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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
einem der artigsten Höfe, auf die Ordnung in der Einrichtung des Ganzen, und so-
dann auf die überaus wohlfeilen Preise sehen, wozu alles angesetzt ist; so wird man
hier sowohl die größte Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse der Fremden, als auch
Aufmunterung zum Genuß der angenehmsten Sommertage finden. Man erblickt
hier einen Prinzen, *) der, wenn er bauet, pflanzt und verschönert, ganz Fürst ist,
aber, um Natur und Geselligkeit zu genießen, und genießen zu lassen, sich wieder
in dem Privatmann verbirgt, bey den Brunnengästen seine stille Wohnung hat, an
ihrer Tafel und selbst bey ihren Spielen und Tänzen verweilt. Man hat täglich das
Vergnügen, hier eine Prinzessinn **) zu sehen, die, so sehr sie Dännemarks
Ruhm unter den Deutschen, und die Zierde der Königstöchter ist, sich dieser selte-
nen Vorzüge nicht erinnert, und, indem sie rings um sich her die Liebe aller Herzen zu
sich in den Kreis ihrer jungen glücklichen Familie strömen sieht, sich nicht erinnert,
daß es die Heiterkeit ihrer Blicke, die Leutseligkeit ihrer Gespräche, die sanfte rüh-
rende Güte ihrer Seele ist, die alles um sie her zur Empfindung aufbieten.

Unter den vielen Gebäuden, die alle eine gute Architektur und symmetrische
Verbindung unter einander haben, zeichnet sich das Arcadenhaus, das in der Mitte
steht, als das vornehmste aus. ***) Es kündigt sich gleich dem Auge nicht allein
durch Größe, sondern auch durch eine reine und edle Architektur sehr vortheilhaft an,
und sein Ansehen wird von dem saubern Anstrich noch unterstützt. Seinen Namen
führt es von den hohen und breiten Arcaden, die sich an seiner Vorderseite hin erstre-
cken; sie dienen zum bequemen Spaziergang in der Hitze, und im Regen. An diesen
Arcaden liegen ein großer und zwey kleinere Säle, die zusammen das Erdgeschoß
ausmachen. Sie sind alle hell und heiter mit großen Glasthüren, die frische Luft
und Kühlung einlassen, sehr edel angelegt und ausgeziert. Manches fürstliche
Schloß hat keinen Saal mit solchen Spiegeln, Stühlen, Kanapees und Tischen,
wie hier. Der größere Saal ist der Tafel und dem Tanz gewidmet; an Sonnta-
gen, wenn viele Fremde aus Frankfurt und der Nachbarschaft die Gesellschaft der
Curgäste und der Hofleute vermehren, sieht man darinn zuweilen über 150 Perso-
nen speisen. In dem mittlern kleinern Saal versammlet sich die Gesellschaft zum

Früh-
*) Se. Durchl. der Landgraf Georg
Wilhelm, regierender Graf zu Hanau und
Erbprinz von Hessen-Cassel.
**) Ihro königl. Hoheit Wilhelmine Ca-
roline, vermählte Erbprinzessinn von Hes-
sen-Cassel, geborne königl. Prinzessinn von
Dännemark.
***) Man hat davon verschiedene Ku-
pferabbildungen, worunter sich besonders
die drey neuen Blätter auszeichnen, wel-
che Herr A. W. Tischbein in Hanau 1784
gezeichnet und Herr Weise in Cassel in Ku-
pfer gestochen hat.

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
einem der artigſten Hoͤfe, auf die Ordnung in der Einrichtung des Ganzen, und ſo-
dann auf die uͤberaus wohlfeilen Preiſe ſehen, wozu alles angeſetzt iſt; ſo wird man
hier ſowohl die groͤßte Aufmerkſamkeit auf die Beduͤrfniſſe der Fremden, als auch
Aufmunterung zum Genuß der angenehmſten Sommertage finden. Man erblickt
hier einen Prinzen, *) der, wenn er bauet, pflanzt und verſchoͤnert, ganz Fuͤrſt iſt,
aber, um Natur und Geſelligkeit zu genießen, und genießen zu laſſen, ſich wieder
in dem Privatmann verbirgt, bey den Brunnengaͤſten ſeine ſtille Wohnung hat, an
ihrer Tafel und ſelbſt bey ihren Spielen und Taͤnzen verweilt. Man hat taͤglich das
Vergnuͤgen, hier eine Prinzeſſinn **) zu ſehen, die, ſo ſehr ſie Daͤnnemarks
Ruhm unter den Deutſchen, und die Zierde der Koͤnigstoͤchter iſt, ſich dieſer ſelte-
nen Vorzuͤge nicht erinnert, und, indem ſie rings um ſich her die Liebe aller Herzen zu
ſich in den Kreis ihrer jungen gluͤcklichen Familie ſtroͤmen ſieht, ſich nicht erinnert,
daß es die Heiterkeit ihrer Blicke, die Leutſeligkeit ihrer Geſpraͤche, die ſanfte ruͤh-
rende Guͤte ihrer Seele iſt, die alles um ſie her zur Empfindung aufbieten.

