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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
kann von hier seinen Rückweg nach der Stadt über Wawriszew nehmen, welches
eine halbe Stunde von Mlodzin liegt, und ein den Warschauer Nonnen vom heil.
Sacrament gehoriges Kirchdorf ist, das der vor einigen Jahren in Frankreich ver-
storbene Fürst Primas Podoski auf Lebenszeit gegen einen gewissen Zins besaß,
und sich daselbst auf einer in einem Teiche liegenden Insel ein kleines Landhaus bauen
ließ und einen Garten anlegte. Zugleich wurde ein großes Stück mit Strauch ver-
wachsenes Land mit einem lebendigen Zaune umgeben und zu wilden Spaziergängen
eingehegt, die auch damals zu einem hübschen Gehölze angewachsen waren. Nach
seinem Tode kam es wieder an diese Nonnen, die es jetzt an Personen vermiethen,
die sich den Sommer auf dem Lande aufhalten wollen. Wäre der Entwurf des ver-
storbenen Fürsten Primas nicht durch die damals eingefallenen Unruhen und dessen
Aufenthalt außer Landes unterbrochen worden; so würde anjetzt dieser Ort, der be-
sonders schönes Wasser hat, eine Stelle unter den artigsten hiesigen Landsitzen
verdienen.

Von hier nähert man sich der Stadt wieder um eine Viertelstunde, und kommt
nach Powonsk, einem der Gemahlinn des jetzigen kaiserl. königl. Generalfeldzeug-
meisters und auch noch polnischen Generals von Podolien, Fürsten Adam Czar-
toryski
, welcher der einzige Sohn des vorbelobten Fürsten Czartoryski, Woywo-
den von Rußland, ist, gehörigen Dorfe. Dieser Ort war noch zu Anfang der jetzigen
Regierung ein elendes, bey einem sumpfigten Erlengebüsche gelegenes, Dorf, in
welchem kaum ein trockner Hügel anzutreffen war, wo man einen Vogelheerd errichtet
hatte. Die hier entspringenden reichhaltigen Quellen wurden durch den Damm
einer Mühle aufgehalten, traten auf beyden Seiten in die Niedrigungen und verur-
sachten Brüche. Die jetzige Besitzerinn fand diese Gegend ihren Absichten gemäß,
überwand durch verwendete Kosten und vieljährige Bemühung alle Hindernisse; und
so verwandelten sich Tiefen in Hügel und Berge, und aus Sümpfen wurden schöne
Teiche und grüne Teppiche. Kein interessanter Baum und Strauch blieb unbenutzt,
jede alte abgestorbene Weide oder Pappel gab der Kennerinn Stoff zu Verwandlun-
gen; kurz, sie nutzte die Natur, und verdarb nichts von ihren sich darreichenden
Producten durch übelangebrachte Künsteleyen. Eine Reise nach England hatte
ihre geschmackvollen Ideen entwickeln helfen; sie kam zurück und setzte sie ins Werk.
Vermuthen Sie sich hier nichts von Palästen und Nagelwerk, von Orangerie und
Grottenwerke zu hören! Nichts von allen diesen in die Stadt gehörigen Dingen.
Eine Gruppe artiger ländlicher Wohnungen von verschiedener Gestalt und Größe,
bey jeder ein kleines hübsches Gärtchen mit einem niedrigen Zaune umgeben, in deren
Mitte sich auf einem schönen grünen Hügel eine etwas größere auszeichnet, und zu

welcher

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
kann von hier ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt uͤber Wawriszew nehmen, welches
eine halbe Stunde von Mlodzin liegt, und ein den Warſchauer Nonnen vom heil.
Sacrament gehoriges Kirchdorf iſt, das der vor einigen Jahren in Frankreich ver-
ſtorbene Fuͤrſt Primas Podoski auf Lebenszeit gegen einen gewiſſen Zins beſaß,
und ſich daſelbſt auf einer in einem Teiche liegenden Inſel ein kleines Landhaus bauen
ließ und einen Garten anlegte. Zugleich wurde ein großes Stuͤck mit Strauch ver-
wachſenes Land mit einem lebendigen Zaune umgeben und zu wilden Spaziergaͤngen
eingehegt, die auch damals zu einem huͤbſchen Gehoͤlze angewachſen waren. Nach
ſeinem Tode kam es wieder an dieſe Nonnen, die es jetzt an Perſonen vermiethen,
die ſich den Sommer auf dem Lande aufhalten wollen. Waͤre der Entwurf des ver-
ſtorbenen Fuͤrſten Primas nicht durch die damals eingefallenen Unruhen und deſſen
Aufenthalt außer Landes unterbrochen worden; ſo wuͤrde anjetzt dieſer Ort, der be-
ſonders ſchoͤnes Waſſer hat, eine Stelle unter den artigſten hieſigen Landſitzen
verdienen.

