Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
wir der Kunst zu verdanken. Jene sich einige Meilen fortschlängelnde gegen Mor-
gen gelegene Höhe ist es auch, welche durch ihre vortreffliche Lage gegen die Weichsel
ihre Besitzer angereizt hat, sich während der jetzigen Regierung Landhäuser darauf
zu bauen, und den Abhang derselben mit verschiedenen neuen Anpflanzungen zu
beleben.

So ist die schöne Anlage von Mokatow entstanden, wo noch vor zwölf Jah-
ren nichts als einige Sträucher anzutreffen waren. Die jetzt verwittwete Kron-
Großmarschallinn, Fürstinn Lubomirska, geborne Prinzessinn Czartoryska, wäh-
lete sich diesen außerhalb den um Warschau herum aufgeworfenen Graben, gleich
hinter dem königl. Thiergarten gelegenen Ort, bauete daselbst auf der Höhe ein zwar
kleines, aber mit viel Geschmack ausgeputztes Landhaus, und verwandelte einen
Theil des sanft abhangenden Berges in ein reizendes Gehölze, durch welches man
bey stets abwechselnden Gegenständen bis in die darunter liegende schöne Ebene
gelangt.

Vor zwey Jahren gelang endlich auch das Unternehmen eines Deutschen,
diesen Ort mit hinlänglichen Springwassern zu versehen, nachdem vorher viel Geld,
doch ohne Erfolg, darauf verwendet worden war, und man bereits anfieng alle Hoff-
nung aufzugeben. Der Eingang des Landhauses, welches von außen nichts mehr
verspricht, als jedes gemauerte Herrenhaus in einem Dorfe, ist bey einem runden
Thurme, an welchen ein Lusthaus und Thor in flamländischem Geschmack ange-
bauet sind, dessen Inneres in einem artigen Zimmer bestehet, welches eine freye
Aussicht gegen die Stadt und die dabey hingehende Landstraße hat. Von hier
kommt man durch einen schönen Fruchtgarten und einen grünen Platz bis an die Woh-
nung der Fürstinn, deren Auffahrt mit grauen Talgsteinen ganz ungekünstelt beklei-
det und mit Cypressen, Lorbern und andern Gewächsen in verdeckten Kübeln besetzt
ist. Das Innere des Gebäudes entspricht dem Stande und Geschmacke der Be-
wohnerinn, und bestehet aus einigen zu ihrer eigenen Bequemlichkeit nöthigen Zim-
mern, einem Saale und einem mit Stuk verzierten Bade. Ohnweit davon in einer
Tiefe ist der Küchenhof angebracht, hinter ihr im Dorfe eine Menagerie, deren Ein-
gang sich durch einen hohen viereckigten gothischen Thurm auszeichnet, der zur Tau-
benzucht eingerichtet ist. Auf der andern Seite des Fruchtgartens stehet in einiger
Entfernung die Orangerie und Treibhäuser. Hohe Frucht- und wilde Bäume un-
terbrechen den Zusammenhang dieser verschiedenen Gebäude, und geben ihnen ein
recht ländliches Ansehen. Das Bad ist im untern Theile des Hauses nach dem
Gehölze zu; aus demselben, oder auch aus den oberen Zimmern durch eine freye
Treppe, kommt man in ein kleines viereckigtes Blumenparterre, und aus solchem

führen
P p 2

Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
wir der Kunſt zu verdanken. Jene ſich einige Meilen fortſchlaͤngelnde gegen Mor-
gen gelegene Hoͤhe iſt es auch, welche durch ihre vortreffliche Lage gegen die Weichſel
ihre Beſitzer angereizt hat, ſich waͤhrend der jetzigen Regierung Landhaͤuſer darauf
zu bauen, und den Abhang derſelben mit verſchiedenen neuen Anpflanzungen zu
beleben.

