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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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von besondern Bestimmungen abhängig ist.
und abendländische Platanen, Scharlacheichen und andere amerikanische Arten von
Eichen, virginische Robinien von außerordentlich hohen und geraden Stämmen.
Die neuere Einfassung der Pflanzung mit Ligustrum ist zu geziert und einförmig.
Auch haben sich einige zirkelförmige Baumstellungen eingeschlichen, die hier zu ge-
künstelt scheinen, obgleich eine Stelle davon mit Rothtannen durch ihre Dunkelheit
einen guten Contrast gegen das lebhaste Kolorit des Ganzen macht. Dem Spazie-
renden ist es nicht bequem, daß in diese runde Plätze die Pfade sich endigen, ohne
wieder einen Ausgang zu haben, und ohne hier einen Ruhesitz zu finden. Das Um-
kehren auf den vorigen Weg ist verdrießlich, wie die Täuschung der alten Irrgänge,
und hier immer ein Fehler in der Anlage; so oft man an den Eingang zurück kömmt,
erinnert man sich der Verschließung, und hütet sich wohl, wieder hinein zu treten.
Die Gebüsche sind hier dicht und groß genug, um diese Unbequemlichkeit zu ver-
meiden und den Gang in seinem Fortlauf zu erhalten; überhaupt könnten die Wege
zum Vortheil des Spazierenden noch sehr vervielfältigt werden. An einer Stelle,
bey dem Ausgang ins Feld, stößt man auf eine Sternpflanzung, die einen widrigen
Eindruck macht. Doch alle die kleinen Striche, die das schöne Gemälde etwas ver-
stellen, sind nicht von dem ersten Anleger, sondern nachher von einem fremden
Pinsel hineingetragen.

Die Wendung der Gänge, die durch diese Pflanzung laufen, ist hie und da
wohl etwas zu einförmig. Die gemeine Schlangenlinie in den ersten englischen
Gärten ist nicht natürlich, und ermüdet nicht weniger, als der gerade Weg. Freye
und mannichfaltige Wendungen aber unterhalten den Spaziergänger.

Eine besondere Lebhaftigkeit erhält diese Pflanzung von einem Bach, der
überall schlängelnd durch sie geleitet ist, viele anmuthige Wassergüsse hat, mit
einem grünen und mit Bäumen bepflanzten Ufer verschönert ist. Dieser Bach, seine
kleinen Wasserfälle, seine Einfassung, seine Brücken bilden zusammen ein überaus
heiteres Revier, das von den Gesängen der Vögel noch mehr belebt wird. Die
Brücken könnten mehr schön und mannichfaltig an Form seyn. Die Bäume am
Ufer des Baches könnten zuweilen mit überhängenden Blumengruppen und blühen-
den Sträuchern abwechseln; sie könnten sich zuweilen dem Wasser mehr nähern, zu-
weilen mehr von ihm zurückweichen; sie scheinen außerdem noch zu scharf auf der Li-
nie zu stehen. Ein Strauch, der in den Wasserguß hängt, oder eine Blume, die
freundlich über den Bach nickt, würde schon den Reiz des Gemäldes mehr heben.
Die Rasen am Ufer sind hin und wieder zu künstlich ausgeschnitten. Die Bänke

haben
N 2

von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
und abendlaͤndiſche Platanen, Scharlacheichen und andere amerikaniſche Arten von
Eichen, virginiſche Robinien von außerordentlich hohen und geraden Staͤmmen.
Die neuere Einfaſſung der Pflanzung mit Liguſtrum iſt zu geziert und einfoͤrmig.
Auch haben ſich einige zirkelfoͤrmige Baumſtellungen eingeſchlichen, die hier zu ge-
kuͤnſtelt ſcheinen, obgleich eine Stelle davon mit Rothtannen durch ihre Dunkelheit
einen guten Contraſt gegen das lebhaſte Kolorit des Ganzen macht. Dem Spazie-
renden iſt es nicht bequem, daß in dieſe runde Plaͤtze die Pfade ſich endigen, ohne
wieder einen Ausgang zu haben, und ohne hier einen Ruheſitz zu finden. Das Um-
kehren auf den vorigen Weg iſt verdrießlich, wie die Taͤuſchung der alten Irrgaͤnge,
und hier immer ein Fehler in der Anlage; ſo oft man an den Eingang zuruͤck koͤmmt,
erinnert man ſich der Verſchließung, und huͤtet ſich wohl, wieder hinein zu treten.
Die Gebuͤſche ſind hier dicht und groß genug, um dieſe Unbequemlichkeit zu ver-
meiden und den Gang in ſeinem Fortlauf zu erhalten; uͤberhaupt koͤnnten die Wege
zum Vortheil des Spazierenden noch ſehr vervielfaͤltigt werden. An einer Stelle,
bey dem Ausgang ins Feld, ſtoͤßt man auf eine Sternpflanzung, die einen widrigen
Eindruck macht. Doch alle die kleinen Striche, die das ſchoͤne Gemaͤlde etwas ver-
ſtellen, ſind nicht von dem erſten Anleger, ſondern nachher von einem fremden
Pinſel hineingetragen.

Die Wendung der Gaͤnge, die durch dieſe Pflanzung laufen, iſt hie und da
wohl etwas zu einfoͤrmig. Die gemeine Schlangenlinie in den erſten engliſchen
Gaͤrten iſt nicht natuͤrlich, und ermuͤdet nicht weniger, als der gerade Weg. Freye
und mannichfaltige Wendungen aber unterhalten den Spaziergaͤnger.

