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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Anhang. Beschreibungen
der lange und weite Meerbusen, Isefiörd, der, indem der Blick auf die jenseitigen
Ufer hinreicht, in der Aussicht einen großen glänzenden Kranz von Wasser bildet.
Zur Linken auf der südlichen Seite ruhen Waldungen in der Landschaft; weiter zurück
zeigt sich das Schloß mit den Gebäuden von Jägerspreis und mit den wölbenden Gi-
pfeln der Wälder von Eichen und Buchen, zwischen welchen die hohen Spitzen des
Tannenhains hervorstechen. Nach Osten verbreitet sich der Blick über Wälder, streicht
durch eine eröffnete Durchsicht auf den rothschilder Meerbusen hin, und von da verliert
er sich in die dahin dämmernde Ferne der Landschaft. Auf der nördlichen Seite stre-
cken sich die weiten Flächen der Landgegenden mit einzelnen Häusern, Einzäunungen,
Gebüschen und Bäumen hin. Die Aussicht ist zu reich für eine Beschreibung sowohl,
als für ein Gemälde.

Von diesem Hügel kann man auf verschiedenen Wegen in die stille Dunkelheit
der Wälder kehren. Hier eröffnen sich Scenen, die das Auge reizen, und die Seele
mit einer feyerlichen Ehrfurcht erfüllen. Man glaubt auf einmal in die geheiligten
Haine Griechenlands versetzt zu seyn. Das Innere der Wälder und die freyen Alleen
sind mit schimmernden Monumenten erfüllt, die der Königliche Prinz, dessen ed-
ler Geist hier wirkt, den verdientesten Männern Seines Vaterlandes in nordischem
Marmor von der Erfindung Seines Wiedewelt errichten läßt. Welche neue und
ehrwürdige Scene! Ein Prinz in Norden schafft hier ein Werk, das Griechenland
in den heitersten Zeiten der Vernunft und der Künste nicht auf die Art hatte; denn
Er ehrt alle Gattungen von Verdiensten, nicht blos die Helden und die Sieger, die
vornehmlich in dem Marmor der Griechen wieder auflebten, sondern auch den weisen
Staatsmann, den Erfinder, den Aufklärer der Wissenschaften, den Lehrer des Volks,
den Retter seiner Mitbürger, den Beförderer jeder gemeinnützigen Anstalt, die ohne
Schimmer in sich selbst gehüllt, oft unbemerkt vor dem Auge der Fürsten vorüber-
schwindet, und selbst die, welche durch männliche Tugend in weiblicher Brust den
Ruhm ihres Geschlechts erhöheten. Auch bey allem Eifer Britanniens, seine
Parks zu veredeln, hat es noch keine Unternehmung dieser Art; die einzelnen Tempel
oder Monumente zum Andenken verdienter Britten, die hie und da errichtet sind,
selbst die bekannten elysäischen Felder zu Stowe, sind nicht das, was Jägerspreis
zeigt. Der Kenner findet hier die erste Ausführung eines Werks, das vielleicht kaum
in diesem Geschmack gedacht ward, und das den Gärten einen Adel giebt, den ihnen
das ganze Götterchor, das Ludewig XIV. aus dem mythologischen Himmel herab-
rief, nicht geben konnte.

Allein

Anhang. Beſchreibungen
der lange und weite Meerbuſen, Iſefioͤrd, der, indem der Blick auf die jenſeitigen
Ufer hinreicht, in der Ausſicht einen großen glaͤnzenden Kranz von Waſſer bildet.
Zur Linken auf der ſuͤdlichen Seite ruhen Waldungen in der Landſchaft; weiter zuruͤck
zeigt ſich das Schloß mit den Gebaͤuden von Jaͤgerspreis und mit den woͤlbenden Gi-
pfeln der Waͤlder von Eichen und Buchen, zwiſchen welchen die hohen Spitzen des
Tannenhains hervorſtechen. Nach Oſten verbreitet ſich der Blick uͤber Waͤlder, ſtreicht
durch eine eroͤffnete Durchſicht auf den rothſchilder Meerbuſen hin, und von da verliert
er ſich in die dahin daͤmmernde Ferne der Landſchaft. Auf der noͤrdlichen Seite ſtre-
cken ſich die weiten Flaͤchen der Landgegenden mit einzelnen Haͤuſern, Einzaͤunungen,
Gebuͤſchen und Baͤumen hin. Die Ausſicht iſt zu reich fuͤr eine Beſchreibung ſowohl,
als fuͤr ein Gemaͤlde.

