Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.Vierter Abschnitt. Gärten Welche liebliche Bilder, welche süße umherschwärmende Phantasien erweckt eine solcheScene! Sanft zerschmelzt das Herz bey der Empfindung der Inschrift: O! Laura, sey gegrüsset, Hier, wo man scherzt und küsset, Laß unter Nachtigallen Dein süßes Lied erschallen! II. Sommergarten. Der Charakter des Sommers hat seine ausgezeichneten Unterscheidungstheile. Von
Vierter Abſchnitt. Gaͤrten Welche liebliche Bilder, welche ſuͤße umherſchwaͤrmende Phantaſien erweckt eine ſolcheScene! Sanft zerſchmelzt das Herz bey der Empfindung der Inſchrift: O! Laura, ſey gegruͤſſet, Hier, wo man ſcherzt und kuͤſſet, Laß unter Nachtigallen Dein ſuͤßes Lied erſchallen! II. Sommergarten. Der Charakter des Sommers hat ſeine ausgezeichneten Unterſcheidungstheile. Von
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Vierter Abſchnitt. Gaͤrten
Welche liebliche Bilder, welche ſuͤße umherſchwaͤrmende Phantaſien erweckt eine ſolche
Scene! Sanft zerſchmelzt das Herz bey der Empfindung der Inſchrift:
O! Laura, ſey gegruͤſſet,
Hier, wo man ſcherzt und kuͤſſet,
Laß unter Nachtigallen
Dein ſuͤßes Lied erſchallen!
II.
Sommergarten.
Der Charakter des Sommers hat ſeine ausgezeichneten Unterſcheidungstheile.
Alle Gewaͤchſe ſchwelgen nun in der ganzen Staͤrke ihres Wachsthums, und
die Fruͤchte der Fluren und der Baͤume gluͤhen ihrer Reiſung entgegen. Tauſend
Blumen ſtehen in der Fuͤlle ihrer Schoͤnheit aufgeſchloſſen. Ueberall ſchwebt das
uͤberſchattende Laubwerk umher, ganz enthuͤllt und ausgewickelt zu reichen Woͤlbungen;
das Gruͤn hat ſeine voͤllige Farbenkraft erreicht. Die Waͤlder wallen in der ſtolzen
Schoͤnheit ihres Laubes. Die Wieſen verhauchen einen Reichthum von Duͤften,
und beleben ſich mit den frohen Scenen der Einſammlung des Graſes, wo unter den
Geſchaͤfften der Schnitter und der Garbenbinderinnen bald ein laͤndlicher Scherz, bald
ein Lied von Liebe, bald der Schlag der nachbarlichen Wachtel ertoͤnt. Mit ihnen
wechſeln die Auftritte der mannigfaltigen Kornaͤrndte. Die Heerden jauchzen mit
rauhen Toͤnen uͤber den Ueberfluß ihrer Weide, und reicher gefuͤllt kommen die Milch-
eimer von ihnen zuruͤck. Alle Scenen der Natur erſcheinen in ihrer ganzen Pracht
und Vollkommenheit. Die Gewitter bilden in den Wolken die herrlichſten Schau-
ſpiele fuͤr das Auge. Mit der ſteigenden Hitze vermehrt ſich der erquickende Schatten,
mit dem laͤngern Lichte die tiefere Dunkelheit der Waͤlder. Der Sommer giebt jeder
Zeit des Tages ſeinen eigenen Charakter und ſeine Annehmlichkeiten: dem Morgen
friſche Kuͤhlung; dem Mittag ſchwuͤle Helle und feyerliches Schweigen durch die ganze
Natur, Ruhe der Arbeit und ſelbſt des Geſanges; dem Abend erquickende Milde und
ſanfte Stille. Und welche Nacht folgt dieſem Tage! Ihre Stunden haben nichts von
ſchreckender Finſterniß; ſie ſchweben mit einer lieblichen Daͤmmerung ſanft voruͤber;
ihre Kuͤhle, ihre Wohlgeruͤche, ihre Stille erquickt die leichtſchlummernde Natur;
und der Himmel ſelbſt laͤchelt uͤber ſie mit freundlichen Geſtirnen herab.
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