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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten,
von einheimiſchen und auslaͤndiſchen, beſonders nordamerikaniſchen Baͤumen,
Straͤuchern und Pflanzen, die hier ein vortreffliches Gedeyen haben, geben ihm ſeine
Tempel einen merkwuͤrdigen Vorzug. Man hat durch dieſe den Mangel der natuͤr-
lichen Abwechſelungen, die dem Orte fehlen, zu erſetzen geſucht. Denn in dem In-
nern laufen die Proſpecte nur in der Naͤhe herum, nur auf ein Waſſerſtuͤck, auf die
Baͤume, Buͤſche und kleine Anhoͤhen; und man muß einen Thurm beſteigen, um
eine Ausſicht aufs Land zu genießen. Die Tempel moͤgen fuͤr den eingeſchraͤnkten
Raum zu gehaͤuft ſeyn, ſie moͤgen nicht immer ihnen zugehoͤrige Scenen haben, wo-
durch ſie ſich mehr von einander abſondern, und ihre Wirkungen, die ſich nun in
einander verlieren, beſtimmter und ſtaͤrker beweiſen wuͤrden; dennoch haben dieſe Ge-
baͤude ſo viel Schoͤnheit der Architektur, ſie ahmen die antike Form mit ſo viel Ge-
ſchmack nach, daß ſie unter den neuern Werken dieſer Art eine vorzuͤgliche Aufmerk-
ſamkeit verdienen. Wenn ein Koͤnig, der ſo viel feinen Geſchmack in der Baukunſt
und zugleich ſo viel Kenntniß der Botanik beſitzt, deſſen ſanfte Seele den Eindruͤcken
der Naturſcenen nicht weniger, als den Gefuͤhlen der Menſchenliebe, der Zaͤrtlichkeit
und der Freundſchaft offen ſteht, der mit der Wuͤrde des Monarchen das Gluͤck eines
Privatmannes zu vereinigen weiß, und wenn ihm die oͤffentlichen Geſchaͤfte erlauben
vom Thron zu ſteigen, ſich in ein Haus voll Einfalt und beſcheidener Zierlichkeit *)
verbirgt, nur ſtolz, Gemahl und Vater zu ſeyn, wenn dieſer Koͤnig einer Nation
vorſteht, die ihre Neigung zum Freyen und Edlen ſelbſt in ihren Landſitzen zu ver-
breiten gewohnt iſt; ſo ſollten ihm zu ſeinen Luſtoͤrtern die beſten Plaͤtze des Landes ge-
hoͤren, um ſie noch mehr zum Ruhm der Kunſt mit den Denkmaͤlern ſeiner Erfindung
zu verſchoͤnern.

Die ſchoͤnſten Gebaͤude im Garten zu Kew ſind die Tempel des Sieges und
der Sonne. Der erſte iſt zum Andenken des beruͤhmten Sieges errichtet, den
1759 bey Minden die brittiſche alliirte Armee unter den Befehlen des Herzogs
Ferdinand von Braunſchweig uͤber die franzoͤſiſche unter dem Marſchall von
Contades erhielt. Der Tempel erhebt ſich auf einem Huͤgel, und iſt ein vollkom-
men und praͤchtig ausgefuͤhrtes Gebaͤude. Es iſt ein zirkelfoͤrmiger Peripteros von
koniſcher Ordnung, und die Saͤulen haben Streifen. Der Fries iſt mit Laubwerk
geziert, und rings um die Attike ſchlingt ſich ein Kranz von Lorbeerblaͤttern. Die
Zelle oder das innere Gemach, woraus man einen artigen Proſpect hat, iſt mit fei-

nen
*) S. Abbildung des Hauſes zu Kew im 2ten B.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/72>, abgerufen am 19.02.2025.