Eine beſondere Lebhaftigkeit erhaͤlt dieſe Pflanzung von einem Bach, der
uͤberall ſchlaͤngelnd durch ſie geleitet iſt, viele anmuthige Waſſerguͤſſe hat, mit
einem gruͤnen und mit Baͤumen bepflanzten Ufer verſchoͤnert iſt. Dieſer Bach, ſeine
kleinen Waſſerfaͤlle, ſeine Einfaſſung, ſeine Bruͤcken bilden zuſammen ein uͤberaus
heiteres Revier, das von den Geſaͤngen der Voͤgel noch mehr belebt wird. Die
Bruͤcken koͤnnten mehr ſchoͤn und mannichfaltig an Form ſeyn. Die Baͤume am
Ufer des Baches koͤnnten zuweilen mit uͤberhaͤngenden Blumengruppen und bluͤhen-
den Straͤuchern abwechſeln; ſie koͤnnten ſich zuweilen dem Waſſer mehr naͤhern, zu-
weilen mehr von ihm zuruͤckweichen; ſie ſcheinen außerdem noch zu ſcharf auf der Li-
nie zu ſtehen. Ein Strauch, der in den Waſſerguß haͤngt, oder eine Blume, die
freundlich uͤber den Bach nickt, wuͤrde ſchon den Reiz des Gemaͤldes mehr heben.
Die Raſen am Ufer ſind hin und wieder zu kuͤnſtlich ausgeſchnitten. Die Baͤnke

haben
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[99/0107] von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. und abendlaͤndiſche Platanen, Scharlacheichen und andere amerikaniſche Arten von Eichen, virginiſche Robinien von außerordentlich hohen und geraden Staͤmmen. Die neuere Einfaſſung der Pflanzung mit Liguſtrum iſt zu geziert und einfoͤrmig. Auch haben ſich einige zirkelfoͤrmige Baumſtellungen eingeſchlichen, die hier zu ge- kuͤnſtelt ſcheinen, obgleich eine Stelle davon mit Rothtannen durch ihre Dunkelheit einen guten Contraſt gegen das lebhaſte Kolorit des Ganzen macht. Dem Spazie- renden iſt es nicht bequem, daß in dieſe runde Plaͤtze die Pfade ſich endigen, ohne wieder einen Ausgang zu haben, und ohne hier einen Ruheſitz zu finden. Das Um- kehren auf den vorigen Weg iſt verdrießlich, wie die Taͤuſchung der alten Irrgaͤnge, und hier immer ein Fehler in der Anlage; ſo oft man an den Eingang zuruͤck koͤmmt, erinnert man ſich der Verſchließung, und huͤtet ſich wohl, wieder hinein zu treten. Die Gebuͤſche ſind hier dicht und groß genug, um dieſe Unbequemlichkeit zu ver- meiden und den Gang in ſeinem Fortlauf zu erhalten; uͤberhaupt koͤnnten die Wege zum Vortheil des Spazierenden noch ſehr vervielfaͤltigt werden. An einer Stelle, bey dem Ausgang ins Feld, ſtoͤßt man auf eine Sternpflanzung, die einen widrigen Eindruck macht. Doch alle die kleinen Striche, die das ſchoͤne Gemaͤlde etwas ver- ſtellen, ſind nicht von dem erſten Anleger, ſondern nachher von einem fremden Pinſel hineingetragen. Die Wendung der Gaͤnge, die durch dieſe Pflanzung laufen, iſt hie und da wohl etwas zu einfoͤrmig. Die gemeine Schlangenlinie in den erſten engliſchen Gaͤrten iſt nicht natuͤrlich, und ermuͤdet nicht weniger, als der gerade Weg. Freye und mannichfaltige Wendungen aber unterhalten den Spaziergaͤnger. Eine beſondere Lebhaftigkeit erhaͤlt dieſe Pflanzung von einem Bach, der uͤberall ſchlaͤngelnd durch ſie geleitet iſt, viele anmuthige Waſſerguͤſſe hat, mit einem gruͤnen und mit Baͤumen bepflanzten Ufer verſchoͤnert iſt. Dieſer Bach, ſeine kleinen Waſſerfaͤlle, ſeine Einfaſſung, ſeine Bruͤcken bilden zuſammen ein uͤberaus heiteres Revier, das von den Geſaͤngen der Voͤgel noch mehr belebt wird. Die Bruͤcken koͤnnten mehr ſchoͤn und mannichfaltig an Form ſeyn. Die Baͤume am Ufer des Baches koͤnnten zuweilen mit uͤberhaͤngenden Blumengruppen und bluͤhen- den Straͤuchern abwechſeln; ſie koͤnnten ſich zuweilen dem Waſſer mehr naͤhern, zu- weilen mehr von ihm zuruͤckweichen; ſie ſcheinen außerdem noch zu ſcharf auf der Li- nie zu ſtehen. Ein Strauch, der in den Waſſerguß haͤngt, oder eine Blume, die freundlich uͤber den Bach nickt, wuͤrde ſchon den Reiz des Gemaͤldes mehr heben. Die Raſen am Ufer ſind hin und wieder zu kuͤnſtlich ausgeſchnitten. Die Baͤnke haben N 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/107>, abgerufen am 23.11.2024.