Die schönsten Dächer sind die Kupeln, die runden Gebäuden zukommen. Sie geben schon in der Ferne einen prächtigen Anblick, und fast möchte man sie schon aus diesem Grunde empfehlen, wenn runde Gebäude nicht schon überhaupt in Ansehung die- ser Figur so viel Schönheit enthielten. Uebertrifft die Höhe der Kupel ihre Breite, so wird dadurch das gute Ansehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel ist zu platt. Kupeln scheinen vorzüglich zierlichen Landhäusern angemessen, die aus einer runden einfachen Hauptwohnung ohne Flügel oder Nebengebäude bestehen, und sich durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen sollen. Sie verstatten das von oben einfallende schönere Licht, und nehmen sich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauer- werken und Deckengemälden, vortrefflich aus.
Auch läßt sich zuweilen auf Landhäusern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer freyen Gallerie über dem Gebälke, mit welchem sich eigentlich das Gebäude endigt, und daher einen erhöheten Aufsatz überflüßig macht. Die Gallerie ist mit einem Docken- geländer zu umgeben, das bey der nöthigen Festigkeit mit Zierlichkeit gebauet seyn muß. Man genießt hier eine freye Aussicht, und schöpft in den Stunden des Abends eine angeneh- me Kühlung; daher diese Anordnung sich am meisten zu Landhäusern und Gartengebäuden schickt, und besonders in heißen Ländern, wo außerdem wenig Regen fällt, geliebt wird.
Thürme scheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Lustschlosses oder Land- hauses nicht recht vereinbar, indem sie fast immer dem Gebäude ein plumpes oder doch schweres Ansehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahr- hunderte, da sie bald bloße Befestigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald Gefängnisse der Schwächern waren.
[Abbildung]
III. Ver-
IIIBand. D
und Landhaͤuſern.
Die ſchoͤnſten Daͤcher ſind die Kupeln, die runden Gebaͤuden zukommen. Sie geben ſchon in der Ferne einen praͤchtigen Anblick, und faſt moͤchte man ſie ſchon aus dieſem Grunde empfehlen, wenn runde Gebaͤude nicht ſchon uͤberhaupt in Anſehung die- ſer Figur ſo viel Schoͤnheit enthielten. Uebertrifft die Hoͤhe der Kupel ihre Breite, ſo wird dadurch das gute Anſehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel iſt zu platt. Kupeln ſcheinen vorzuͤglich zierlichen Landhaͤuſern angemeſſen, die aus einer runden einfachen Hauptwohnung ohne Fluͤgel oder Nebengebaͤude beſtehen, und ſich durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen ſollen. Sie verſtatten das von oben einfallende ſchoͤnere Licht, und nehmen ſich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauer- werken und Deckengemaͤlden, vortrefflich aus.
Auch laͤßt ſich zuweilen auf Landhaͤuſern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer freyen Gallerie uͤber dem Gebaͤlke, mit welchem ſich eigentlich das Gebaͤude endigt, und daher einen erhoͤheten Aufſatz uͤberfluͤßig macht. Die Gallerie iſt mit einem Docken- gelaͤnder zu umgeben, das bey der noͤthigen Feſtigkeit mit Zierlichkeit gebauet ſeyn muß. Man genießt hier eine freye Ausſicht, und ſchoͤpft in den Stunden des Abends eine angeneh- me Kuͤhlung; daher dieſe Anordnung ſich am meiſten zu Landhaͤuſern und Gartengebaͤuden ſchickt, und beſonders in heißen Laͤndern, wo außerdem wenig Regen faͤllt, geliebt wird.
Thuͤrme ſcheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Luſtſchloſſes oder Land- hauſes nicht recht vereinbar, indem ſie faſt immer dem Gebaͤude ein plumpes oder doch ſchweres Anſehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahr- hunderte, da ſie bald bloße Befeſtigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald Gefaͤngniſſe der Schwaͤchern waren.
