Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang.
dadurch noch höher scheinenden Ufer wird man die Augen an deren majestätischem
Anblick weiden. Wird dieser See nun vollends erst mit einer Menge von allerley
Arten Wasservögeln, mit Kähnen und Lustfahrzeugen besetzt seyn, und die Ma-
sten und Wimpel sich mit den Bäumen vermischen, wie belebt wird alsdenn die
ganze Scene werden, und was für Reiz dieses große Wasserbehältniß er-
halten!

Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittagsseite, so wässert er einen
Theil der zur Pachterey gehörigen Ländereyen. Diese Scene, welche von ganz
andrer Art. als die von der Meyerey ist, hat man mit Fleiß am Ende des Parks
an dem schicklichsten Orte für sie angebracht; und da sie mit ihm verbunden ist,
so wird sie eine neue Abwechselung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die
Gebäude und die Zubehörungen werden Gemälde von andrer Art, die aber zum
Ganzen nicht unschicklich sind, darstellen. Die Beschäftigungen des Landbaues,
das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden diesem Theil ein Leben verschaf-
fen; und der Herr von Guiscard wird zuweilen auf die so nützlichen Arbeiten des
Landmannes einen Blick werfen, und diese Verbindung des Angenehmen mit dem
Nützlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnügens und der Zerstreuung anbie-
ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. *)

Ich
*) [Spaltenumbruch] Die Reizungen der Natur, die Ab-
wechselungen in den Gemälden, die an-
genehmen Aussichten, die anlockenden
Spaziergänge, die Gesundheit, mit einem
Worte, was einen nach der Natur ange-
legten Garten interessant macht, alle die-
se Vortheile sind nicht die einzigen, wel-
che er verschaffet: es kommt noch einer
dazu, der sie angenehmer macht, als man
sich vielleicht einbildet, und das ist ihre
Nutzung. Es giebt wenig Partien in
dem Garten zu Guiscard, die nicht eine
Einnahme gewähren. Der große Rasen-
platz giebt eine sehr gute Wiese ab; alle
Theile des Waldes sind in regelmäßige
Schläge eingetheilt; die Wasser sind fisch-
[Spaltenumbruch] reich. Im Walde liegen große Weiden
für das Rindvieh, welche Zöglinge lie-
fern, die zugleich das Amt der Gärtner
bey den Rasenplätzen verrichten, und sol-
che durch das Abweiden in gutem Stande
erhalten. Ueberdies hat man nicht nö-
thig, viele Kosten auf die Unterhaltung die-
ses Parks zu wenden: man braucht weder
auszuputzen, noch zu scheeren, noch zu har-
ken. Alle Blumen, die eine tägliche War-
tung erfordern, sind daraus verbannt:
es giebt hier keine erzwungne Wasserkün-
ste, keine Mauern zu Einfassungen der
Terrassen und des Gartens; alle Gänge und
Fußsteige sind fest und dauerhaft ange-
legt.

Anhang.
dadurch noch hoͤher ſcheinenden Ufer wird man die Augen an deren majeſtaͤtiſchem
Anblick weiden. Wird dieſer See nun vollends erſt mit einer Menge von allerley
Arten Waſſervoͤgeln, mit Kaͤhnen und Luſtfahrzeugen beſetzt ſeyn, und die Ma-
ſten und Wimpel ſich mit den Baͤumen vermiſchen, wie belebt wird alsdenn die
ganze Scene werden, und was fuͤr Reiz dieſes große Waſſerbehaͤltniß er-
halten!

Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittagsſeite, ſo waͤſſert er einen
Theil der zur Pachterey gehoͤrigen Laͤndereyen. Dieſe Scene, welche von ganz
andrer Art. als die von der Meyerey iſt, hat man mit Fleiß am Ende des Parks
an dem ſchicklichſten Orte fuͤr ſie angebracht; und da ſie mit ihm verbunden iſt,
ſo wird ſie eine neue Abwechſelung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die
Gebaͤude und die Zubehoͤrungen werden Gemaͤlde von andrer Art, die aber zum
Ganzen nicht unſchicklich ſind, darſtellen. Die Beſchaͤftigungen des Landbaues,
das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden dieſem Theil ein Leben verſchaf-
fen; und der Herr von Guiſcard wird zuweilen auf die ſo nuͤtzlichen Arbeiten des
Landmannes einen Blick werfen, und dieſe Verbindung des Angenehmen mit dem
Nuͤtzlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnuͤgens und der Zerſtreuung anbie-
ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. *)

