Im Hildesheimschen ist der Garten des Herrn von Steinberg zu Brügge merkwürdig wegen der Menge der schönsten und seltensten Pflanzen, besonders aber amerikanischer Bäume.
Zu Arolsen im Waldeckischen hat die verwittwete Frau Fürstinn Christiana einen Garten in der verbesserten Manier mit vielem Geschmack angelegt. In einer trefflichen Beschreibung von Pyrmont, *) die Herr Hofmedicus Marcard zu Hannover kürzlich herauszugeben angefangen, sind zugleich die Annehmlichkeiten und Verschönerungen dieses berühmten Brunnenorts in einer mit schönen Kupfern begleiteten Schilderung vorgestellt.
Auf den Landgütern in Hessen hat sich der gute Geschmack der Gärten noch wenig ausgebreitet. Einen schönen philosophischen Ruheplatz hat der Herr General von Schlieffen, einer der edelsten Männer unsers Jahrhunderts, zu Windhausen; und zu Ried besitzt der Herr Landrath von Meiseburg einen mit Geschmack verschöner- ten Landsitz, der sich zugleich durch die Weite seiner herrlichen Aussichten auszeichnet.
Zu Cassel sieht man auf dem Modellhause verschiedene vortreffliche Vorstellun- gen, die den Gartenfreund interessiren, und daher hier angezeigt zu werden ver- dienen. Außer den Schlössern, die für die Aue und den Weißenstein bestimmt waren, zeichnen sich vorzüglich durch ihre Architectur aus: ein heitres und offenes Lusthaus, das auf der Insel im Augarten aufgeführet werden sollte; ein großes, prächtiges und geräumiges Jagdschloß; ein leicht gebauetes Vogelhaus; ein ansehn- liches und weitläuftiges Palais für den Garten Bellevüe; ein kleines sehr nettes Jagdhaus oder auch Landhaus von einem Viereck, mit einem flachen Dache und einer runden Kugel in der Mitte, in einem anmuthigen Stil. Diese Gebäude ruhen hier noch bloß als Modellstücke, und erwarten das Glück der Ausführung, oder doch wenigstens den Ruhm, durch Zeichnungen und Kupferstiche den Archi- tecturfreunden bekannter zu werden. Sie beweisen zugleich den edlen und reinen Ge- schmack der Baukunst, den der Landgraf Carl nährte, nach dessen Anleitung sie alle gemacht sind. Hätte dieser zu großen Unternehmungen gebildete Fürst länger gelebt, oder die Einkünfte seiner Nachfolger gehabt, so würden gewiß seine Schlösser und Gartengebäude durch die hohe Schönheit der Architectur ganz Deutschland erleuch- tet haben. Nur die Gartenkunst seiner Zeit hätte nicht mit den Gebäuden gleichen Fortschritt halten können. Man wundert sich, daß nichts von diesen vortrefflichen
Im Hildesheimſchen iſt der Garten des Herrn von Steinberg zu Bruͤgge merkwuͤrdig wegen der Menge der ſchoͤnſten und ſeltenſten Pflanzen, beſonders aber amerikaniſcher Baͤume.
Zu Arolſen im Waldeckiſchen hat die verwittwete Frau Fuͤrſtinn Chriſtiana einen Garten in der verbeſſerten Manier mit vielem Geſchmack angelegt. In einer trefflichen Beſchreibung von Pyrmont, *) die Herr Hofmedicus Marcard zu Hannover kuͤrzlich herauszugeben angefangen, ſind zugleich die Annehmlichkeiten und Verſchoͤnerungen dieſes beruͤhmten Brunnenorts in einer mit ſchoͤnen Kupfern begleiteten Schilderung vorgeſtellt.
Auf den Landguͤtern in Heſſen hat ſich der gute Geſchmack der Gaͤrten noch wenig ausgebreitet. Einen ſchoͤnen philoſophiſchen Ruheplatz hat der Herr General von Schlieffen, einer der edelſten Maͤnner unſers Jahrhunderts, zu Windhauſen; und zu Ried beſitzt der Herr Landrath von Meiſeburg einen mit Geſchmack verſchoͤner- ten Landſitz, der ſich zugleich durch die Weite ſeiner herrlichen Ausſichten auszeichnet.
