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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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Anhang. Beschreibungen
wird die Pflanzung zwar den Reiz der Neuheit und Jugend verlieren; unter hohen
Stämmen ausländischer Länder wird sie aber jederzeit neu und gegen einheimische Lust-
hölzer verschieden seyn; man siehet die Schönheit der fremden Natur gewissermaßen
vollendet. Für den eigentlichen Liebhaber der Verschiedenheit giebt sie gedoppeltes
Vergnügen: er siehet den wahren Wuchs eines seltenen Stammes, er belehret sich
durch diese praktische Erfahrung von dessen Werth oder Unwerth für unsern Himmels-
strich, er wird auf neue Betrachtungen, auf neue Untersuchungen geleitet. Wahr-
scheinlich haben wir daraus für die Forstkunde noch Erweiterungen zu erwarten, wahr-
scheinlich wird eine oder die andere gute und schöne Holzart bey uns in folgenden Jahr-
hunderten mehr einheimisch gemacht, ohne was dabey die Aussicht in Verschiedenheit
des Laubes und des Stammes gewinnet, und Verschönerungen der lachenden Wiesen
und Fluren abgeben werden.

Solche weit ausgebreitete Pflanzungen geben wahre Erfahrungen; der Unter-
sucher darf sich nicht bey einzelnen Stücken aufhalten und daraus Trugschlüsse herlei-
ten; er kann bey Funfzig und Hunderten zählen und sicherer rechnen und schließen.
Wie viel auch selbst die Pflanzenlehre dabey gewinnet, zeigen die in der Harbkeschen
wilden Baumzucht
schon angeführten Bemerkungen: sie werden sich noch vermehren
lassen und diese Wissenschaft bereichern, wenn die Besitzer, wie dieß der Fall bey
dieser ist, lobenswürdig fortfahren, neue Pflanzen zu sammeln und zu bauen, und
dadurch Aufmunterung zur Nachfolge in gleicher Bearbeitung geben. Ich sehe im
Geiste auch nach ihrem Muster die Veränderung und Bildung mancher Gärten nach
natürlicher Schönheit im voraus. Das Vergnügen, selbst Schöpfer zu seyn, führt so
viel Zufriedenheit mit sich, daß jeder begüterter Herr eines Landguts, wenn er sonst
sich etwas über Unthätigkeit erhebt, gewiß Nachahmer und Selbstschöpfer seyn wird;
nur muß er sich nach der Lage seines Orts allein richten, und nicht alles, was andere
eigenthümlich haben, auf einem Platz in einander gedrängt besitzen wollen. Wie oft
fallen nicht Anlagen in diesen Fehler, werden dadurch unnatürlich, und verlieren, so
daß sie sich nicht erhalten! Die edle Natur ist einfach; man folgt ihr in ihren Pla-
nen, ohne sie zu sehr zwingen zu wollen, und alsdenn ist und bleibt sie Natur, so wie
es vorzüglich Harbke ist und bleiben wird.

Geschrieben im August 1782.



X. Beschrei-

Anhang. Beſchreibungen
wird die Pflanzung zwar den Reiz der Neuheit und Jugend verlieren; unter hohen
Staͤmmen auslaͤndiſcher Laͤnder wird ſie aber jederzeit neu und gegen einheimiſche Luſt-
hoͤlzer verſchieden ſeyn; man ſiehet die Schoͤnheit der fremden Natur gewiſſermaßen
vollendet. Fuͤr den eigentlichen Liebhaber der Verſchiedenheit giebt ſie gedoppeltes
Vergnuͤgen: er ſiehet den wahren Wuchs eines ſeltenen Stammes, er belehret ſich
durch dieſe praktiſche Erfahrung von deſſen Werth oder Unwerth fuͤr unſern Himmels-
ſtrich, er wird auf neue Betrachtungen, auf neue Unterſuchungen geleitet. Wahr-
ſcheinlich haben wir daraus fuͤr die Forſtkunde noch Erweiterungen zu erwarten, wahr-
ſcheinlich wird eine oder die andere gute und ſchoͤne Holzart bey uns in folgenden Jahr-
hunderten mehr einheimiſch gemacht, ohne was dabey die Ausſicht in Verſchiedenheit
des Laubes und des Stammes gewinnet, und Verſchoͤnerungen der lachenden Wieſen
und Fluren abgeben werden.

Solche weit ausgebreitete Pflanzungen geben wahre Erfahrungen; der Unter-
ſucher darf ſich nicht bey einzelnen Stuͤcken aufhalten und daraus Trugſchluͤſſe herlei-
ten; er kann bey Funfzig und Hunderten zaͤhlen und ſicherer rechnen und ſchließen.
Wie viel auch ſelbſt die Pflanzenlehre dabey gewinnet, zeigen die in der Harbkeſchen
wilden Baumzucht
ſchon angefuͤhrten Bemerkungen: ſie werden ſich noch vermehren
laſſen und dieſe Wiſſenſchaft bereichern, wenn die Beſitzer, wie dieß der Fall bey
dieſer iſt, lobenswuͤrdig fortfahren, neue Pflanzen zu ſammeln und zu bauen, und
dadurch Aufmunterung zur Nachfolge in gleicher Bearbeitung geben. Ich ſehe im
Geiſte auch nach ihrem Muſter die Veraͤnderung und Bildung mancher Gaͤrten nach
natuͤrlicher Schoͤnheit im voraus. Das Vergnuͤgen, ſelbſt Schoͤpfer zu ſeyn, fuͤhrt ſo
viel Zufriedenheit mit ſich, daß jeder beguͤterter Herr eines Landguts, wenn er ſonſt
ſich etwas uͤber Unthaͤtigkeit erhebt, gewiß Nachahmer und Selbſtſchoͤpfer ſeyn wird;
nur muß er ſich nach der Lage ſeines Orts allein richten, und nicht alles, was andere
eigenthuͤmlich haben, auf einem Platz in einander gedraͤngt beſitzen wollen. Wie oft
fallen nicht Anlagen in dieſen Fehler, werden dadurch unnatuͤrlich, und verlieren, ſo
daß ſie ſich nicht erhalten! Die edle Natur iſt einfach; man folgt ihr in ihren Pla-
nen, ohne ſie zu ſehr zwingen zu wollen, und alsdenn iſt und bleibt ſie Natur, ſo wie
es vorzuͤglich Harbke iſt und bleiben wird.

Geſchrieben im Auguſt 1782.



X. Beſchrei-
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[246/0250] Anhang. Beſchreibungen wird die Pflanzung zwar den Reiz der Neuheit und Jugend verlieren; unter hohen Staͤmmen auslaͤndiſcher Laͤnder wird ſie aber jederzeit neu und gegen einheimiſche Luſt- hoͤlzer verſchieden ſeyn; man ſiehet die Schoͤnheit der fremden Natur gewiſſermaßen vollendet. Fuͤr den eigentlichen Liebhaber der Verſchiedenheit giebt ſie gedoppeltes Vergnuͤgen: er ſiehet den wahren Wuchs eines ſeltenen Stammes, er belehret ſich durch dieſe praktiſche Erfahrung von deſſen Werth oder Unwerth fuͤr unſern Himmels- ſtrich, er wird auf neue Betrachtungen, auf neue Unterſuchungen geleitet. Wahr- ſcheinlich haben wir daraus fuͤr die Forſtkunde noch Erweiterungen zu erwarten, wahr- ſcheinlich wird eine oder die andere gute und ſchoͤne Holzart bey uns in folgenden Jahr- hunderten mehr einheimiſch gemacht, ohne was dabey die Ausſicht in Verſchiedenheit des Laubes und des Stammes gewinnet, und Verſchoͤnerungen der lachenden Wieſen und Fluren abgeben werden. Solche weit ausgebreitete Pflanzungen geben wahre Erfahrungen; der Unter- ſucher darf ſich nicht bey einzelnen Stuͤcken aufhalten und daraus Trugſchluͤſſe herlei- ten; er kann bey Funfzig und Hunderten zaͤhlen und ſicherer rechnen und ſchließen. Wie viel auch ſelbſt die Pflanzenlehre dabey gewinnet, zeigen die in der Harbkeſchen wilden Baumzucht ſchon angefuͤhrten Bemerkungen: ſie werden ſich noch vermehren laſſen und dieſe Wiſſenſchaft bereichern, wenn die Beſitzer, wie dieß der Fall bey dieſer iſt, lobenswuͤrdig fortfahren, neue Pflanzen zu ſammeln und zu bauen, und dadurch Aufmunterung zur Nachfolge in gleicher Bearbeitung geben. Ich ſehe im Geiſte auch nach ihrem Muſter die Veraͤnderung und Bildung mancher Gaͤrten nach natuͤrlicher Schoͤnheit im voraus. Das Vergnuͤgen, ſelbſt Schoͤpfer zu ſeyn, fuͤhrt ſo viel Zufriedenheit mit ſich, daß jeder beguͤterter Herr eines Landguts, wenn er ſonſt ſich etwas uͤber Unthaͤtigkeit erhebt, gewiß Nachahmer und Selbſtſchoͤpfer ſeyn wird; nur muß er ſich nach der Lage ſeines Orts allein richten, und nicht alles, was andere eigenthuͤmlich haben, auf einem Platz in einander gedraͤngt beſitzen wollen. Wie oft fallen nicht Anlagen in dieſen Fehler, werden dadurch unnatuͤrlich, und verlieren, ſo daß ſie ſich nicht erhalten! Die edle Natur iſt einfach; man folgt ihr in ihren Pla- nen, ohne ſie zu ſehr zwingen zu wollen, und alsdenn iſt und bleibt ſie Natur, ſo wie es vorzuͤglich Harbke iſt und bleiben wird. Geſchrieben im Auguſt 1782. X. Beſchrei-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/250>, abgerufen am 24.11.2024.