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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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von Landhäusern.

Dieß sind die vornehmsten Gegenden und Scenen auf diesem ausgebreiteten
Gartenplatz, der, ohne die umherlaufenden Alleen und wilden Spaziergänge, an sich
über drey und funfzig Morgen Landes enthält, und nicht blos ein Werk des feinen Ge-
schmacks und der erfindungsreichen Einbildungskraft des Besitzers, sondern auch einer
mühsamen und standhaften Arbeitsamkeit ist. Denn da, wo jetzt alle diese Anlagen
reizen, sah man vorher nichts als Moräste, von Ungeziefer bewohnt; selbst die Erde
war den Gewächsen ungünstig, und mußte erst zur Fruchtbarkeit bereitet werden.
Das ganze Werk ist erst seit drey Jahren mit einem Eifer angefangen, der nöthig
war, um einen so glücklichen Erfolg zu beschleunigen. Und da schon die Jugend die-
ses Gartens so blühend ist, so kann man mit Zuversicht nach einigen Jahren weit
schönere Wirkungen erwarten, wenn alle Anlagen vollendet und die neuen Anpflan-
zungen zu ihrer ganzen Ausbildung angewachsen sind.

In der That erstaunt man, hier nicht blos ein treffliches Werk von so wenigen
Jahren zu finden, sondern auch eine solche reiche Sammlung von den herrlichsten
Wäldern, Wiesen und Kornfeldern, die man um diesen Sitz sich verbreiten sieht,
nachdem man aus den öden Sandwüsten der lüneburger Heide hergekommen ist.
Welch ein auffallender Contrast! dieser Lustort, und dagegen die angränzende mei-
lenlange Strecke, wo das Auge vergebens nach einer Hütte des Menschen in der Fer-
ne umhersucht, wo es fast immer mit trübern Vorstellungen von Unfruchtbarkeit und
Mangel zurückkehrt!

Obgleich der Garten nur aus einer Ebene besteht, und nur den einzigen ange-
legten Berg am See hat, so ist doch durch die Mannigfaltigkeit der Anpflanzung und
hie und da durch kleine Erhöhungen, besonders den Hügel am Fluß, ihre natürliche
Einförmigkeit fast ganz verdrängt. Die Bäche, die ein helles und trinkbares Wasser
haben, und worinn Fische spielen, die kleinen Wassergüsse und sprudelnden Quellen,
die weißen Brücken, die im guten Geschmack leicht und anmuthig gebauet sind, die
Menge von schönen Rasen, und die unzählbaren Geschlechte von Sangvögeln, für
welche die ganze Landschaft einen erwünschten Aufenthalt anbietet, alles dieses vereinigt
sich, die Empfindung von Leben und Bewegung zu verbreiten. Dennoch hat alles
eine sanfte Ländlichkeit und den einnehmenden Reiz der Natur. Nach dem Eingange
ist die Gränze des Gartens nirgends sichtbar; die Aussichten laufen in Kornfluren,
Wiesen und Wälder hinaus, oder die Gänge verlieren sich in die anmuthigsten wilden
Spazierwege, die auf manche Stunden weit in den anliegenden Gegenden um-
herführen.

Mit
III Band. H h
von Landhaͤuſern.

Dieß ſind die vornehmſten Gegenden und Scenen auf dieſem ausgebreiteten
Gartenplatz, der, ohne die umherlaufenden Alleen und wilden Spaziergaͤnge, an ſich
uͤber drey und funfzig Morgen Landes enthaͤlt, und nicht blos ein Werk des feinen Ge-
ſchmacks und der erfindungsreichen Einbildungskraft des Beſitzers, ſondern auch einer
muͤhſamen und ſtandhaften Arbeitſamkeit iſt. Denn da, wo jetzt alle dieſe Anlagen
reizen, ſah man vorher nichts als Moraͤſte, von Ungeziefer bewohnt; ſelbſt die Erde
war den Gewaͤchſen unguͤnſtig, und mußte erſt zur Fruchtbarkeit bereitet werden.
Das ganze Werk iſt erſt ſeit drey Jahren mit einem Eifer angefangen, der noͤthig
war, um einen ſo gluͤcklichen Erfolg zu beſchleunigen. Und da ſchon die Jugend die-
ſes Gartens ſo bluͤhend iſt, ſo kann man mit Zuverſicht nach einigen Jahren weit
ſchoͤnere Wirkungen erwarten, wenn alle Anlagen vollendet und die neuen Anpflan-
zungen zu ihrer ganzen Ausbildung angewachſen ſind.

In der That erſtaunt man, hier nicht blos ein treffliches Werk von ſo wenigen
Jahren zu finden, ſondern auch eine ſolche reiche Sammlung von den herrlichſten
Waͤldern, Wieſen und Kornfeldern, die man um dieſen Sitz ſich verbreiten ſieht,
nachdem man aus den oͤden Sandwuͤſten der luͤneburger Heide hergekommen iſt.
Welch ein auffallender Contraſt! dieſer Luſtort, und dagegen die angraͤnzende mei-
lenlange Strecke, wo das Auge vergebens nach einer Huͤtte des Menſchen in der Fer-
ne umherſucht, wo es faſt immer mit truͤbern Vorſtellungen von Unfruchtbarkeit und
Mangel zuruͤckkehrt!