Ich
*) [Spaltenumbruch] Die Reizungen der Natur, die Ab-
wechſelungen in den Gemaͤlden, die an-
genehmen Ausſichten, die anlockenden
Spaziergaͤnge, die Geſundheit, mit einem
Worte, was einen nach der Natur ange-
legten Garten intereſſant macht, alle die-
ſe Vortheile ſind nicht die einzigen, wel-
che er verſchaffet: es kommt noch einer
dazu, der ſie angenehmer macht, als man
ſich vielleicht einbildet, und das iſt ihre
Nutzung. Es giebt wenig Partien in
dem Garten zu Guiſcard, die nicht eine
Einnahme gewaͤhren. Der große Raſen-
platz giebt eine ſehr gute Wieſe ab; alle
Theile des Waldes ſind in regelmaͤßige
Schlaͤge eingetheilt; die Waſſer ſind fiſch-
[Spaltenumbruch] reich. Im Walde liegen große Weiden
fuͤr das Rindvieh, welche Zoͤglinge lie-
fern, die zugleich das Amt der Gaͤrtner
bey den Raſenplaͤtzen verrichten, und ſol-
che durch das Abweiden in gutem Stande
erhalten. Ueberdies hat man nicht noͤ-
thig, viele Koſten auf die Unterhaltung die-
ſes Parks zu wenden: man braucht weder
auszuputzen, noch zu ſcheeren, noch zu har-
ken. Alle Blumen, die eine taͤgliche War-
tung erfordern, ſind daraus verbannt:
es giebt hier keine erzwungne Waſſerkuͤn-
ſte, keine Mauern zu Einfaſſungen der
Terraſſen und des Gartens; alle Gaͤnge und
Fußſteige ſind feſt und dauerhaft ange-
legt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0200" n="196"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi></fw><lb/>
dadurch noch ho&#x0364;her &#x017F;cheinenden Ufer wird man die Augen an deren maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;chem<lb/>
Anblick weiden. Wird die&#x017F;er See nun vollends er&#x017F;t mit einer Menge von allerley<lb/>
Arten Wa&#x017F;&#x017F;ervo&#x0364;geln, mit Ka&#x0364;hnen und Lu&#x017F;tfahrzeugen be&#x017F;etzt &#x017F;eyn, und die Ma-<lb/>
&#x017F;ten und Wimpel &#x017F;ich mit den Ba&#x0364;umen vermi&#x017F;chen, wie belebt wird alsdenn die<lb/>
ganze Scene werden, und was fu&#x0364;r Reiz die&#x017F;es große Wa&#x017F;&#x017F;erbeha&#x0364;ltniß er-<lb/>
halten!</p><lb/>
        <p>Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittags&#x017F;eite, &#x017F;o wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert er einen<lb/>
Theil der zur Pachterey geho&#x0364;rigen La&#x0364;ndereyen. Die&#x017F;e Scene, welche von ganz<lb/>
andrer Art. als die von der Meyerey i&#x017F;t, hat man mit Fleiß am Ende des Parks<lb/>
an dem &#x017F;chicklich&#x017F;ten Orte fu&#x0364;r &#x017F;ie angebracht; und da &#x017F;ie mit ihm verbunden i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o wird &#x017F;ie eine neue Abwech&#x017F;elung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die<lb/>
Geba&#x0364;ude und die Zubeho&#x0364;rungen werden Gema&#x0364;lde von andrer Art, die aber zum<lb/>
Ganzen nicht un&#x017F;chicklich &#x017F;ind, dar&#x017F;tellen. Die Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen des Landbaues,<lb/>
das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden die&#x017F;em Theil ein Leben ver&#x017F;chaf-<lb/>
fen; und der Herr von <hi rendition="#fr">Gui&#x017F;card</hi> wird zuweilen auf die &#x017F;o nu&#x0364;tzlichen Arbeiten des<lb/>
Landmannes einen Blick werfen, und die&#x017F;e Verbindung des Angenehmen mit dem<lb/>
Nu&#x0364;tzlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnu&#x0364;gens und der Zer&#x017F;treuung anbie-<lb/>
ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. <note place="foot" n="*)"><cb/>
Die Reizungen der Natur, die Ab-<lb/>
wech&#x017F;elungen in den Gema&#x0364;lden, die an-<lb/>
genehmen Aus&#x017F;ichten, die anlockenden<lb/>
Spazierga&#x0364;nge, die Ge&#x017F;undheit, mit einem<lb/>
Worte, was einen nach der Natur ange-<lb/>
legten Garten intere&#x017F;&#x017F;ant macht, alle die-<lb/>
&#x017F;e Vortheile &#x017F;ind nicht die einzigen, wel-<lb/>
che er ver&#x017F;chaffet: es kommt noch einer<lb/>
dazu, der &#x017F;ie angenehmer macht, als man<lb/>
&#x017F;ich vielleicht einbildet, und das i&#x017F;t ihre<lb/>
Nutzung. Es giebt wenig Partien in<lb/>