[Abbildung]
III. Ver-
IIIBand. D
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0029"n="25"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Landhaͤuſern.</hi></fw><lb/><p>Die ſchoͤnſten Daͤcher ſind die Kupeln, die runden Gebaͤuden zukommen. Sie<lb/>
geben ſchon in der Ferne einen praͤchtigen Anblick, und faſt moͤchte man ſie ſchon aus<lb/>
dieſem Grunde empfehlen, wenn runde Gebaͤude nicht ſchon uͤberhaupt in Anſehung die-<lb/>ſer Figur ſo viel Schoͤnheit enthielten. Uebertrifft die Hoͤhe der Kupel ihre Breite,<lb/>ſo wird dadurch das gute Anſehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel iſt zu<lb/>
platt. Kupeln ſcheinen vorzuͤglich zierlichen Landhaͤuſern angemeſſen, die aus einer<lb/>
runden einfachen Hauptwohnung ohne Fluͤgel oder Nebengebaͤude beſtehen, und ſich<lb/>
durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen ſollen. Sie verſtatten das von oben<lb/>
einfallende ſchoͤnere Licht, und nehmen ſich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauer-<lb/>
werken und Deckengemaͤlden, vortrefflich aus.</p><lb/><p>Auch laͤßt ſich zuweilen auf Landhaͤuſern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer<lb/>
freyen Gallerie uͤber dem Gebaͤlke, mit welchem ſich eigentlich das Gebaͤude endigt, und<lb/>
daher einen erhoͤheten Aufſatz uͤberfluͤßig macht. Die Gallerie iſt mit einem Docken-<lb/>
gelaͤnder zu umgeben, das bey der noͤthigen Feſtigkeit mit Zierlichkeit gebauet ſeyn muß.<lb/>
Man genießt hier eine freye Ausſicht, und ſchoͤpft in den Stunden des Abends eine angeneh-<lb/>
me Kuͤhlung; daher dieſe Anordnung ſich am meiſten zu Landhaͤuſern und Gartengebaͤuden<lb/>ſchickt, und beſonders in heißen Laͤndern, wo außerdem wenig Regen faͤllt, geliebt wird.</p><lb/><p>Thuͤrme ſcheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Luſtſchloſſes oder Land-<lb/>
hauſes nicht recht vereinbar, indem ſie faſt immer dem Gebaͤude ein plumpes oder doch<lb/>ſchweres Anſehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahr-<lb/>
hunderte, da ſie bald bloße Befeſtigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald<lb/>
Gefaͤngniſſe der Schwaͤchern waren.</p><lb/><figure/><lb/></div></div><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">III</hi><hirendition="#fr">Band.</hi> D</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Ver-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[25/0029]
und Landhaͤuſern.
Die ſchoͤnſten Daͤcher ſind die Kupeln, die runden Gebaͤuden zukommen. Sie
geben ſchon in der Ferne einen praͤchtigen Anblick, und faſt moͤchte man ſie ſchon aus
dieſem Grunde empfehlen, wenn runde Gebaͤude nicht ſchon uͤberhaupt in Anſehung die-
ſer Figur ſo viel Schoͤnheit enthielten. Uebertrifft die Hoͤhe der Kupel ihre Breite,
ſo wird dadurch das gute Anſehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel iſt zu
platt. Kupeln ſcheinen vorzuͤglich zierlichen Landhaͤuſern angemeſſen, die aus einer
runden einfachen Hauptwohnung ohne Fluͤgel oder Nebengebaͤude beſtehen, und ſich
durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen ſollen. Sie verſtatten das von oben
einfallende ſchoͤnere Licht, und nehmen ſich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauer-
werken und Deckengemaͤlden, vortrefflich aus.
Auch laͤßt ſich zuweilen auf Landhaͤuſern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer
freyen Gallerie uͤber dem Gebaͤlke, mit welchem ſich eigentlich das Gebaͤude endigt, und
daher einen erhoͤheten Aufſatz uͤberfluͤßig macht. Die Gallerie iſt mit einem Docken-
gelaͤnder zu umgeben, das bey der noͤthigen Feſtigkeit mit Zierlichkeit gebauet ſeyn muß.
Man genießt hier eine freye Ausſicht, und ſchoͤpft in den Stunden des Abends eine angeneh-
me Kuͤhlung; daher dieſe Anordnung ſich am meiſten zu Landhaͤuſern und Gartengebaͤuden
ſchickt, und beſonders in heißen Laͤndern, wo außerdem wenig Regen faͤllt, geliebt wird.
Thuͤrme ſcheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Luſtſchloſſes oder Land-
hauſes nicht recht vereinbar, indem ſie faſt immer dem Gebaͤude ein plumpes oder doch
ſchweres Anſehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahr-
hunderte, da ſie bald bloße Befeſtigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald
Gefaͤngniſſe der Schwaͤchern waren.
[Abbildung]
III. Ver-
III Band. D
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/29>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.