Obgleich der Garten nur aus einer Ebene beſteht, und nur den einzigen ange-
legten Berg am See hat, ſo iſt doch durch die Mannigfaltigkeit der Anpflanzung und
hie und da durch kleine Erhoͤhungen, beſonders den Huͤgel am Fluß, ihre natuͤrliche
Einfoͤrmigkeit faſt ganz verdraͤngt. Die Baͤche, die ein helles und trinkbares Waſſer
haben, und worinn Fiſche ſpielen, die kleinen Waſſerguͤſſe und ſprudelnden Quellen,
die weißen Bruͤcken, die im guten Geſchmack leicht und anmuthig gebauet ſind, die
Menge von ſchoͤnen Raſen, und die unzaͤhlbaren Geſchlechte von Sangvoͤgeln, fuͤr
welche die ganze Landſchaft einen erwuͤnſchten Aufenthalt anbietet, alles dieſes vereinigt
ſich, die Empfindung von Leben und Bewegung zu verbreiten. Dennoch hat alles
eine ſanfte Laͤndlichkeit und den einnehmenden Reiz der Natur. Nach dem Eingange
iſt die Graͤnze des Gartens nirgends ſichtbar; die Ausſichten laufen in Kornfluren,
Wieſen und Waͤlder hinaus, oder die Gaͤnge verlieren ſich in die anmuthigſten wilden
Spazierwege, die auf manche Stunden weit in den anliegenden Gegenden um-
herfuͤhren.

Mit
III Band. H h
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[241/0252] von Landhaͤuſern. Dieß ſind die vornehmſten Gegenden und Scenen auf dieſem ausgebreiteten Gartenplatz, der, ohne die umherlaufenden Alleen und wilden Spaziergaͤnge, an ſich uͤber drey und funfzig Morgen Landes enthaͤlt, und nicht blos ein Werk des feinen Ge- ſchmacks und der erfindungsreichen Einbildungskraft des Beſitzers, ſondern auch einer muͤhſamen und ſtandhaften Arbeitſamkeit iſt. Denn da, wo jetzt alle dieſe Anlagen reizen, ſah man vorher nichts als Moraͤſte, von Ungeziefer bewohnt; ſelbſt die Erde war den Gewaͤchſen unguͤnſtig, und mußte erſt zur Fruchtbarkeit bereitet werden. Das ganze Werk iſt erſt ſeit drey Jahren mit einem Eifer angefangen, der noͤthig war, um einen ſo gluͤcklichen Erfolg zu beſchleunigen. Und da ſchon die Jugend die- ſes Gartens ſo bluͤhend iſt, ſo kann man mit Zuverſicht nach einigen Jahren weit ſchoͤnere Wirkungen erwarten, wenn alle Anlagen vollendet und die neuen Anpflan- zungen zu ihrer ganzen Ausbildung angewachſen ſind. In der That erſtaunt man, hier nicht blos ein treffliches Werk von ſo wenigen Jahren zu finden, ſondern auch eine ſolche reiche Sammlung von den herrlichſten Waͤldern, Wieſen und Kornfeldern, die man um dieſen Sitz ſich verbreiten ſieht, nachdem man aus den oͤden Sandwuͤſten der luͤneburger Heide hergekommen iſt. Welch ein auffallender Contraſt! dieſer Luſtort, und dagegen die angraͤnzende mei- lenlange Strecke, wo das Auge vergebens nach einer Huͤtte des Menſchen in der Fer- ne umherſucht, wo es faſt immer mit truͤbern Vorſtellungen von Unfruchtbarkeit und Mangel zuruͤckkehrt! Obgleich der Garten nur aus einer Ebene beſteht, und nur den einzigen ange- legten Berg am See hat, ſo iſt doch durch die Mannigfaltigkeit der Anpflanzung und hie und da durch kleine Erhoͤhungen, beſonders den Huͤgel am Fluß, ihre natuͤrliche Einfoͤrmigkeit faſt ganz verdraͤngt. Die Baͤche, die ein helles und trinkbares Waſſer haben, und worinn Fiſche ſpielen, die kleinen Waſſerguͤſſe und ſprudelnden Quellen, die weißen Bruͤcken, die im guten Geſchmack leicht und anmuthig gebauet ſind, die Menge von ſchoͤnen Raſen, und die unzaͤhlbaren Geſchlechte von Sangvoͤgeln, fuͤr welche die ganze Landſchaft einen erwuͤnſchten Aufenthalt anbietet, alles dieſes vereinigt ſich, die Empfindung von Leben und Bewegung zu verbreiten. Dennoch hat alles eine ſanfte Laͤndlichkeit und den einnehmenden Reiz der Natur. Nach dem Eingange iſt die Graͤnze des Gartens nirgends ſichtbar; die Ausſichten laufen in Kornfluren, Wieſen und Waͤlder hinaus, oder die Gaͤnge verlieren ſich in die anmuthigſten wilden Spazierwege, die auf manche Stunden weit in den anliegenden Gegenden um- herfuͤhren. Mit III Band. H h

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/252>, abgerufen am 22.11.2024.