Von dieſem Huͤgel kann man auf verſchiedenen Wegen in die ſtille Dunkelheit
der Waͤlder kehren. Hier eroͤffnen ſich Scenen, die das Auge reizen, und die Seele
mit einer feyerlichen Ehrfurcht erfuͤllen. Man glaubt auf einmal in die geheiligten
Haine Griechenlands verſetzt zu ſeyn. Das Innere der Waͤlder und die freyen Alleen
ſind mit ſchimmernden Monumenten erfuͤllt, die der Koͤnigliche Prinz, deſſen ed-
ler Geiſt hier wirkt, den verdienteſten Maͤnnern Seines Vaterlandes in nordiſchem
Marmor von der Erfindung Seines Wiedewelt errichten laͤßt. Welche neue und
ehrwuͤrdige Scene! Ein Prinz in Norden ſchafft hier ein Werk, das Griechenland
in den heiterſten Zeiten der Vernunft und der Kuͤnſte nicht auf die Art hatte; denn
Er ehrt alle Gattungen von Verdienſten, nicht blos die Helden und die Sieger, die
vornehmlich in dem Marmor der Griechen wieder auflebten, ſondern auch den weiſen
Staatsmann, den Erfinder, den Aufklaͤrer der Wiſſenſchaften, den Lehrer des Volks,
den Retter ſeiner Mitbuͤrger, den Befoͤrderer jeder gemeinnuͤtzigen Anſtalt, die ohne
Schimmer in ſich ſelbſt gehuͤllt, oft unbemerkt vor dem Auge der Fuͤrſten voruͤber-
ſchwindet, und ſelbſt die, welche durch maͤnnliche Tugend in weiblicher Bruſt den
Ruhm ihres Geſchlechts erhoͤheten. Auch bey allem Eifer Britanniens, ſeine
Parks zu veredeln, hat es noch keine Unternehmung dieſer Art; die einzelnen Tempel
oder Monumente zum Andenken verdienter Britten, die hie und da errichtet ſind,
ſelbſt die bekannten elyſaͤiſchen Felder zu Stowe, ſind nicht das, was Jaͤgerspreis
zeigt. Der Kenner findet hier die erſte Ausfuͤhrung eines Werks, das vielleicht kaum
in dieſem Geſchmack gedacht ward, und das den Gaͤrten einen Adel giebt, den ihnen
das ganze Goͤtterchor, das Ludewig XIV. aus dem mythologiſchen Himmel herab-
rief, nicht geben konnte.

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[200/0211] Anhang. Beſchreibungen der lange und weite Meerbuſen, Iſefioͤrd, der, indem der Blick auf die jenſeitigen Ufer hinreicht, in der Ausſicht einen großen glaͤnzenden Kranz von Waſſer bildet. Zur Linken auf der ſuͤdlichen Seite ruhen Waldungen in der Landſchaft; weiter zuruͤck zeigt ſich das Schloß mit den Gebaͤuden von Jaͤgerspreis und mit den woͤlbenden Gi- pfeln der Waͤlder von Eichen und Buchen, zwiſchen welchen die hohen Spitzen des Tannenhains hervorſtechen. Nach Oſten verbreitet ſich der Blick uͤber Waͤlder, ſtreicht durch eine eroͤffnete Durchſicht auf den rothſchilder Meerbuſen hin, und von da verliert er ſich in die dahin daͤmmernde Ferne der Landſchaft. Auf der noͤrdlichen Seite ſtre- cken ſich die weiten Flaͤchen der Landgegenden mit einzelnen Haͤuſern, Einzaͤunungen, Gebuͤſchen und Baͤumen hin. Die Ausſicht iſt zu reich fuͤr eine Beſchreibung ſowohl, als fuͤr ein Gemaͤlde. Von dieſem Huͤgel kann man auf verſchiedenen Wegen in die ſtille Dunkelheit der Waͤlder kehren. Hier eroͤffnen ſich Scenen, die das Auge reizen, und die Seele mit einer feyerlichen Ehrfurcht erfuͤllen. Man glaubt auf einmal in die geheiligten Haine Griechenlands verſetzt zu ſeyn. Das Innere der Waͤlder und die freyen Alleen ſind mit ſchimmernden Monumenten erfuͤllt, die der Koͤnigliche Prinz, deſſen ed- ler Geiſt hier wirkt, den verdienteſten Maͤnnern Seines Vaterlandes in nordiſchem Marmor von der Erfindung Seines Wiedewelt errichten laͤßt. Welche neue und ehrwuͤrdige Scene! Ein Prinz in Norden ſchafft hier ein Werk, das Griechenland in den heiterſten Zeiten der Vernunft und der Kuͤnſte nicht auf die Art hatte; denn Er ehrt alle Gattungen von Verdienſten, nicht blos die Helden und die Sieger, die vornehmlich in dem Marmor der Griechen wieder auflebten, ſondern auch den weiſen Staatsmann, den Erfinder, den Aufklaͤrer der Wiſſenſchaften, den Lehrer des Volks, den Retter ſeiner Mitbuͤrger, den Befoͤrderer jeder gemeinnuͤtzigen Anſtalt, die ohne Schimmer in ſich ſelbſt gehuͤllt, oft unbemerkt vor dem Auge der Fuͤrſten voruͤber- ſchwindet, und ſelbſt die, welche durch maͤnnliche Tugend in weiblicher Bruſt den Ruhm ihres Geſchlechts erhoͤheten. Auch bey allem Eifer Britanniens, ſeine Parks zu veredeln, hat es noch keine Unternehmung dieſer Art; die einzelnen Tempel oder Monumente zum Andenken verdienter Britten, die hie und da errichtet ſind, ſelbſt die bekannten elyſaͤiſchen Felder zu Stowe, ſind nicht das, was Jaͤgerspreis zeigt. Der Kenner findet hier die erſte Ausfuͤhrung eines Werks, das vielleicht kaum in dieſem Geſchmack gedacht ward, und das den Gaͤrten einen Adel giebt, den ihnen das ganze Goͤtterchor, das Ludewig XIV. aus dem mythologiſchen Himmel herab- rief, nicht geben konnte. Allein

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/211>, abgerufen am 23.11.2024.