So iſt die ſchoͤne Anlage von Mokatow entſtanden, wo noch vor zwoͤlf Jah-
ren nichts als einige Straͤucher anzutreffen waren. Die jetzt verwittwete Kron-
Großmarſchallinn, Fuͤrſtinn Lubomirska, geborne Prinzeſſinn Czartoryska, waͤh-
lete ſich dieſen außerhalb den um Warſchau herum aufgeworfenen Graben, gleich
hinter dem koͤnigl. Thiergarten gelegenen Ort, bauete daſelbſt auf der Hoͤhe ein zwar
kleines, aber mit viel Geſchmack ausgeputztes Landhaus, und verwandelte einen
Theil des ſanft abhangenden Berges in ein reizendes Gehoͤlze, durch welches man
bey ſtets abwechſelnden Gegenſtaͤnden bis in die darunter liegende ſchoͤne Ebene
gelangt.

Vor zwey Jahren gelang endlich auch das Unternehmen eines Deutſchen,
dieſen Ort mit hinlaͤnglichen Springwaſſern zu verſehen, nachdem vorher viel Geld,
doch ohne Erfolg, darauf verwendet worden war, und man bereits anfieng alle Hoff-
nung aufzugeben. Der Eingang des Landhauſes, welches von außen nichts mehr
verſpricht, als jedes gemauerte Herrenhaus in einem Dorfe, iſt bey einem runden
Thurme, an welchen ein Luſthaus und Thor in flamlaͤndiſchem Geſchmack ange-
bauet ſind, deſſen Inneres in einem artigen Zimmer beſtehet, welches eine freye
Ausſicht gegen die Stadt und die dabey hingehende Landſtraße hat. Von hier
kommt man durch einen ſchoͤnen Fruchtgarten und einen gruͤnen Platz bis an die Woh-
nung der Fuͤrſtinn, deren Auffahrt mit grauen Talgſteinen ganz ungekuͤnſtelt beklei-
det und mit Cypreſſen, Lorbern und andern Gewaͤchſen in verdeckten Kuͤbeln beſetzt
iſt. Das Innere des Gebaͤudes entſpricht dem Stande und Geſchmacke der Be-
wohnerinn, und beſtehet aus einigen zu ihrer eigenen Bequemlichkeit noͤthigen Zim-
mern, einem Saale und einem mit Stuk verzierten Bade. Ohnweit davon in einer
Tiefe iſt der Kuͤchenhof angebracht, hinter ihr im Dorfe eine Menagerie, deren Ein-
gang ſich durch einen hohen viereckigten gothiſchen Thurm auszeichnet, der zur Tau-
benzucht eingerichtet iſt. Auf der andern Seite des Fruchtgartens ſtehet in einiger
Entfernung die Orangerie und Treibhaͤuſer. Hohe Frucht- und wilde Baͤume un-
terbrechen den Zuſammenhang dieſer verſchiedenen Gebaͤude, und geben ihnen ein
recht laͤndliches Anſehen. Das Bad iſt im untern Theile des Hauſes nach dem
Gehoͤlze zu; aus demſelben, oder auch aus den oberen Zimmern durch eine freye
Treppe, kommt man in ein kleines viereckigtes Blumenparterre, und aus ſolchem

