Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.nach dem Charakter der Gegenden. und Kummer entfernt leben will. Vor dem Hause ist eine Ebne, die ihr lebhaftesGrün zwischen den dunklern Schatten zeigt; und oberhalb der Landenge, die es mit dem waldigten Vorgebirge, welches Roß a goul genannt wird, vereinigt, bildet der See ein schönes von Bäumen eingefaßtes Becken, dessen Silberfläche hinter den Stämmen einzelner Bäume durchbricht; endlich beschließen die Berge von Turaw den ganzen Prospect auf das prächtigste. Hin und wieder ist ein wüster Fleck Landes, der die Scene noch abwechselnder macht. Von einem Hügel sieht man einen ganz andern Schauplatz. Hier erblickt man ein kleines Vorgebirge von Gehölze, welches in einem Meerbusen hervorragt, der von zwey andern unweit größern, Roß a goul und Roß moor-east, gebildet wird. Hier strömt der See in großer Breite zwi- schen unzähligen Inseln, beynahe so weit das Auge reicht. In der großen Bucht zur Rechten unter dem Gebirge Turaw sind zwey schöne Inseln, welche, mit Bäumen hin und wieder bestreuet, nebst dem Vorgebirge die angenehmste Ab- wechselung geben. Mannigfaltigere und schönere Aussichten giebt es nicht, als das Vorgebirge zeigt
nach dem Charakter der Gegenden. und Kummer entfernt leben will. Vor dem Hauſe iſt eine Ebne, die ihr lebhaftesGruͤn zwiſchen den dunklern Schatten zeigt; und oberhalb der Landenge, die es mit dem waldigten Vorgebirge, welches Roß a goul genannt wird, vereinigt, bildet der See ein ſchoͤnes von Baͤumen eingefaßtes Becken, deſſen Silberflaͤche hinter den Staͤmmen einzelner Baͤume durchbricht; endlich beſchließen die Berge von Turaw den ganzen Proſpect auf das praͤchtigſte. Hin und wieder iſt ein wuͤſter Fleck Landes, der die Scene noch abwechſelnder macht. Von einem Huͤgel ſieht man einen ganz andern Schauplatz. Hier erblickt man ein kleines Vorgebirge von Gehoͤlze, welches in einem Meerbuſen hervorragt, der von zwey andern unweit groͤßern, Roß a goul und Roß moor-eaſt, gebildet wird. Hier ſtroͤmt der See in großer Breite zwi- ſchen unzaͤhligen Inſeln, beynahe ſo weit das Auge reicht. In der großen Bucht zur Rechten unter dem Gebirge Turaw ſind zwey ſchoͤne Inſeln, welche, mit Baͤumen hin und wieder beſtreuet, nebſt dem Vorgebirge die angenehmſte Ab- wechſelung geben. Mannigfaltigere und ſchoͤnere Ausſichten giebt es nicht, als das Vorgebirge zeigt
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0083" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach dem Charakter der Gegenden.</hi></fw><lb/> und Kummer entfernt leben will. Vor dem Hauſe iſt eine Ebne, die ihr lebhaftes<lb/> Gruͤn zwiſchen den dunklern Schatten zeigt; und oberhalb der Landenge, die es mit<lb/> dem waldigten Vorgebirge, welches <hi rendition="#fr">Roß a goul</hi> genannt wird, vereinigt, bildet der<lb/> See ein ſchoͤnes von Baͤumen eingefaßtes Becken, deſſen Silberflaͤche hinter den<lb/> Staͤmmen einzelner Baͤume durchbricht; endlich beſchließen die Berge von <hi rendition="#fr">Turaw</hi><lb/> den ganzen Proſpect auf das praͤchtigſte. Hin und wieder iſt ein wuͤſter Fleck Landes,<lb/> der die Scene noch abwechſelnder macht. Von einem Huͤgel ſieht man einen ganz<lb/> andern Schauplatz. Hier erblickt man ein kleines Vorgebirge von Gehoͤlze, welches<lb/> in einem Meerbuſen hervorragt, der von zwey andern unweit groͤßern, <hi rendition="#fr">Roß a goul</hi><lb/> und <hi rendition="#fr">Roß moor-eaſt</hi>, gebildet wird. Hier ſtroͤmt der See in großer Breite zwi-<lb/> ſchen unzaͤhligen Inſeln, beynahe ſo weit das Auge reicht. In der großen Bucht<lb/> zur Rechten unter dem Gebirge <hi rendition="#fr">Turaw</hi> ſind zwey ſchoͤne Inſeln, welche, mit<lb/> Baͤumen hin und wieder beſtreuet, nebſt dem Vorgebirge die angenehmſte Ab-<lb/> wechſelung geben.</p><lb/> <p>Mannigfaltigere und ſchoͤnere Ausſichten giebt es nicht, als das Vorgebirge<lb/><hi rendition="#fr">Roßmoor</hi> hat. Die Inſeln zu beyden Seiten ſind von verſchiedener Art; einige ſind<lb/> dicke Gehoͤlze, auf andern wachſen blos Geſtraͤuche. Hier ſind einzelne Felſen, und<lb/> dort ſchoͤne gruͤne Huͤgel, die ſich ſtolz aus dem Waſſer erheben. Eben ſo unterſchieden<lb/> ſind auch die Vorgebirge. Einige beſtehen aus einem dicken Walde, der den dunkel-<lb/> ſten Schatten giebt; andre ſind offne Hayne; allenthalben aber iſt die Kuͤſte hoch und<lb/> ſtellet anmuthige Landſchaften dar. Von der oͤſtlichen Spitze von <hi rendition="#fr">Roßmoor</hi> iſt der<lb/> Schauplatz wirklich reizend. Man hat ein hohes Vorgebirge von Wald und Ebne<lb/> vor ſich, welches ſo weit in den See ſich erſtrecket, daß man eine doppelte Ausſicht<lb/> von großem Umfang hat. Man ſieht von einer Anhoͤhe auf einen See hinunter, der<lb/> zu unſern Fuͤßen fließt, und gerade vor ſich hat man den Wald von <hi rendition="#fr">Roß a goul</hi>.