Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Zweyter Abschnitt. kungen und Regeln gegeben, die hier eine Anführung verdienen, weil sie schon allesWahre enthalten, was über diese Sache gesagt werden kann. "Gruppen sind entweder von dem Ganzen unabhängig, oder haben damit nicht
Zweyter Abſchnitt. kungen und Regeln gegeben, die hier eine Anfuͤhrung verdienen, weil ſie ſchon allesWahre enthalten, was uͤber dieſe Sache geſagt werden kann. „Gruppen ſind entweder von dem Ganzen unabhaͤngig, oder haben damit nicht
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Zweyter Abſchnitt.
kungen und Regeln gegeben, die hier eine Anfuͤhrung verdienen, weil ſie ſchon alles
Wahre enthalten, was uͤber dieſe Sache geſagt werden kann.
„Gruppen ſind entweder von dem Ganzen unabhaͤngig, oder haben damit
ein gewiſſes Verhaͤltniß. Sind ſie unabhaͤngig, ſo muß man ſie als einzelne
Gegenſtaͤnde betrachten, und blos auf ihre Schoͤnheit fehen; ſind ſie es aber
nicht, ſo muß die Schoͤnheit einzelner Stuͤcke der Schoͤnheit des Ganzen auf-
geopfert werden, die von weit groͤßerer Wirkung iſt.
Der kleinſte Klump beſteht aus zween Baͤumen; und die beſte Wirkung,
die ſie haben koͤnnen, iſt dieſe, wenn ſie ihre Gipfel vereinigen, ſo daß ſie nur
ein großer Baum zu ſeyn ſcheinen. Daher koͤnnen zween Baͤume von verſchie-
dener Gattung, oder ſieben bis acht andere von ſolchen Figuren, die ſich nicht
leicht verbinden laſſen, ſehr ſchwer eine ſchoͤne Gruppe ausmachen. Solche
Klumpen von Tannen ſind, obgleich ſehr gewoͤhnlich, dennoch ſelten einneh-
mend; ſie machen kein Ganzes aus, und ſind nur eine unordentliche Menge
von Spitzen. Unterdeſſen wird die Unordnung vermieden, wenn man ſie nach
der Reihe und nicht in Haufen ſetzt; folglich iſt ein Klump von dieſen Baͤu-
men weit angenehmer, wenn er ſich in die Laͤnge, als wenn er ſich in die Breite
ausdehnt.
Drey Baͤume muͤſſen zuſammen entweder eine gerade Linie, oder ein Drey-
eck ausmachen. Um das Regelmaͤßige zu verbergen, muͤſſen die Abſtaͤnde
ſehr verſchieden ſeyn. Der Unterſchied ihrer Figuren traͤgt auch etwas zu eben
demſelben Endzweck bey, und noch weit mehr die Verſchiedenheit ihres Wuch-
ſes. Wenn eine gerade Linie aus zween, beynahe gleich großen Baͤumen,
und aus einem dritten beſteht, der noch viel niedriger iſt, als jene: ſo iſt das
Regelmaͤßige der Richtung, in welcher ſie ſtehen, kaum zu bemerken.
Wenn niedrigſtaͤmmige Baͤume an den aͤußerſten Enden die genaueſte Re-
gelmaͤßigkeit mindern koͤnnen, ſo empfiehlt ſich eben dadurch ihr Gebrauch.
Und hierin beſteht auch vorzuͤglich die den Klumpen eigene Abwechſelung. Ein
jeder Anſchein der Kunſt; der ſich an den Gegenſtaͤnden der Natur aͤußert, er-
weckt Ekel. Baumklumpen aber ſind ſolche in die Augen fallende Gegenſtaͤn-
de, die dem Verdachte, als ob ſie mit Fleiß ſo eingerichtet oder gepflanzt waͤ-
ren, damit ſie ſich auf dieſe Weiſe unterſcheiden moͤchten, ſo ſehr unterworfen
ſind, daß ſie, um die Aufmerkſamkeit von dieſen Merkmalen der Kunſt ab-
zuziehen, eine unregelmaͤßige Zuſammenſetzung weit noͤthiger haben, als ein
Wald und ein Hain. Da ſie einen weit kleinern Umfang haben, ſo kann auch
nicht
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