weitläuftig, nicht mannichfaltig seyn, wenn sie übrigens nur ihrer Bestimmung ge- mäß eingerichtet sind.
Ein Hospitalgarten soll dem Schwachen einen bequemen Spaziergang, liebliche Erwärmung der Sonne, Erfrischung durch freye Luft, und durch Wohlgerüche der Pflanzen geben; giebt er zugleich lebhafte und erfreuende Aussichten, so hat er ein Verdienst mehr. Die Pflanzungen müssen sich demnach um kiesigte, trockene Wege winden, die mit Bänken und Stühlen besetzt sind. Freye Gruppen haben hier einen Vorzug vor Alleen, die, wenn sie bejahrt werden, oben zuwachsen, und die Luft so leicht feucht und dumpfigt machen. Es darf hier nicht an Schatten fehlen; nur soll er nicht überall herrschen. Demnach müssen die Gruppen sich nicht zu eng an einander schließen, sondern viele offene und heitere Zwischenräume lassen welche die Luft durch- streicht und die Sonnenwärme erfreut. Sie müssen aus keinen traurigen Nadelhöl- zern, sondern aus Bäumen mit hellem schönem Laub, aus lebhaft blühenden und duf- tenden Sträuchern und Blumen zusammengesetzt werden. In einem Hospitalgarten muß alles zum Genuß der wohlthätigen Freuden der Natur, zum frohen Vergessen aller Schwachheiten und Kümmernisse des Lebens, zu schönern Aussichten in kom- mende Tage aufmuntern; alles muß Heiterkeit seyn und Heiterkeit verbreiten. Keine Scene der Melancholie, kein Denkmal der Sterblichkeit darf sie hier unterbrechen. Die Zwischenräume der Gruppen können mit schönen Rasen, mit reichen Blumen- pflanzungen belebt werden. Laute rieselnde Bäche können durch blumigte Reviere spie- len, und fröhliche Wasserfälle aus schattigten Gebüschen dem Ohr entgegen rauschen. Viele Pflanzen mit stärkenden Wohlgerüchen können sich hier in große Gruppen ver- einigen. Viele singende Vögel sind durch Schatten, durch Ruhe und Freyheit ihrer Wohnungen in diese Gebüsche zu locken; mit ihrem Gesang tönt Freude in das matte Herz. Zur Verzierung können einige wohlgebaute Sitze mit einem Vordach, oder ein heiterer Pavillon dienen, der über eine schöne Aussicht herrscht.
Noch könnten größere Hospitalgärten sehr schicklich mit Arzeneykräutern bepflanzt werden. Dem Kranken würde der Anblick der Pflanzen, welche die wohlthätige Na- tur zu seiner Genesung bestimmte, nicht gleichgültig seyn; er würde sich bey ihrem Wachsthum interessiren, hier vielleicht eine Lieblingsstelle finden, die er oft mit Ver- gnügen besuchte. Man könnte mit dem Ertrag die Apotheke des Hospitals, vielleicht auch andere Apotheken versorgen, oder doch den Leuten, die für sie sammeln, bestimmt die Pflanzen hier zeigen, die sie zu suchen hätten. Viele Pflanzen dieser Klasse em- pfehlen sich noch durch stärkende Gerüche; und zum wenigsten würden sie hier keine unerwartete oder unschickliche Erscheinung seyn.
VI. Gär-
Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
weitlaͤuftig, nicht mannichfaltig ſeyn, wenn ſie uͤbrigens nur ihrer Beſtimmung ge- maͤß eingerichtet ſind.
Ein Hoſpitalgarten ſoll dem Schwachen einen bequemen Spaziergang, liebliche Erwaͤrmung der Sonne, Erfriſchung durch freye Luft, und durch Wohlgeruͤche der Pflanzen geben; giebt er zugleich lebhafte und erfreuende Ausſichten, ſo hat er ein Verdienſt mehr. Die Pflanzungen muͤſſen ſich demnach um kieſigte, trockene Wege winden, die mit Baͤnken und Stuͤhlen beſetzt ſind. Freye Gruppen haben hier einen Vorzug vor Alleen, die, wenn ſie bejahrt werden, oben zuwachſen, und die Luft ſo leicht feucht und dumpfigt machen. Es darf hier nicht an Schatten fehlen; nur ſoll er nicht uͤberall herrſchen. Demnach muͤſſen die Gruppen ſich nicht zu eng an einander ſchließen, ſondern viele offene und heitere Zwiſchenraͤume laſſen welche die Luft durch- ſtreicht und die Sonnenwaͤrme erfreut. Sie muͤſſen aus keinen traurigen Nadelhoͤl- zern, ſondern aus Baͤumen mit hellem ſchoͤnem Laub, aus lebhaft bluͤhenden und duf- tenden Straͤuchern und Blumen zuſammengeſetzt werden. In einem Hoſpitalgarten muß alles zum Genuß der wohlthaͤtigen Freuden der Natur, zum frohen Vergeſſen aller Schwachheiten und Kuͤmmerniſſe des Lebens, zu ſchoͤnern Ausſichten in kom- mende Tage aufmuntern; alles muß Heiterkeit ſeyn und Heiterkeit verbreiten. Keine Scene der Melancholie, kein Denkmal der Sterblichkeit darf ſie hier unterbrechen. Die Zwiſchenraͤume der Gruppen koͤnnen mit ſchoͤnen Raſen, mit reichen Blumen- pflanzungen belebt werden. Laute rieſelnde Baͤche koͤnnen durch blumigte Reviere ſpie- len, und froͤhliche Waſſerfaͤlle aus ſchattigten Gebuͤſchen dem Ohr entgegen rauſchen. Viele Pflanzen mit ſtaͤrkenden Wohlgeruͤchen koͤnnen ſich hier in große Gruppen ver- einigen. Viele ſingende Voͤgel ſind durch Schatten, durch Ruhe und Freyheit ihrer Wohnungen in dieſe Gebuͤſche zu locken; mit ihrem Geſang toͤnt Freude in das matte Herz. Zur Verzierung koͤnnen einige wohlgebaute Sitze mit einem Vordach, oder ein heiterer Pavillon dienen, der uͤber eine ſchoͤne Ausſicht herrſcht.