fuͤhren
P p 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0307" n="299"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, Landha&#x0364;u&#x017F;ern, Gartengeba&#x0364;uden &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
wir der Kun&#x017F;t zu verdanken. Jene &#x017F;ich einige Meilen fort&#x017F;chla&#x0364;ngelnde gegen Mor-<lb/>
gen gelegene Ho&#x0364;he i&#x017F;t es auch, welche durch ihre vortreffliche Lage gegen die <hi rendition="#fr">Weich&#x017F;el</hi><lb/>
ihre Be&#x017F;itzer angereizt hat, &#x017F;ich wa&#x0364;hrend der jetzigen Regierung Landha&#x0364;u&#x017F;er darauf<lb/>
zu bauen, und den Abhang der&#x017F;elben mit ver&#x017F;chiedenen neuen Anpflanzungen zu<lb/>
beleben.</p><lb/>
            <p>So i&#x017F;t die &#x017F;cho&#x0364;ne Anlage von <hi rendition="#fr">Mokatow</hi> ent&#x017F;tanden, wo noch vor zwo&#x0364;lf Jah-<lb/>
ren nichts als einige Stra&#x0364;ucher anzutreffen waren. Die jetzt verwittwete Kron-<lb/>
Großmar&#x017F;challinn, Fu&#x0364;r&#x017F;tinn <hi rendition="#fr">Lubomirska</hi>, geborne Prinze&#x017F;&#x017F;inn <hi rendition="#fr">Czartoryska</hi>, wa&#x0364;h-<lb/>
lete &#x017F;ich die&#x017F;en außerhalb den um <hi rendition="#fr">War&#x017F;chau</hi> herum aufgeworfenen Graben, gleich<lb/>
hinter dem ko&#x0364;nigl. Thiergarten gelegenen Ort, bauete da&#x017F;elb&#x017F;t auf der Ho&#x0364;he ein zwar<lb/>
kleines, aber mit viel Ge&#x017F;chmack ausgeputztes Landhaus, und verwandelte einen<lb/>
Theil des &#x017F;anft abhangenden Berges in ein reizendes Geho&#x0364;lze, durch welches man<lb/>
bey &#x017F;tets abwech&#x017F;elnden Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden bis in die darunter liegende &#x017F;cho&#x0364;ne Ebene<lb/>
gelangt.</p><lb/>
            <p>Vor zwey Jahren gelang endlich auch das Unternehmen eines <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi>,<lb/>
die&#x017F;en Ort mit hinla&#x0364;nglichen Springwa&#x017F;&#x017F;ern zu ver&#x017F;ehen, nachdem vorher viel Geld,<lb/>
doch ohne Erfolg, darauf verwendet worden war, und man bereits anfieng alle Hoff-<lb/>
nung aufzugeben. Der Eingang des Landhau&#x017F;es, welches von außen nichts mehr<lb/>
ver&#x017F;pricht, als jedes gemauerte Herrenhaus in einem Dorfe, i&#x017F;t bey einem runden<lb/>
Thurme, an welchen ein Lu&#x017F;thaus und Thor in <hi rendition="#fr">flamla&#x0364;ndi&#x017F;chem</hi> Ge&#x017F;chmack ange-<lb/>
bauet &#x017F;ind, de&#x017F;&#x017F;en Inneres in einem artigen Zimmer be&#x017F;tehet, welches eine freye<lb/>
Aus&#x017F;icht gegen die Stadt und die dabey hingehende Land&#x017F;traße hat. Von hier<lb/>
kommt man durch einen &#x017F;cho&#x0364;nen Fruchtgarten und einen gru&#x0364;nen Platz bis an die Woh-<lb/>
nung der Fu&#x0364;r&#x017F;tinn, deren Auffahrt mit grauen Talg&#x017F;teinen ganz ungeku&#x0364;n&#x017F;telt beklei-<lb/>
det und mit Cypre&#x017F;&#x017F;en, Lorbern und andern Gewa&#x0364;ch&#x017F;en in verdeckten Ku&#x0364;beln be&#x017F;etzt<lb/>
i&#x017F;t. Das Innere des Geba&#x0364;udes ent&#x017F;pricht dem Stande und Ge&#x017F;chmacke der Be-<lb/>
wohnerinn, und be&#x017F;tehet aus einigen zu ihrer eigenen Bequemlichkeit no&#x0364;thigen Zim-<lb/>
mern, einem Saale und einem mit Stuk verzierten Bade. Ohnweit davon in einer<lb/>
Tiefe i&#x017F;t der Ku&#x0364;chenhof angebracht, hinter ihr im Dorfe eine Menagerie, deren Ein-<lb/>
gang &#x017F;ich durch einen hohen viereckigten <hi rendition="#fr">gothi&#x017F;chen</hi> Thurm auszeichnet, der zur Tau-<lb/>
benzucht eingerichtet i&#x017F;t. Auf der andern Seite des Fruchtgartens &#x017F;tehet in einiger<lb/>
