Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.nach dem Charakter der Gegenden. seyn sollte, aber unter tausenden nicht eins ist. Doch man nehme die Insel mit ihrengeringen Unvollkommenheiten, wie sie ist, wo werden wir eine andre von der Art fin- den? Welch ein anmuthiger Aufenthalt! Ist es möglich, daß die Glückseligkeit sich weigern könnte, hier ein Gast zu seyn, wenn man eine Hütte, einige Kühe und einen Haufen Federvieh hätte? Von Roß-Castle nach Innisfallen ist das Ufer von Roß eines der schön- Das Ufer von Junisfallen ist sehr abwechselnd, aber im Ganzen waldigt, und Wenn man Tomis näher kommt, so entdeckt man einen so weitläuftigen und Von IV Band. S
nach dem Charakter der Gegenden. ſeyn ſollte, aber unter tauſenden nicht eins iſt. Doch man nehme die Inſel mit ihrengeringen Unvollkommenheiten, wie ſie iſt, wo werden wir eine andre von der Art fin- den? Welch ein anmuthiger Aufenthalt! Iſt es moͤglich, daß die Gluͤckſeligkeit ſich weigern koͤnnte, hier ein Gaſt zu ſeyn, wenn man eine Huͤtte, einige Kuͤhe und einen Haufen Federvieh haͤtte? Von Roß-Caſtle nach Innisfallen iſt das Ufer von Roß eines der ſchoͤn- Das Ufer von Junisfallen iſt ſehr abwechſelnd, aber im Ganzen waldigt, und Wenn man Tomis naͤher kommt, ſo entdeckt man einen ſo weitlaͤuftigen und Von IV Band. S
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0141" n="137"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach dem Charakter der Gegenden.</hi></fw><lb/> ſeyn ſollte, aber unter tauſenden nicht eins iſt. Doch man nehme die Inſel mit ihren<lb/> geringen Unvollkommenheiten, wie ſie iſt, wo werden wir eine andre von der Art fin-<lb/> den? Welch ein anmuthiger Aufenthalt! Iſt es moͤglich, daß die Gluͤckſeligkeit ſich<lb/> weigern koͤnnte, hier ein Gaſt zu ſeyn, wenn man eine Huͤtte, einige Kuͤhe und einen<lb/> Haufen Federvieh haͤtte?</p><lb/> <p>Von <hi rendition="#fr">Roß-Caſtle</hi> nach <hi rendition="#fr">Innisfallen</hi> iſt das Ufer von <hi rendition="#fr">Roß</hi> eines der ſchoͤn-<lb/> ſten unter den waldigten Inſeln des Sees. Es ſcheint ſich mit <hi rendition="#fr">Innisfallen</hi> verei-<lb/> nigen zu wollen, und ragt in dicken Waͤldern in dem Waſſer hervor. In der Mitte<lb/> des Canals iſt ein großer Felſen, und auf der andern Seite ein kleines Vorgebirge ei-<lb/> niger zerſtreuten Baͤume. Die ganze Scene iſt einnehmend.</p><lb/> <p>Das Ufer von <hi rendition="#fr">Junisfallen</hi> iſt ſehr abwechſelnd, aber im Ganzen waldigt, und<lb/> von der Art der Schoͤnheit, die in dieſem Eilande den Vorzug hat. Eine Bucht iſt<lb/> ausnehmend artig, ſie iſt ein halber Zirkel, in deſſen Mittelpunkt eine Anhoͤhe von<lb/> Wald hervorragt, welches einen angenehmen Eindruck macht.</p><lb/> <p>Wenn man <hi rendition="#fr">Tomis</hi> naͤher kommt, ſo entdeckt man einen ſo weitlaͤuftigen und<lb/> ſo dickbelaubten Wald, daß niemand ihn ohne Bewunderung anſchauen kann. Der<lb/> bergigte Theil oberhalb deſſelben iſt unſern Blicken verdeckt. Man ſieht nichts als<lb/> Wald, und dieſen in der groͤßten Schoͤnheit; er umgiebt eine Bucht, und mitten dar-<lb/> inn iſt ein Riß in dem Walde. Dieſer iſt das Bette eines großen Stroms, der<lb/><hi rendition="#fr">O’Sullivans</hi> Caſcade bildet, wohin alle Fremde als zu einer der groͤßten Schoͤnheiten<lb/> von <hi rendition="#fr">Killarney</hi> gefuͤhret werden. Steigt man auf der rechten Seite an Land, ſo<lb/> geht man unter dem dicken Schatten des Waldes uͤber einen felſigten Abhang hart an<lb/> den Strom, der ungeſtuͤm von Fels zu Fels mit ſchrecklichem Brauſen ſich waͤlzet.<lb/> Die Phantaſie kann ſich nichts ſchildern, was die Wirklichkeit uͤbertraͤfe. Ein großer<lb/> Strom bricht aus dem tiefen Schooß eines waldigten Thals hervor, das in einer Ein-<lb/> oͤde von Fels und Baͤumen verſteckt, und an ſich ſchon romantiſch iſt, wenn auch kein<lb/> Tropfen Waſſer da waͤre. Der erſte Fall iſt einige Fuß ſenkrecht uͤber einen Felſen,<lb/> ohne daß man das Becken ſieht, in welches er faͤllt. Von dieſem Becken draͤngt er<lb/> ſich zwiſchen zweyen Felſen ungeſtuͤm durch. Der zweyte Fall iſt auch ziemlich hoch;<lb/> aber der unterſte iſt der hoͤchſte, und ſtuͤrzt ebenfalls aus einem dem Auge verborgnen<lb/> Becken hervor. Dieſe Becken ſind groß, denn zwiſchen jedem Fall iſt ein Raum<lb/> von einigen Yarden, der das Maleriſche vergroͤßert. Der ganze Fall iſt von einem<lb/> Gewoͤlbe von Wald umgeben. Das Waſſer ſtuͤrzt in ſolcher Menge herab, daß es<lb/> ein betaͤubendes Geraͤuſch macht; und da es ſich unten mit dem Strom, wo große<lb/> und unzaͤhlige Felſenſtuͤcke ſind, vereinigt, ſo verbreitet es uͤber das Ganze ein Anſehen<lb/> der Groͤße. Er iſt auf ſiebzig Fuß hoch.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">IV</hi><hi rendition="#fr">Band.</hi> S</fw> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0141]
nach dem Charakter der Gegenden.