Noch koͤnnten groͤßere Hoſpitalgaͤrten ſehr ſchicklich mit Arzeneykraͤutern bepflanzt werden. Dem Kranken wuͤrde der Anblick der Pflanzen, welche die wohlthaͤtige Na- tur zu ſeiner Geneſung beſtimmte, nicht gleichguͤltig ſeyn; er wuͤrde ſich bey ihrem Wachsthum intereſſiren, hier vielleicht eine Lieblingsſtelle finden, die er oft mit Ver- gnuͤgen beſuchte. Man koͤnnte mit dem Ertrag die Apotheke des Hoſpitals, vielleicht auch andere Apotheken verſorgen, oder doch den Leuten, die fuͤr ſie ſammeln, beſtimmt die Pflanzen hier zeigen, die ſie zu ſuchen haͤtten. Viele Pflanzen dieſer Klaſſe em- pfehlen ſich noch durch ſtaͤrkende Geruͤche; und zum wenigſten wuͤrden ſie hier keine unerwartete oder unſchickliche Erſcheinung ſeyn.
VI. Gaͤr-
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Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
weitlaͤuftig, nicht mannichfaltig ſeyn, wenn ſie uͤbrigens nur ihrer Beſtimmung ge-
maͤß eingerichtet ſind.
Ein Hoſpitalgarten ſoll dem Schwachen einen bequemen Spaziergang, liebliche
Erwaͤrmung der Sonne, Erfriſchung durch freye Luft, und durch Wohlgeruͤche der
Pflanzen geben; giebt er zugleich lebhafte und erfreuende Ausſichten, ſo hat er ein
Verdienſt mehr. Die Pflanzungen muͤſſen ſich demnach um kieſigte, trockene Wege
winden, die mit Baͤnken und Stuͤhlen beſetzt ſind. Freye Gruppen haben hier einen
Vorzug vor Alleen, die, wenn ſie bejahrt werden, oben zuwachſen, und die Luft ſo
leicht feucht und dumpfigt machen. Es darf hier nicht an Schatten fehlen; nur ſoll er
nicht uͤberall herrſchen. Demnach muͤſſen die Gruppen ſich nicht zu eng an einander
ſchließen, ſondern viele offene und heitere Zwiſchenraͤume laſſen welche die Luft durch-
ſtreicht und die Sonnenwaͤrme erfreut. Sie muͤſſen aus keinen traurigen Nadelhoͤl-
zern, ſondern aus Baͤumen mit hellem ſchoͤnem Laub, aus lebhaft bluͤhenden und duf-
tenden Straͤuchern und Blumen zuſammengeſetzt werden. In einem Hoſpitalgarten
muß alles zum Genuß der wohlthaͤtigen Freuden der Natur, zum frohen Vergeſſen
aller Schwachheiten und Kuͤmmerniſſe des Lebens, zu ſchoͤnern Ausſichten in kom-
mende Tage aufmuntern; alles muß Heiterkeit ſeyn und Heiterkeit verbreiten. Keine
Scene der Melancholie, kein Denkmal der Sterblichkeit darf ſie hier unterbrechen.
Die Zwiſchenraͤume der Gruppen koͤnnen mit ſchoͤnen Raſen, mit reichen Blumen-
pflanzungen belebt werden. Laute rieſelnde Baͤche koͤnnen durch blumigte Reviere ſpie-
len, und froͤhliche Waſſerfaͤlle aus ſchattigten Gebuͤſchen dem Ohr entgegen rauſchen.
Viele Pflanzen mit ſtaͤrkenden Wohlgeruͤchen koͤnnen ſich hier in große Gruppen ver-
einigen. Viele ſingende Voͤgel ſind durch Schatten, durch Ruhe und Freyheit ihrer
Wohnungen in dieſe Gebuͤſche zu locken; mit ihrem Geſang toͤnt Freude in das matte
Herz. Zur Verzierung koͤnnen einige wohlgebaute Sitze mit einem Vordach, oder ein
heiterer Pavillon dienen, der uͤber eine ſchoͤne Ausſicht herrſcht.
Noch koͤnnten groͤßere Hoſpitalgaͤrten ſehr ſchicklich mit Arzeneykraͤutern bepflanzt
werden. Dem Kranken wuͤrde der Anblick der Pflanzen, welche die wohlthaͤtige Na-
tur zu ſeiner Geneſung beſtimmte, nicht gleichguͤltig ſeyn; er wuͤrde ſich bey ihrem
Wachsthum intereſſiren, hier vielleicht eine Lieblingsſtelle finden, die er oft mit Ver-
gnuͤgen beſuchte. Man koͤnnte mit dem Ertrag die Apotheke des Hoſpitals, vielleicht
auch andere Apotheken verſorgen, oder doch den Leuten, die fuͤr ſie ſammeln, beſtimmt
die Pflanzen hier zeigen, die ſie zu ſuchen haͤtten. Viele Pflanzen dieſer Klaſſe em-
pfehlen ſich noch durch ſtaͤrkende Geruͤche; und zum wenigſten wuͤrden ſie hier keine
unerwartete oder unſchickliche Erſcheinung ſeyn.
VI. Gaͤr-
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/124>, abgerufen am 19.07.2024.
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