Unter den vielen Gebaͤuden, die alle eine gute Architektur und ſymmetriſche
Verbindung unter einander haben, zeichnet ſich das Arcadenhaus, das in der Mitte
ſteht, als das vornehmſte aus. ***) Es kuͤndigt ſich gleich dem Auge nicht allein
durch Groͤße, ſondern auch durch eine reine und edle Architektur ſehr vortheilhaft an,
und ſein Anſehen wird von dem ſaubern Anſtrich noch unterſtuͤtzt. Seinen Namen
fuͤhrt es von den hohen und breiten Arcaden, die ſich an ſeiner Vorderſeite hin erſtre-
cken; ſie dienen zum bequemen Spaziergang in der Hitze, und im Regen. An dieſen
Arcaden liegen ein großer und zwey kleinere Saͤle, die zuſammen das Erdgeſchoß
ausmachen. Sie ſind alle hell und heiter mit großen Glasthuͤren, die friſche Luft
und Kuͤhlung einlaſſen, ſehr edel angelegt und ausgeziert. Manches fuͤrſtliche
Schloß hat keinen Saal mit ſolchen Spiegeln, Stuͤhlen, Kanapees und Tiſchen,
wie hier. Der groͤßere Saal iſt der Tafel und dem Tanz gewidmet; an Sonnta-
gen, wenn viele Fremde aus Frankfurt und der Nachbarſchaft die Geſellſchaft der
Curgaͤſte und der Hofleute vermehren, ſieht man darinn zuweilen uͤber 150 Perſo-
nen ſpeiſen. In dem mittlern kleinern Saal verſammlet ſich die Geſellſchaft zum

Fruͤh-
*) Se. Durchl. der Landgraf Georg
Wilhelm, regierender Graf zu Hanau und
Erbprinz von Heſſen-Caſſel.
**) Ihro koͤnigl. Hoheit Wilhelmine Ca-
roline, vermaͤhlte Erbprinzeſſinn von Heſ-
ſen-Caſſel, geborne koͤnigl. Prinzeſſinn von
Daͤnnemark.
***) Man hat davon verſchiedene Ku-
pferabbildungen, worunter ſich beſonders
die drey neuen Blaͤtter auszeichnen, wel-
che Herr A. W. Tiſchbein in Hanau 1784
gezeichnet und Herr Weiſe in Caſſel in Ku-
pfer geſtochen hat.
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[102/0110] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter einem der artigſten Hoͤfe, auf die Ordnung in der Einrichtung des Ganzen, und ſo- dann auf die uͤberaus wohlfeilen Preiſe ſehen, wozu alles angeſetzt iſt; ſo wird man hier ſowohl die groͤßte Aufmerkſamkeit auf die Beduͤrfniſſe der Fremden, als auch Aufmunterung zum Genuß der angenehmſten Sommertage finden. Man erblickt hier einen Prinzen, *) der, wenn er bauet, pflanzt und verſchoͤnert, ganz Fuͤrſt iſt, aber, um Natur und Geſelligkeit zu genießen, und genießen zu laſſen, ſich wieder in dem Privatmann verbirgt, bey den Brunnengaͤſten ſeine ſtille Wohnung hat, an ihrer Tafel und ſelbſt bey ihren Spielen und Taͤnzen verweilt. Man hat taͤglich das Vergnuͤgen, hier eine Prinzeſſinn **) zu ſehen, die, ſo ſehr ſie Daͤnnemarks Ruhm unter den Deutſchen, und die Zierde der Koͤnigstoͤchter iſt, ſich dieſer ſelte- nen Vorzuͤge nicht erinnert, und, indem ſie rings um ſich her die Liebe aller Herzen zu ſich in den Kreis ihrer jungen gluͤcklichen Familie ſtroͤmen ſieht, ſich nicht erinnert, daß es die Heiterkeit ihrer Blicke, die Leutſeligkeit ihrer Geſpraͤche, die ſanfte ruͤh- rende Guͤte ihrer Seele iſt, die alles um ſie her zur Empfindung aufbieten. Unter den vielen Gebaͤuden, die alle eine gute Architektur und ſymmetriſche Verbindung unter einander haben, zeichnet ſich das Arcadenhaus, das in der Mitte ſteht, als das vornehmſte aus. ***) Es kuͤndigt ſich gleich dem Auge nicht allein durch Groͤße, ſondern auch durch eine reine und edle Architektur ſehr vortheilhaft an, und ſein Anſehen wird von dem ſaubern Anſtrich noch unterſtuͤtzt. Seinen Namen fuͤhrt es von den hohen und breiten Arcaden, die ſich an ſeiner Vorderſeite hin erſtre- cken; ſie dienen zum bequemen Spaziergang in der Hitze, und im Regen. An dieſen Arcaden liegen ein großer und zwey kleinere Saͤle, die zuſammen das Erdgeſchoß ausmachen. Sie ſind alle hell und heiter mit großen Glasthuͤren, die friſche Luft und Kuͤhlung einlaſſen, ſehr edel angelegt und ausgeziert. Manches fuͤrſtliche Schloß hat keinen Saal mit ſolchen Spiegeln, Stuͤhlen, Kanapees und Tiſchen, wie hier. Der groͤßere Saal iſt der Tafel und dem Tanz gewidmet; an Sonnta- gen, wenn viele Fremde aus Frankfurt und der Nachbarſchaft die Geſellſchaft der Curgaͤſte und der Hofleute vermehren, ſieht man darinn zuweilen uͤber 150 Perſo- nen ſpeiſen. In dem mittlern kleinern Saal verſammlet ſich die Geſellſchaft zum Fruͤh- *) Se. Durchl. der Landgraf Georg Wilhelm, regierender Graf zu Hanau und Erbprinz von Heſſen-Caſſel. **) Ihro koͤnigl. Hoheit Wilhelmine Ca- roline, vermaͤhlte Erbprinzeſſinn von Heſ- ſen-Caſſel, geborne koͤnigl. Prinzeſſinn von Daͤnnemark. ***) Man hat davon verſchiedene Ku- pferabbildungen, worunter ſich beſonders die drey neuen Blaͤtter auszeichnen, wel- che Herr A. W. Tiſchbein in Hanau 1784 gezeichnet und Herr Weiſe in Caſſel in Ku- pfer geſtochen hat.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/110>, abgerufen am 23.11.2024.