Von hier naͤhert man ſich der Stadt wieder um eine Viertelſtunde, und kommt
nach Powonsk, einem der Gemahlinn des jetzigen kaiſerl. koͤnigl. Generalfeldzeug-
meiſters und auch noch polniſchen Generals von Podolien, Fuͤrſten Adam Czar-
toryski
, welcher der einzige Sohn des vorbelobten Fuͤrſten Czartoryski, Woywo-
den von Rußland, iſt, gehoͤrigen Dorfe. Dieſer Ort war noch zu Anfang der jetzigen
Regierung ein elendes, bey einem ſumpfigten Erlengebuͤſche gelegenes, Dorf, in
welchem kaum ein trockner Huͤgel anzutreffen war, wo man einen Vogelheerd errichtet
hatte. Die hier entſpringenden reichhaltigen Quellen wurden durch den Damm
einer Muͤhle aufgehalten, traten auf beyden Seiten in die Niedrigungen und verur-
ſachten Bruͤche. Die jetzige Beſitzerinn fand dieſe Gegend ihren Abſichten gemaͤß,
uͤberwand durch verwendete Koſten und vieljaͤhrige Bemuͤhung alle Hinderniſſe; und
ſo verwandelten ſich Tiefen in Huͤgel und Berge, und aus Suͤmpfen wurden ſchoͤne
Teiche und gruͤne Teppiche. Kein intereſſanter Baum und Strauch blieb unbenutzt,
jede alte abgeſtorbene Weide oder Pappel gab der Kennerinn Stoff zu Verwandlun-
gen; kurz, ſie nutzte die Natur, und verdarb nichts von ihren ſich darreichenden
Producten durch uͤbelangebrachte Kuͤnſteleyen. Eine Reiſe nach England hatte
ihre geſchmackvollen Ideen entwickeln helfen; ſie kam zuruͤck und ſetzte ſie ins Werk.
Vermuthen Sie ſich hier nichts von Palaͤſten und Nagelwerk, von Orangerie und
Grottenwerke zu hoͤren! Nichts von allen dieſen in die Stadt gehoͤrigen Dingen.
Eine Gruppe artiger laͤndlicher Wohnungen von verſchiedener Geſtalt und Groͤße,
bey jeder ein kleines huͤbſches Gaͤrtchen mit einem niedrigen Zaune umgeben, in deren
Mitte ſich auf einem ſchoͤnen gruͤnen Huͤgel eine etwas groͤßere auszeichnet, und zu

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[308/0316] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, kann von hier ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt uͤber Wawriszew nehmen, welches eine halbe Stunde von Mlodzin liegt, und ein den Warſchauer Nonnen vom heil. Sacrament gehoriges Kirchdorf iſt, das der vor einigen Jahren in Frankreich ver- ſtorbene Fuͤrſt Primas Podoski auf Lebenszeit gegen einen gewiſſen Zins beſaß, und ſich daſelbſt auf einer in einem Teiche liegenden Inſel ein kleines Landhaus bauen ließ und einen Garten anlegte. Zugleich wurde ein großes Stuͤck mit Strauch ver- wachſenes Land mit einem lebendigen Zaune umgeben und zu wilden Spaziergaͤngen eingehegt, die auch damals zu einem huͤbſchen Gehoͤlze angewachſen waren. Nach ſeinem Tode kam es wieder an dieſe Nonnen, die es jetzt an Perſonen vermiethen, die ſich den Sommer auf dem Lande aufhalten wollen. Waͤre der Entwurf des ver- ſtorbenen Fuͤrſten Primas nicht durch die damals eingefallenen Unruhen und deſſen Aufenthalt außer Landes unterbrochen worden; ſo wuͤrde anjetzt dieſer Ort, der be- ſonders ſchoͤnes Waſſer hat, eine Stelle unter den artigſten hieſigen Landſitzen verdienen. Von hier naͤhert man ſich der Stadt wieder um eine Viertelſtunde, und kommt nach Powonsk, einem der Gemahlinn des jetzigen kaiſerl. koͤnigl. Generalfeldzeug- meiſters und auch noch polniſchen Generals von Podolien, Fuͤrſten Adam Czar- toryski, welcher der einzige Sohn des vorbelobten Fuͤrſten Czartoryski, Woywo- den von Rußland, iſt, gehoͤrigen Dorfe. Dieſer Ort war noch zu Anfang der jetzigen Regierung ein elendes, bey einem ſumpfigten Erlengebuͤſche gelegenes, Dorf, in welchem kaum ein trockner Huͤgel anzutreffen war, wo man einen Vogelheerd errichtet hatte. Die hier entſpringenden reichhaltigen Quellen wurden durch den Damm einer Muͤhle aufgehalten, traten auf beyden Seiten in die Niedrigungen und verur- ſachten Bruͤche. Die jetzige Beſitzerinn fand dieſe Gegend ihren Abſichten gemaͤß, uͤberwand durch verwendete Koſten und vieljaͤhrige Bemuͤhung alle Hinderniſſe; und ſo verwandelten ſich Tiefen in Huͤgel und Berge, und aus Suͤmpfen wurden ſchoͤne Teiche und gruͤne Teppiche. Kein intereſſanter Baum und Strauch blieb unbenutzt, jede alte abgeſtorbene Weide oder Pappel gab der Kennerinn Stoff zu Verwandlun- gen; kurz, ſie nutzte die Natur, und verdarb nichts von ihren ſich darreichenden Producten durch uͤbelangebrachte Kuͤnſteleyen. Eine Reiſe nach England hatte ihre geſchmackvollen Ideen entwickeln helfen; ſie kam zuruͤck und ſetzte ſie ins Werk. Vermuthen Sie ſich hier nichts von Palaͤſten und Nagelwerk, von Orangerie und Grottenwerke zu hoͤren! Nichts von allen dieſen in die Stadt gehoͤrigen Dingen. Eine Gruppe artiger laͤndlicher Wohnungen von verſchiedener Geſtalt und Groͤße, bey jeder ein kleines huͤbſches Gaͤrtchen mit einem niedrigen Zaune umgeben, in deren Mitte ſich auf einem ſchoͤnen gruͤnen Huͤgel eine etwas groͤßere auszeichnet, und zu welcher

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/316>, abgerufen am 24.11.2024.