dem Garten zu <hi rendition="#fr">Gui&#x017F;card</hi>, die nicht eine<lb/>
Einnahme gewa&#x0364;hren. Der große Ra&#x017F;en-<lb/>
platz giebt eine &#x017F;ehr gute Wie&#x017F;e ab; alle<lb/>
Theile des Waldes &#x017F;ind in regelma&#x0364;ßige<lb/>
Schla&#x0364;ge eingetheilt; die Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind fi&#x017F;ch-<lb/><cb/>
reich. Im Walde liegen große Weiden<lb/>
fu&#x0364;r das Rindvieh, welche Zo&#x0364;glinge lie-<lb/>
fern, die zugleich das Amt der Ga&#x0364;rtner<lb/>
bey den Ra&#x017F;enpla&#x0364;tzen verrichten, und &#x017F;ol-<lb/>
che durch das Abweiden in gutem Stande<lb/>
erhalten. Ueberdies hat man nicht no&#x0364;-<lb/>
thig, viele Ko&#x017F;ten auf die Unterhaltung die-<lb/>
&#x017F;es Parks zu wenden: man braucht weder<lb/>
auszuputzen, noch zu &#x017F;cheeren, noch zu har-<lb/>
ken. Alle Blumen, die eine ta&#x0364;gliche War-<lb/>
tung erfordern, &#x017F;ind daraus verbannt:<lb/>
es giebt hier keine erzwungne Wa&#x017F;&#x017F;erku&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;te, keine Mauern zu Einfa&#x017F;&#x017F;ungen der<lb/>
Terra&#x017F;&#x017F;en und des Gartens; alle Ga&#x0364;nge und<lb/>
Fuß&#x017F;teige &#x017F;ind fe&#x017F;t und dauerhaft ange-<lb/>
legt.</note></p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0200] Anhang. dadurch noch hoͤher ſcheinenden Ufer wird man die Augen an deren majeſtaͤtiſchem Anblick weiden. Wird dieſer See nun vollends erſt mit einer Menge von allerley Arten Waſſervoͤgeln, mit Kaͤhnen und Luſtfahrzeugen beſetzt ſeyn, und die Ma- ſten und Wimpel ſich mit den Baͤumen vermiſchen, wie belebt wird alsdenn die ganze Scene werden, und was fuͤr Reiz dieſes große Waſſerbehaͤltniß er- halten! Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittagsſeite, ſo waͤſſert er einen Theil der zur Pachterey gehoͤrigen Laͤndereyen. Dieſe Scene, welche von ganz andrer Art. als die von der Meyerey iſt, hat man mit Fleiß am Ende des Parks an dem ſchicklichſten Orte fuͤr ſie angebracht; und da ſie mit ihm verbunden iſt, ſo wird ſie eine neue Abwechſelung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die Gebaͤude und die Zubehoͤrungen werden Gemaͤlde von andrer Art, die aber zum Ganzen nicht unſchicklich ſind, darſtellen. Die Beſchaͤftigungen des Landbaues, das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden dieſem Theil ein Leben verſchaf- fen; und der Herr von Guiſcard wird zuweilen auf die ſo nuͤtzlichen Arbeiten des Landmannes einen Blick werfen, und dieſe Verbindung des Angenehmen mit dem Nuͤtzlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnuͤgens und der Zerſtreuung anbie- ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. *) Ich *) Die Reizungen der Natur, die Ab- wechſelungen in den Gemaͤlden, die an- genehmen Ausſichten, die anlockenden Spaziergaͤnge, die Geſundheit, mit einem Worte, was einen nach der Natur ange- legten Garten intereſſant macht, alle die- ſe Vortheile ſind nicht die einzigen, wel- che er verſchaffet: es kommt noch einer dazu, der ſie angenehmer macht, als man ſich vielleicht einbildet, und das iſt ihre Nutzung. Es giebt wenig Partien in dem Garten zu Guiſcard, die nicht eine Einnahme gewaͤhren. Der große Raſen- platz giebt eine ſehr gute Wieſe ab; alle Theile des Waldes ſind in regelmaͤßige Schlaͤge eingetheilt; die Waſſer ſind fiſch- reich. Im Walde liegen große Weiden fuͤr das Rindvieh, welche Zoͤglinge lie- fern, die zugleich das Amt der Gaͤrtner bey den Raſenplaͤtzen verrichten, und ſol- che durch das Abweiden in gutem Stande erhalten. Ueberdies hat man nicht noͤ- thig, viele Koſten auf die Unterhaltung die- ſes Parks zu wenden: man braucht weder auszuputzen, noch zu ſcheeren, noch zu har- ken. Alle Blumen, die eine taͤgliche War- tung erfordern, ſind daraus verbannt: es giebt hier keine erzwungne Waſſerkuͤn- ſte, keine Mauern zu Einfaſſungen der Terraſſen und des Gartens; alle Gaͤnge und Fußſteige ſind feſt und dauerhaft ange- legt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/200
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/200>, abgerufen am 05.12.2024.