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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Brücken und Thoren.
Durch Bauart und Form können Brücken, die Gegenstände der Nothwendigkeit sind,
zugleich Gegenstände der Schönheit oder der Verzierung werden. Sie vermehren die
Abwechselung und helfen gute Prospecte bilden. Sie geben schon eine gewisse Anmuth
und Lebhaftigkeit, wenn sie frey liegen; allein sie gewinnen eine schönere Wirkung,
wenn sie halb verdeckt neben einem Gebüsche oder in einem waldigten Grunde erscheinen,
oder wenn sie höher angelegt sich gegen die Seite eines Hügels oder eines dunkeln Wal-
des zeigen, oder zwischen den Stämmen luftiger Gruppen durchschimmern. Die Be-
wegung des Wassers, das man unter ihnen fortspielen sieht, scheint ihnen eine Art
von Beweglichkeit mitzutheilen.

In sehr anmuthigen Revieren, wo man gerne verweilt, können Brücken, die
zunächst nur zum Uebergange bestimmt sind, zugleich zu Ruhesitzen eingerichtet werden.
Eine kleine Bank, auf welcher man sich niederlassen und die Scene genießen kann,
giebt einer Brücke in dieser Lage oft einen Werth, der sie uns wichtiger macht, als sie
nach ihrer ursprünglichen Bestimmung ist. Man betrachtet mit einer sanften Beha-
gung bald die Bewegung, die Eile, den kleinen Ungestüm des sich fortdrängenden
Wassers, bald die Spiele der durchschlüpfenden Forelle, bald die umliegenden Gebüsche,
ihre Schatten und ihre Wiederscheine im Bache, bald die nahen Haine oder Hügel,
die sich auf den Seiten emporheben; man hört den Gesang der Waldvögel in das Ge-
murmel des Wassers fallen; man genießt eine liebliche Kühlung und den Duft der Kräu-
ter; und oft vereinigen sich hundert kleine Umstände, um in einem solchen Revier die
Seele mit den süßesten Empfindungen, die sie da nicht erwartete, zu überraschen.

[Abbildung]

III. Tho-

Bruͤcken und Thoren.
Durch Bauart und Form koͤnnen Bruͤcken, die Gegenſtaͤnde der Nothwendigkeit ſind,
zugleich Gegenſtaͤnde der Schoͤnheit oder der Verzierung werden. Sie vermehren die
Abwechſelung und helfen gute Proſpecte bilden. Sie geben ſchon eine gewiſſe Anmuth
und Lebhaftigkeit, wenn ſie frey liegen; allein ſie gewinnen eine ſchoͤnere Wirkung,
wenn ſie halb verdeckt neben einem Gebuͤſche oder in einem waldigten Grunde erſcheinen,
oder wenn ſie hoͤher angelegt ſich gegen die Seite eines Huͤgels oder eines dunkeln Wal-
des zeigen, oder zwiſchen den Staͤmmen luftiger Gruppen durchſchimmern. Die Be-
wegung des Waſſers, das man unter ihnen fortſpielen ſieht, ſcheint ihnen eine Art
von Beweglichkeit mitzutheilen.

In ſehr anmuthigen Revieren, wo man gerne verweilt, koͤnnen Bruͤcken, die
zunaͤchſt nur zum Uebergange beſtimmt ſind, zugleich zu Ruheſitzen eingerichtet werden.
Eine kleine Bank, auf welcher man ſich niederlaſſen und die Scene genießen kann,
giebt einer Bruͤcke in dieſer Lage oft einen Werth, der ſie uns wichtiger macht, als ſie
nach ihrer urſpruͤnglichen Beſtimmung iſt. Man betrachtet mit einer ſanften Beha-
gung bald die Bewegung, die Eile, den kleinen Ungeſtuͤm des ſich fortdraͤngenden
Waſſers, bald die Spiele der durchſchluͤpfenden Forelle, bald die umliegenden Gebuͤſche,
ihre Schatten und ihre Wiederſcheine im Bache, bald die nahen Haine oder Huͤgel,
die ſich auf den Seiten emporheben; man hoͤrt den Geſang der Waldvoͤgel in das Ge-
murmel des Waſſers fallen; man genießt eine liebliche Kuͤhlung und den Duft der Kraͤu-
ter; und oft vereinigen ſich hundert kleine Umſtaͤnde, um in einem ſolchen Revier die
Seele mit den ſuͤßeſten Empfindungen, die ſie da nicht erwartete, zu uͤberraſchen.

[Abbildung]

III. Tho-
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[123/0127] Bruͤcken und Thoren. Durch Bauart und Form koͤnnen Bruͤcken, die Gegenſtaͤnde der Nothwendigkeit ſind, zugleich Gegenſtaͤnde der Schoͤnheit oder der Verzierung werden. Sie vermehren die Abwechſelung und helfen gute Proſpecte bilden. Sie geben ſchon eine gewiſſe Anmuth und Lebhaftigkeit, wenn ſie frey liegen; allein ſie gewinnen eine ſchoͤnere Wirkung, wenn ſie halb verdeckt neben einem Gebuͤſche oder in einem waldigten Grunde erſcheinen, oder wenn ſie hoͤher angelegt ſich gegen die Seite eines Huͤgels oder eines dunkeln Wal- des zeigen, oder zwiſchen den Staͤmmen luftiger Gruppen durchſchimmern. Die Be- wegung des Waſſers, das man unter ihnen fortſpielen ſieht, ſcheint ihnen eine Art von Beweglichkeit mitzutheilen. In ſehr anmuthigen Revieren, wo man gerne verweilt, koͤnnen Bruͤcken, die zunaͤchſt nur zum Uebergange beſtimmt ſind, zugleich zu Ruheſitzen eingerichtet werden. Eine kleine Bank, auf welcher man ſich niederlaſſen und die Scene genießen kann, giebt einer Bruͤcke in dieſer Lage oft einen Werth, der ſie uns wichtiger macht, als ſie nach ihrer urſpruͤnglichen Beſtimmung iſt. Man betrachtet mit einer ſanften Beha- gung bald die Bewegung, die Eile, den kleinen Ungeſtuͤm des ſich fortdraͤngenden Waſſers, bald die Spiele der durchſchluͤpfenden Forelle, bald die umliegenden Gebuͤſche, ihre Schatten und ihre Wiederſcheine im Bache, bald die nahen Haine oder Huͤgel, die ſich auf den Seiten emporheben; man hoͤrt den Geſang der Waldvoͤgel in das Ge- murmel des Waſſers fallen; man genießt eine liebliche Kuͤhlung und den Duft der Kraͤu- ter; und oft vereinigen ſich hundert kleine Umſtaͤnde, um in einem ſolchen Revier die Seele mit den ſuͤßeſten Empfindungen, die ſie da nicht erwartete, zu uͤberraſchen. [Abbildung] III. Tho-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/127>, abgerufen am 24.11.2024.