Entfernung die Orangerie und Treibha&#x0364;u&#x017F;er. Hohe Frucht- und wilde Ba&#x0364;ume un-<lb/>
terbrechen den Zu&#x017F;ammenhang die&#x017F;er ver&#x017F;chiedenen Geba&#x0364;ude, und geben ihnen ein<lb/>
recht la&#x0364;ndliches An&#x017F;ehen. Das Bad i&#x017F;t im untern Theile des Hau&#x017F;es nach dem<lb/>
Geho&#x0364;lze zu; aus dem&#x017F;elben, oder auch aus den oberen Zimmern durch eine freye<lb/>
Treppe, kommt man in ein kleines viereckigtes Blumenparterre, und aus &#x017F;olchem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fu&#x0364;hren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0307] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. wir der Kunſt zu verdanken. Jene ſich einige Meilen fortſchlaͤngelnde gegen Mor- gen gelegene Hoͤhe iſt es auch, welche durch ihre vortreffliche Lage gegen die Weichſel ihre Beſitzer angereizt hat, ſich waͤhrend der jetzigen Regierung Landhaͤuſer darauf zu bauen, und den Abhang derſelben mit verſchiedenen neuen Anpflanzungen zu beleben. So iſt die ſchoͤne Anlage von Mokatow entſtanden, wo noch vor zwoͤlf Jah- ren nichts als einige Straͤucher anzutreffen waren. Die jetzt verwittwete Kron- Großmarſchallinn, Fuͤrſtinn Lubomirska, geborne Prinzeſſinn Czartoryska, waͤh- lete ſich dieſen außerhalb den um Warſchau herum aufgeworfenen Graben, gleich hinter dem koͤnigl. Thiergarten gelegenen Ort, bauete daſelbſt auf der Hoͤhe ein zwar kleines, aber mit viel Geſchmack ausgeputztes Landhaus, und verwandelte einen Theil des ſanft abhangenden Berges in ein reizendes Gehoͤlze, durch welches man bey ſtets abwechſelnden Gegenſtaͤnden bis in die darunter liegende ſchoͤne Ebene gelangt. Vor zwey Jahren gelang endlich auch das Unternehmen eines Deutſchen, dieſen Ort mit hinlaͤnglichen Springwaſſern zu verſehen, nachdem vorher viel Geld, doch ohne Erfolg, darauf verwendet worden war, und man bereits anfieng alle Hoff- nung aufzugeben. Der Eingang des Landhauſes, welches von außen nichts mehr verſpricht, als jedes gemauerte Herrenhaus in einem Dorfe, iſt bey einem runden Thurme, an welchen ein Luſthaus und Thor in flamlaͤndiſchem Geſchmack ange- bauet ſind, deſſen Inneres in einem artigen Zimmer beſtehet, welches eine freye Ausſicht gegen die Stadt und die dabey hingehende Landſtraße hat. Von hier kommt man durch einen ſchoͤnen Fruchtgarten und einen gruͤnen Platz bis an die Woh- nung der Fuͤrſtinn, deren Auffahrt mit grauen Talgſteinen ganz ungekuͤnſtelt beklei- det und mit Cypreſſen, Lorbern und andern Gewaͤchſen in verdeckten Kuͤbeln beſetzt iſt. Das Innere des Gebaͤudes entſpricht dem Stande und Geſchmacke der Be- wohnerinn, und beſtehet aus einigen zu ihrer eigenen Bequemlichkeit noͤthigen Zim- mern, einem Saale und einem mit Stuk verzierten Bade. Ohnweit davon in einer Tiefe iſt der Kuͤchenhof angebracht, hinter ihr im Dorfe eine Menagerie, deren Ein- gang ſich durch einen hohen viereckigten gothiſchen Thurm auszeichnet, der zur Tau- benzucht eingerichtet iſt. Auf der andern Seite des Fruchtgartens ſtehet in einiger Entfernung die Orangerie und Treibhaͤuſer. Hohe Frucht- und wilde Baͤume un- terbrechen den Zuſammenhang dieſer verſchiedenen Gebaͤude, und geben ihnen ein recht laͤndliches Anſehen. Das Bad iſt im untern Theile des Hauſes nach dem Gehoͤlze zu; aus demſelben, oder auch aus den oberen Zimmern durch eine freye Treppe, kommt man in ein kleines viereckigtes Blumenparterre, und aus ſolchem fuͤhren P p 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/307
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/307>, abgerufen am 24.11.2024.