Zu Caſſel ſieht man auf dem Modellhauſe verſchiedene vortreffliche Vorſtellun- gen, die den Gartenfreund intereſſiren, und daher hier angezeigt zu werden ver- dienen. Außer den Schloͤſſern, die fuͤr die Aue und den Weißenſtein beſtimmt waren, zeichnen ſich vorzuͤglich durch ihre Architectur aus: ein heitres und offenes Luſthaus, das auf der Inſel im Augarten aufgefuͤhret werden ſollte; ein großes, praͤchtiges und geraͤumiges Jagdſchloß; ein leicht gebauetes Vogelhaus; ein anſehn- liches und weitlaͤuftiges Palais fuͤr den Garten Bellevuͤe; ein kleines ſehr nettes Jagdhaus oder auch Landhaus von einem Viereck, mit einem flachen Dache und einer runden Kugel in der Mitte, in einem anmuthigen Stil. Dieſe Gebaͤude ruhen hier noch bloß als Modellſtuͤcke, und erwarten das Gluͤck der Ausfuͤhrung, oder doch wenigſtens den Ruhm, durch Zeichnungen und Kupferſtiche den Archi- tecturfreunden bekannter zu werden. Sie beweiſen zugleich den edlen und reinen Ge- ſchmack der Baukunſt, den der Landgraf Carl naͤhrte, nach deſſen Anleitung ſie alle gemacht ſind. Haͤtte dieſer zu großen Unternehmungen gebildete Fuͤrſt laͤnger gelebt, oder die Einkuͤnfte ſeiner Nachfolger gehabt, ſo wuͤrden gewiß ſeine Schloͤſſer und Gartengebaͤude durch die hohe Schoͤnheit der Architectur ganz Deutſchland erleuch- tet haben. Nur die Gartenkunſt ſeiner Zeit haͤtte nicht mit den Gebaͤuden gleichen Fortſchritt halten koͤnnen. Man wundert ſich, daß nichts von dieſen vortrefflichen
Garten-
*) 1ſter B. 8. Leipzig, 1784.
VBand. S s
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Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
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Im Hildesheimſchen iſt der Garten des Herrn von Steinberg zu Bruͤgge
merkwuͤrdig wegen der Menge der ſchoͤnſten und ſeltenſten Pflanzen, beſonders aber
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Zu Arolſen im Waldeckiſchen hat die verwittwete Frau Fuͤrſtinn Chriſtiana
einen Garten in der verbeſſerten Manier mit vielem Geſchmack angelegt. In einer
trefflichen Beſchreibung von Pyrmont, *) die Herr Hofmedicus Marcard zu
Hannover kuͤrzlich herauszugeben angefangen, ſind zugleich die Annehmlichkeiten
und Verſchoͤnerungen dieſes beruͤhmten Brunnenorts in einer mit ſchoͤnen Kupfern
begleiteten Schilderung vorgeſtellt.
Auf den Landguͤtern in Heſſen hat ſich der gute Geſchmack der Gaͤrten noch
wenig ausgebreitet. Einen ſchoͤnen philoſophiſchen Ruheplatz hat der Herr General
von Schlieffen, einer der edelſten Maͤnner unſers Jahrhunderts, zu Windhauſen;
und zu Ried beſitzt der Herr Landrath von Meiſeburg einen mit Geſchmack verſchoͤner-
ten Landſitz, der ſich zugleich durch die Weite ſeiner herrlichen Ausſichten auszeichnet.
Zu Caſſel ſieht man auf dem Modellhauſe verſchiedene vortreffliche Vorſtellun-
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dienen. Außer den Schloͤſſern, die fuͤr die Aue und den Weißenſtein beſtimmt
waren, zeichnen ſich vorzuͤglich durch ihre Architectur aus: ein heitres und offenes
Luſthaus, das auf der Inſel im Augarten aufgefuͤhret werden ſollte; ein großes,
praͤchtiges und geraͤumiges Jagdſchloß; ein leicht gebauetes Vogelhaus; ein anſehn-
liches und weitlaͤuftiges Palais fuͤr den Garten Bellevuͤe; ein kleines ſehr nettes
Jagdhaus oder auch Landhaus von einem Viereck, mit einem flachen Dache und
einer runden Kugel in der Mitte, in einem anmuthigen Stil. Dieſe Gebaͤude
ruhen hier noch bloß als Modellſtuͤcke, und erwarten das Gluͤck der Ausfuͤhrung,
oder doch wenigſtens den Ruhm, durch Zeichnungen und Kupferſtiche den Archi-
tecturfreunden bekannter zu werden. Sie beweiſen zugleich den edlen und reinen Ge-
ſchmack der Baukunſt, den der Landgraf Carl naͤhrte, nach deſſen Anleitung ſie alle
gemacht ſind. Haͤtte dieſer zu großen Unternehmungen gebildete Fuͤrſt laͤnger gelebt,
oder die Einkuͤnfte ſeiner Nachfolger gehabt, ſo wuͤrden gewiß ſeine Schloͤſſer und
Gartengebaͤude durch die hohe Schoͤnheit der Architectur ganz Deutſchland erleuch-
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Fortſchritt halten koͤnnen. Man wundert ſich, daß nichts von dieſen vortrefflichen
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/329>, abgerufen am 03.03.2025.
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