ſeyn ſollte, aber unter tauſenden nicht eins iſt. Doch man nehme die Inſel mit ihren
geringen Unvollkommenheiten, wie ſie iſt, wo werden wir eine andre von der Art fin-
den? Welch ein anmuthiger Aufenthalt! Iſt es moͤglich, daß die Gluͤckſeligkeit ſich
weigern koͤnnte, hier ein Gaſt zu ſeyn, wenn man eine Huͤtte, einige Kuͤhe und einen
Haufen Federvieh haͤtte?
Von Roß-Caſtle nach Innisfallen iſt das Ufer von Roß eines der ſchoͤn-
ſten unter den waldigten Inſeln des Sees. Es ſcheint ſich mit Innisfallen verei-
nigen zu wollen, und ragt in dicken Waͤldern in dem Waſſer hervor. In der Mitte
des Canals iſt ein großer Felſen, und auf der andern Seite ein kleines Vorgebirge ei-
niger zerſtreuten Baͤume. Die ganze Scene iſt einnehmend.
Das Ufer von Junisfallen iſt ſehr abwechſelnd, aber im Ganzen waldigt, und
von der Art der Schoͤnheit, die in dieſem Eilande den Vorzug hat. Eine Bucht iſt
ausnehmend artig, ſie iſt ein halber Zirkel, in deſſen Mittelpunkt eine Anhoͤhe von
Wald hervorragt, welches einen angenehmen Eindruck macht.
Wenn man Tomis naͤher kommt, ſo entdeckt man einen ſo weitlaͤuftigen und
ſo dickbelaubten Wald, daß niemand ihn ohne Bewunderung anſchauen kann. Der
bergigte Theil oberhalb deſſelben iſt unſern Blicken verdeckt. Man ſieht nichts als
Wald, und dieſen in der groͤßten Schoͤnheit; er umgiebt eine Bucht, und mitten dar-
inn iſt ein Riß in dem Walde. Dieſer iſt das Bette eines großen Stroms, der
O’Sullivans Caſcade bildet, wohin alle Fremde als zu einer der groͤßten Schoͤnheiten
von Killarney gefuͤhret werden. Steigt man auf der rechten Seite an Land, ſo
geht man unter dem dicken Schatten des Waldes uͤber einen felſigten Abhang hart an
den Strom, der ungeſtuͤm von Fels zu Fels mit ſchrecklichem Brauſen ſich waͤlzet.
Die Phantaſie kann ſich nichts ſchildern, was die Wirklichkeit uͤbertraͤfe. Ein großer
Strom bricht aus dem tiefen Schooß eines waldigten Thals hervor, das in einer Ein-
oͤde von Fels und Baͤumen verſteckt, und an ſich ſchon romantiſch iſt, wenn auch kein
Tropfen Waſſer da waͤre. Der erſte Fall iſt einige Fuß ſenkrecht uͤber einen Felſen,
ohne daß man das Becken ſieht, in welches er faͤllt. Von dieſem Becken draͤngt er
ſich zwiſchen zweyen Felſen ungeſtuͤm durch. Der zweyte Fall iſt auch ziemlich hoch;
aber der unterſte iſt der hoͤchſte, und ſtuͤrzt ebenfalls aus einem dem Auge verborgnen
Becken hervor. Dieſe Becken ſind groß, denn zwiſchen jedem Fall iſt ein Raum
von einigen Yarden, der das Maleriſche vergroͤßert. Der ganze Fall iſt von einem
Gewoͤlbe von Wald umgeben. Das Waſſer ſtuͤrzt in ſolcher Menge herab, daß es
ein betaͤubendes Geraͤuſch macht; und da es ſich unten mit dem Strom, wo große
und unzaͤhlige Felſenſtuͤcke ſind, vereinigt, ſo verbreitet es uͤber das Ganze ein Anſehen
der Groͤße. Er iſt auf ſiebzig Fuß hoch.
Von
IV Band. S
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |