzt. Die Bäume, besonders die italiänischen Pappeln, die hier zu einer außerordentlichen Höhe gedrängt emporsteigen, und mit großen babylonischen Wei- den untermischt sind, lassen nur wenige Erleuchtung von oben einfallen. Himmel und Erde scheinen mit einem Schleyer überzogen. Die Pflanzung, worinn bald gerade Gänge fortlaufen, bald schlängelnde Pfade umherirren, hat nichts Geschmück- tes, und nur wenig von kleinen Rasen, die den Schatten etwas milder machen. Mitten in diesem melancholischen Walde findet sich das Begräbniß der Landgräfinn, das diese vortreffliche Fürstinn hier in Stunden, wo sie ihren Geist schon mit dem Himmel vertraut machte, voll ihres Sieges über die Sterblichkeit erwählte. Hier saß sie oft in erhabenen Betrachtungen, und, von ihnen gestärkt, konnte sie selbst die Stelle, wovon andre zurückbeben, und kaum das Bild ertragen, die Stelle ihrer künftigen Verwesung anordnen. Hier ruhet sie nun unter einem großen Erd- hügel, der ganz mit dem melancholischen Epheu überwachsen ist, und um den rings umher dunkle Nadelhölzer mit babylonischen Weiden, die mitleidig ihre Zweige senken, in stiller Dämmerung trauern. Auf dem obern Ende des Grabhügels steht eine schöne Urne von weißem Marmor, mit zwey Genien und dieser Inschrist: Hic jacet. Ein großer Kenner der Verdienste, der König von Preußen, schenkte dieß 10. Der
Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. und auch ohne die ehrwuͤrdige Scene des Begraͤbniſſes wird es bald von holderWehmuth und ernſtem Nachdenken erfuͤllt. Ueberall tiefer, feyerlicher Schatten umher; keine Ausſicht in die Welt; denn ſie wird hier von einer umpflanzten Mauer begraͤnzt. Die Baͤume, beſonders die italiaͤniſchen Pappeln, die hier zu einer außerordentlichen Hoͤhe gedraͤngt emporſteigen, und mit großen babyloniſchen Wei- den untermiſcht ſind, laſſen nur wenige Erleuchtung von oben einfallen. Himmel und Erde ſcheinen mit einem Schleyer uͤberzogen. Die Pflanzung, worinn bald gerade Gaͤnge fortlaufen, bald ſchlaͤngelnde Pfade umherirren, hat nichts Geſchmuͤck- tes, und nur wenig von kleinen Raſen, die den Schatten etwas milder machen. Mitten in dieſem melancholiſchen Walde findet ſich das Begraͤbniß der Landgraͤfinn, das dieſe vortreffliche Fuͤrſtinn hier in Stunden, wo ſie ihren Geiſt ſchon mit dem Himmel vertraut machte, voll ihres Sieges uͤber die Sterblichkeit erwaͤhlte. Hier ſaß ſie oft in erhabenen Betrachtungen, und, von ihnen geſtaͤrkt, konnte ſie ſelbſt die Stelle, wovon andre zuruͤckbeben, und kaum das Bild ertragen, die Stelle ihrer kuͤnftigen Verweſung anordnen. Hier ruhet ſie nun unter einem großen Erd- huͤgel, der ganz mit dem melancholiſchen Epheu uͤberwachſen iſt, und um den rings umher dunkle Nadelhoͤlzer mit babyloniſchen Weiden, die mitleidig ihre Zweige ſenken, in ſtiller Daͤmmerung trauern. Auf dem obern Ende des Grabhuͤgels ſteht eine ſchoͤne Urne von weißem Marmor, mit zwey Genien und dieſer Inſchriſt: Hic jacet. Ein großer Kenner der Verdienſte, der Koͤnig von Preußen, ſchenkte dieß 10. Der
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Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
und auch ohne die ehrwuͤrdige Scene des Begraͤbniſſes wird es bald von holder
Wehmuth und ernſtem Nachdenken erfuͤllt. Ueberall tiefer, feyerlicher Schatten
umher; keine Ausſicht in die Welt; denn ſie wird hier von einer umpflanzten Mauer
begraͤnzt. Die Baͤume, beſonders die italiaͤniſchen Pappeln, die hier zu einer
außerordentlichen Hoͤhe gedraͤngt emporſteigen, und mit großen babyloniſchen Wei-
den untermiſcht ſind, laſſen nur wenige Erleuchtung von oben einfallen. Himmel
und Erde ſcheinen mit einem Schleyer uͤberzogen. Die Pflanzung, worinn bald
gerade Gaͤnge fortlaufen, bald ſchlaͤngelnde Pfade umherirren, hat nichts Geſchmuͤck-
tes, und nur wenig von kleinen Raſen, die den Schatten etwas milder machen.
Mitten in dieſem melancholiſchen Walde findet ſich das Begraͤbniß der Landgraͤfinn,
das dieſe vortreffliche Fuͤrſtinn hier in Stunden, wo ſie ihren Geiſt ſchon mit dem
Himmel vertraut machte, voll ihres Sieges uͤber die Sterblichkeit erwaͤhlte. Hier
ſaß ſie oft in erhabenen Betrachtungen, und, von ihnen geſtaͤrkt, konnte ſie ſelbſt
die Stelle, wovon andre zuruͤckbeben, und kaum das Bild ertragen, die Stelle
ihrer kuͤnftigen Verweſung anordnen. Hier ruhet ſie nun unter einem großen Erd-
huͤgel, der ganz mit dem melancholiſchen Epheu uͤberwachſen iſt, und um den rings
umher dunkle Nadelhoͤlzer mit babyloniſchen Weiden, die mitleidig ihre Zweige
ſenken, in ſtiller Daͤmmerung trauern. Auf dem obern Ende des Grabhuͤgels ſteht
eine ſchoͤne Urne von weißem Marmor, mit zwey Genien und dieſer Inſchriſt:
Hic jacet.
Henr. Chriſtina. Carol. Lov. Haſſ. Princ.
Foemina. ſexu. ingenio. vir.
Nat. VII. Id. Mart. A. MDCCXXI.
O. III. Kal. Apr. A. MDCCLXXIV.
S. E. T. L.
Ein großer Kenner der Verdienſte, der Koͤnig von Preußen, ſchenkte dieß
Denkmal dem Ruhm der Fuͤrſtinn. Dieſe ſo wohl angelegte Scene macht einen
Eindruck, der ſich uͤber das Ganze verbreitet, einen Eindruck, den alle leere Monu-
mente und Begraͤbnißzeichen nicht zu erregen faͤhig ſind. Der Einheimiſche naͤhert
ſich hier mit einer heiligen Ehrfurcht und mit einem gerechten Seufzer uͤber das, was
er verlor; und der Fremde wird erſt von einem melancholiſchen Staunen, und ſodann
beym Nachfragen von einer ſo wehmuͤthigen Mitempfindung ergriffen, die ihn laͤnger,
als er dachte, verweilen heißt. In der That waͤre es Schade, wenn der Garten
andre Scenen, die ſeinem Charakter nicht zuſtimmen, aufnehmen, oder irgend eine
Veraͤnderung leiden ſollte, die ſeinen melancholiſchen Ernſt zernichtete.
10. Der
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