<lb/> Dieſer Wald iſt ein vollkommen dunkler Schatten, und thut eine unvergleichliche<lb/> Wirkung. An der andern Seite ſtoͤßt es an ein audres waldigtes Vorgebirge, auf<lb/> welchem ſich eine ſchoͤne Ebne zwiſchen zerſtreueten Baͤumen entdeckt, die nur eben<lb/> einen Blick auf das halb verdunkelte Haus verſtatten. Richtet man das Auge ein<lb/> wenig weiter zur Linken, ſo ſieht man drey andre ſchmale Waldſtriche, die ſich in den<lb/> See erſtrecken, uͤberhaupt einen dicken Schatten geben, aber hie und da das Waſſer<lb/> hinter den Staͤmmen und zwiſchen den Zweigen der Baͤume blicken laſſen. Die ganze<lb/> Ausſicht iſt von bebaueten Huͤgeln eingeſchloſſen, denen entfernte Berge im Ruͤcken<lb/> liegen. Hier ſind keine Gegenſtaͤnde, die man nicht deutlich unterſcheiden kann, keine,<lb/> die nicht die Schoͤnheit der Scene vergroͤßern, welche im Ganzen eine Landſchaft dar-<lb/> ſtellt, die reich an mannigfaltigen Reizen iſt. Die andre Meerenge unter <hi rendition="#fr">Roßmoor</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">zeigt</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0083]
nach dem Charakter der Gegenden.
und Kummer entfernt leben will. Vor dem Hauſe iſt eine Ebne, die ihr lebhaftes
Gruͤn zwiſchen den dunklern Schatten zeigt; und oberhalb der Landenge, die es mit
dem waldigten Vorgebirge, welches Roß a goul genannt wird, vereinigt, bildet der
See ein ſchoͤnes von Baͤumen eingefaßtes Becken, deſſen Silberflaͤche hinter den
Staͤmmen einzelner Baͤume durchbricht; endlich beſchließen die Berge von Turaw
den ganzen Proſpect auf das praͤchtigſte. Hin und wieder iſt ein wuͤſter Fleck Landes,
der die Scene noch abwechſelnder macht. Von einem Huͤgel ſieht man einen ganz
andern Schauplatz. Hier erblickt man ein kleines Vorgebirge von Gehoͤlze, welches
in einem Meerbuſen hervorragt, der von zwey andern unweit groͤßern, Roß a goul
und Roß moor-eaſt, gebildet wird. Hier ſtroͤmt der See in großer Breite zwi-
ſchen unzaͤhligen Inſeln, beynahe ſo weit das Auge reicht. In der großen Bucht
zur Rechten unter dem Gebirge Turaw ſind zwey ſchoͤne Inſeln, welche, mit
Baͤumen hin und wieder beſtreuet, nebſt dem Vorgebirge die angenehmſte Ab-
wechſelung geben.
Mannigfaltigere und ſchoͤnere Ausſichten giebt es nicht, als das Vorgebirge
Roßmoor hat. Die Inſeln zu beyden Seiten ſind von verſchiedener Art; einige ſind
dicke Gehoͤlze, auf andern wachſen blos Geſtraͤuche. Hier ſind einzelne Felſen, und
dort ſchoͤne gruͤne Huͤgel, die ſich ſtolz aus dem Waſſer erheben. Eben ſo unterſchieden
ſind auch die Vorgebirge. Einige beſtehen aus einem dicken Walde, der den dunkel-
ſten Schatten giebt; andre ſind offne Hayne; allenthalben aber iſt die Kuͤſte hoch und
ſtellet anmuthige Landſchaften dar. Von der oͤſtlichen Spitze von Roßmoor iſt der
Schauplatz wirklich reizend. Man hat ein hohes Vorgebirge von Wald und Ebne
vor ſich, welches ſo weit in den See ſich erſtrecket, daß man eine doppelte Ausſicht
von großem Umfang hat. Man ſieht von einer Anhoͤhe auf einen See hinunter, der
zu unſern Fuͤßen fließt, und gerade vor ſich hat man den Wald von Roß a goul.
Dieſer Wald iſt ein vollkommen dunkler Schatten, und thut eine unvergleichliche
Wirkung. An der andern Seite ſtoͤßt es an ein audres waldigtes Vorgebirge, auf
welchem ſich eine ſchoͤne Ebne zwiſchen zerſtreueten Baͤumen entdeckt, die nur eben
einen Blick auf das halb verdunkelte Haus verſtatten. Richtet man das Auge ein
wenig weiter zur Linken, ſo ſieht man drey andre ſchmale Waldſtriche, die ſich in den
See erſtrecken, uͤberhaupt einen dicken Schatten geben, aber hie und da das Waſſer
hinter den Staͤmmen und zwiſchen den Zweigen der Baͤume blicken laſſen. Die ganze
Ausſicht iſt von bebaueten Huͤgeln eingeſchloſſen, denen entfernte Berge im Ruͤcken
liegen. Hier ſind keine Gegenſtaͤnde, die man nicht deutlich unterſcheiden kann, keine,
die nicht die Schoͤnheit der Scene vergroͤßern, welche im Ganzen eine Landſchaft dar-
ſtellt, die reich an mannigfaltigen Reizen iſt. Die andre Meerenge unter Roßmoor
zeigt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |