Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.Anhang. Beschreibungen Bey diesem Pavillon winden sich einige schlängelnde Pfade zwischen schattenrei- worinn *) Die Frau von Dewitz, geborne von Rumohr.
Anhang. Beſchreibungen Bey dieſem Pavillon winden ſich einige ſchlaͤngelnde Pfade zwiſchen ſchattenrei- worinn *) Die Frau von Dewitz, geborne von Rumohr.
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Anhang. Beſchreibungen
Bey dieſem Pavillon winden ſich einige ſchlaͤngelnde Pfade zwiſchen ſchattenrei-
chen Gebuͤſchen, die aus mancherley einheimiſchen Straͤuchern beſtehen, einen Abhang
hinunter, und verlieren ſich nach der Faͤhre hin. Man ſieht unten die Haͤuſer von
Kappel, an dem ſchraͤg gegenuͤber liegenden Ufer, ganz frey und niedrig vor ſich lie-
gen, mit einer Sammlung von Schiffen und Fahrzeugen, die ſich hier aufzuhalten
pflegen. Die Ausſicht iſt auf dieſen Gaͤngen bald ganz geſchloſſen, bald mit guter
Wahl auf die ſchoͤnſten Geſichtspunkte eroͤffnet. Man ſieht bald die Schley, bald
Kappel, bald einen Wald, bald andre Theile der Landſchaft. Durch die Richtun-
gen der Ausſichten aber ſind die Gemaͤlde vervielfaͤltigt. Und um ſie ganz zu genießen,
ſind die Plaͤtze fuͤr die Sitze mit Geſchmack gewaͤhlt. Unter dieſen befindet ſich ein
kleines Borkhaus. Ein andres mit Stroh bedecktes Gebaͤude liegt, von ihm entfernt,
in eben dieſen Luſtgebuͤſchen. Es beſteht unten aus einem runden Zimmer, mit
Baumrinden ausgeſchlagen und mit Baͤnken umher beſetzt. Oben an der Decke er-
ſcheint die Inſchrift:
Alterna
Requie!
Man genießt hier die Ausſicht auf die Schley und auf einen Theil des Fleckens mit
der Kirche; eine Ausſicht, die man beym Eintritt im Spiegel ſich ſanfter malen ſieht.
Ein hoͤher liegender Gang fuͤhrt hinten in das obere Kabinet, das gleichſam das zweyte
Stockwerk des Gebaͤudes ausmacht. Die horaziſche Inſchrift:
Linquenda tellus et domus et placens
Uxor, neque harum, quas colis, arborum
Te praeter inviſas cupreſſos
Ulla brevem dominum ſequetur.
iſt ganz einem Sitz angemeſſen, der ernſthaften Gedanken in der Einſamkeit geweihet
ward. Das Andenken des vorigen Beſitzers kehrt hier zuruͤck, und fuͤllt das Herz
mit Verehrung und Wehmuth. Hier ſaß er oft in Betrachtungen uͤber den Werth
eines Lebens, das er als ein Weiſer genoß, und laͤnger zu genießen ſo werth war.
Verlaſſen hat er nun dieſen Landſitz, dieſes Haus, dieſe freundlichgefaͤllige Gattinn, *)
eine der edlen, weiblichen Seelen, die ſo gern in den ſanften Empfindungen des Guten
und des Schoͤnen dahinſchmelzen, und keinen ſuͤßern Genuß ihres Daſeyns kennen.
Noch fließt ihre Thraͤne oft in dieſen einſamen Gebuͤſchen nieder; aber ihr Blick erhebt
ſich wieder mit ruhiger Sehnſucht zu den ſchoͤnern Gefilden der Unſterblichkeit empor,
worinn
*) Die Frau von Dewitz, geborne von Rumohr.
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